Gesundheitspolitik

Ein Imperium zerbricht

Peter Ditzel

Noch vor einem halben Jahr konnte sich kaum jemand vorstellen, dass der milliardenschwere Familienkonzern des schwäbischen Rechtsanwalts Adolf Merckle wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt. Aufgestellt aus Pillen und Pistenbullis, Zement und Pharmahandel, Maschinenbau und Antriebstechnik, Wald und Grundbesitz, verbunden und verwoben durch ein selbst für Insider nur schwer durchschaubares Geflecht von Beteiligungen, Vermögensverwaltungen und Holdings war es im Lauf der Zeit zu einem Gemischtwarenladen erster Güte herangewachsen. Über 100.000 Beschäftigte erwirtschafteten einen Umsatz von 34 Milliarden Euro. Alle Fäden der Unternehmen und Beteiligungen liefen bei einer Person zusammen: Adolf Merckle.

Nun droht das Firmenkonglomerat zu zerbrechen – die Ursache kann man auf eine fatale Kettenreaktion zurückführen: Immobilienblase in den USA, Bankenpleiten, Auswirkungen auf Deutschland, Finanzkrise, Verluste und finanzielle Schieflagen bei einigen Merckle-Firmen, steigender Fremdeinfluss von Banken, Selbstmord von Merckle. Jetzt spricht die Wirtschaftspresse von Sanierung und Zerschlagung. Die Familienmitglieder haben sich bereits aus aktiven Rollen im Imperium weitgehend verabschiedet, werden von den Banken verdrängt oder wollten nicht mitspielen. Ein solches Imperium lässt sich ohne den Initiator Adolf Merckle in dieser Form nicht weiterführen. Einen anderen Chef im Unternehmen gab es nicht …

Auswirkungen der Sanierung werden auch zu Veränderungen im deutschen Pharmamarkt führen. Der Generikahersteller Ratiopharm steht zum Verkauf. Dies könnte auch Auswirkungen auf die zum Konglomerat gehörende Schweizer Mepha-Gruppe haben, für die Ratiopharm produziert. Als mögliche Interessenten werden u. a. Teva, Sanofi-Aventis, GSK und Daiichi Sankyo gehandelt. Noch vollkommen ungewiss ist das Schicksal von Deutschlands größtem Pharmagroßhandel Phoenix mit einem Umsatz von über 21 Milliarden Euro. Wer sollte ein solches Unternehmen kaufen können? Wäre dies eine Gelegenheit für ausländische Großhändler, in den deutschen Pharmahandelsmarkt einzusteigen? Deutsche Unternehmen stießen sehr schnell an kartellrechtliche Hürden. Denkbar wäre da schon eher eine Zerschlagung der Phoenix AG, die seinerzeit u. a. aus den Aktiengesellschaften Hageda, Reichelt und Stumpf entstanden ist. Der Großhandelsmarkt würde neu gemischt. Wie schnell sich die Pharmalandschaft verändern könnte …


Peter Ditzel

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