Ernährung aktuell

Avocado – nicht nur als Guacamole ein Genuss

Ein wichtiger Aspekt der Ernährungswissenschaft ist die Lebensmittelkunde. Ihr wollen wir in diesem Jahr besondere Aufmerksamkeit widmen und uns ein wenig genauer anschauen, was so täglich alles auf unseren Tisch kommt. Als erste große Lebensmittelgruppe nehmen wir das Obst unter die Lupe. Jeden Monat werden wir Ihnen eine neue Obstsorte vorstellen. Den Anfang macht die Avocado.

Vor 30 Jahren noch ein Luxusartikel, ist die Avocado heute aus vielen Speisen und kosmetischen Produkten nicht mehr wegzudenken. Eigentlich erinnert sie geschmacklich eher an Gemüse und wird auch eher selten pur gegessen. Sie gehört jedoch zum Obst. Mit ihrem beachtlichen Fettgehalt gilt die dunkelgrüne Frucht nicht gerade als Schlankmacher, doch sorgen zahlreich enthaltene ungesättigte Fettsäuren für einen hohen gesundheitlichen Wert. Ihre pflegenden Öle lassen trockene Winterhaut wieder erstrahlen und kombiniert mit herzhaften und süßen Aromen ist die Avocado ein wahres Multitalent.

Ein wenig Avocado-Geschichte

Erstmals schriftlich im 15. Jahrhundert erwähnt, hat der Avocadobaum (Persea americana Mill., Syn. P. gratissima) seinen Ursprung in Südmexiko. Schon die Azteken kultivierten das bis zu 15 Meter hohe immergrüne Lorbeergewächs und nutzten seinen Samen für medizinische Zwecke oder als Aphrodisiakum. Heute existieren etwa 400 Sorten weltweit, wobei in deutschen Obstregalen vorrangig die birnenförmige mittelgrüne Fuerte zu finden ist. Amerikaner und Franzosen bevorzugen dagegen die Sorte Hass, klein, rundlich und von einer dunkelbraunen Schale umgeben. Die wirtschaftlich bedeutendsten Pflanzungen liegen in Mittel- und Südamerika, Kalifornien, Israel, Südafrika und Südspanien. Etwa ein Drittel der Avocadoernte wird jedoch nicht in den Produktionsländern verbraucht, sondern für den Export bereitgestellt.

Raue Schale, weicher Kern

Je nach Art kann die grüne bis fast schwarze äußere Hülle einer Avocado dünn und glatt oder dick und warzig gestaltet sein, was ihr auch den Namen Alligatorfrucht eingebracht hat. Unter der ungenießbaren Schale verbirgt sich das hellgelbe bis lichtgrüne Fruchtfleisch mit einer sahnigen, butterähnlichen Konsistenz bei voller Reife. Daher rühren auch die in Deutschland bekannten Bezeichnungen Butterbirne oder Butterfrucht. Wird das Fruchtfleisch der Luft ausgesetzt, oxidiert es zu dunkler Farbe. In Inneren der Avocado ist ein ungewöhnlich großer Kern eingebettet, der eine Steinfrucht vermuten lassen würde. Botanisch gesehen ist sie jedoch eine Beere.

Avocados kommen meist steinhart in den Handel und reifen als klimakterische Früchte erst nach dem Pflücken richtig aus. Sie können gegessen werden, wenn das Fruchtfleisch weich ist und die Schale auf sanften Druck leicht nachgibt. Ab dann sind die Früchte jedoch nur noch begrenzt haltbar.

Gesundes Hüftengold

Zugegeben, 221 kcal pro 100 g essbarem Anteil lassen die Avocado als wahre Kalorienbombe erscheinen, wobei ihr üppiger Fettgehalt (23,5 g) den hohen Energiewert zu verantworten hat (s. Tab. 1).


Tab. 1: Ausgewählte Inhaltsstoffe der Avocado (pro 100 g essbarem Anteil)
Energiewert
221 kcal/ 909 kJ
Wasser
66,5 g
Eiweiß
1,9 g
Kohlenhydrate
0,4 g
Fett
23, 5 g
Kalium
485 mg
Eisen
495 µg
Zink
625 µg
Vitamin E
1300 µg
Nicotinamid
1100 µg
Pantothensäure
1100 µg
Palmitinsäure
1790 mg
Ölsäure
15,1 g
Linolsäure
1660 mg
Linolensäure
165 mg


Quelle: "Lebensmitteltabelle für die Praxis", Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, WVG Stuttgart, 3. Auflage


Doch die Fettbilanz der Frucht ist dafür besonders günstig – rund 79% der enthaltenen Fettsäuren sind ein- oder mehrfach ungesättigt. Mengenmäßig angeführt wird die Riege der gesunden Fette von der einfach ungesättigten Ölsäure. Als Omega-9-Fettsäure senkt sie das Gesamt- und LDL-Cholesterin, ohne den HDL- und Triglyceridspiegel negativ zu beeinflussen. Dies wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus, was erklären könnte, warum die Bewohner von Mittelmeerländern trotz ihrer fettreichen Speisen seltener an koronaren Krankheiten leiden. Das dort häufig verwendete Olivenöl enthält bis zu 75% Ölsäure. Ähnlich wirksam ist die in der Avocado enthaltene Linolsäure. Zweifach ungesättigt und vom Omega-6-Typ hemmt sie die Cholesterinsynthese und senkt somit den LDL-Spiegel. Allerdings fällt in diesem Zusammenhang auch der HDL-Anteil im Blut leicht ab.

Etwas für Herz ...

Eine besondere Bedeutung im Hinblick auf den Lipidstoffwechsel wird der in der Avocado enthaltenen dreifach ungesättigten Linolensäure zugesprochen. Die Omega-3-Fettsäure ist auch reichlich in Seefisch, Walnuss- und Leinöl vorhanden und lebenswichtig für Gehirnfunktion und Immunabwehr. Sie kann Entzündungsreaktionen einschränken und das Zusammenlagern von Blutplättchen hemmen, was wiederum die Gefahr verstopfter Gefäße verringert. Studien belegen, dass der Verzehr linolensäurehaltiger Speisen das Herzinfarktrisiko deutlich senkt. Wer keinen Fisch mag oder sich vegan ernährt, kann die Avocado als Quelle dieser bedeutsamen Fettsäuren nutzen. Unterstützt wird deren kardioprotektive Wirkung durch den hohen Gehalt antioxidativer Substanzen in der Frucht. In Kombination mit viel Vitamin E, Nicotinamid und Pantothensäure können freie Radikale effektiv abgefangen und Gefäße frei von Ablagerungen gehalten werden.

... und Gaumen

Was die Avocado als kulinarische Köstlichkeit so beliebt macht, ist ihr leicht nussartiger Geschmack in Verbindung mit der butterweichen, cremigen Konsistenz. Die halbierten und entsteinten Früchte lassen sich gut füllen, zum Beispiel mit Huhn, Meeresfrüchten, Schinken oder Anchovis. Außerdem harmonieren Avocados mit Guave, Zitrusfrüchten, Käse, frischem Koriander, bitteren Blattsalaten, roter Paprika, Karambole und Kapstachelbeeren. Suppen und gebackene Speisen werden durch ganz leicht gegarte Avocados sämiger und gehaltvoller. Allerdings sollte die Frucht erst gegen Ende der Kochzeit zugegeben werden, sonst wird es bitter, denn große Hitze bekommt weder ihrem Aussehen noch Aroma. Aufgrund der nussigen Note lässt sich eine Avocadocreme hervorragend mit fruchtig süßen Aromen kombinieren, so z. B. Orangen oder Zwetschgen.

Bekannt geworden ist die Frucht in erster Linie durch Guacamole, die mexikanische Avocadocreme. Das mit Salz und Pfeffer gewürzte und durch Zugabe von Tomaten, Chilis, Salatgurken, Zwiebeln, Knoblauch oder Joghurt verfeinerte Mus eignet sich hervorragend zum Dippen, als Brotaufstrich oder zur Füllung von Tortillas. Aufgeschnittene und auch pürierte Früchte tendieren sehr schnell zum braun werden. Kleiner Trick: Gibt man den Kern wieder in die Masse zurück, können darin enthaltene Enzyme den Oxidationsprozess aufhalten und eine unschöne Färbung verhindern. Auch Zitronensaft, Limettensaft oder weißer Balsamicoessig haben den gleichen Effekt und sorgen zusätzlich für eine spezielle Würze. International werden Avocados auf vielfältige Weise zubereitet, häufig in Kombination mit landestypischen Gerichten (s. Kasten).


Internationale Avocado-Gerichte

  • USA: Avocado gefüllt mit Crab Meat oder mit Jakobsmuscheln und Minze, als eisgekühlte Suppe mit Sahne
  • Großbritannien: Avocado–Eiscreme, Avocado mit Erdbeersauce
  • Österreich: gewürfeltes Avocadofleisch mit Kirschwasser
  • Kuba: Avocadosauce mit kaltem pochiertem Fisch
  • Mexico: Guacamole – Avocadopüree mit Limettensaft, Chilischoten und Zwiebeln
  • Taiwan und Philippinen: Avocado mit Milch und Zucker verrührt und als Dessert getrunken
  • Japan: Avocados als Bestandteil vegetarischer Sushi
  • Indonesien: aus Avocado, Milch, Kaffee und Rum wird ein Getränk gemacht
  • Brasilien: Milchshakes und Eis aus Avocado

Avocadoöl: Das Plus für die Schönheit

Neben dem Fruchtfleisch der Avocado ist auch ihr Öl ein hochgeschätztes Produkt. In der Küche gilt es als Tipp für kalte Gerichte und zum scharfen Anbraten von Fleisch, Fisch oder im Wok.

Aufgrund seines Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren und Vitaminen ist das Avocadoöl zudem wertvoller Bestandteil kosmetischer Erzeugnisse. Es wirkt ausgleichend bei trockener und schuppender Haut. Auch strukturgeschädigtes Haar profitiert von den Inhaltsstoffen. Es wird geschmeidig und vor dem Austrocknen geschützt. Durch seine guten Spreiteigenschaften lässt sich das Öl gleichmäßig auf der Haut verteilen und zieht schnell ein. Zu seiner Herstellung wird das Fruchtfleisch der Avocado kalt gepresst und das "rohe" Öl anschließend durch Zentrifugieren von Faserresten befreit. Zwar gehen bei der Reinigung zum Teil wichtige Inhaltsstoffe verloren, doch enthält aufbereitetes Avocadoöl immer noch einen beachtlichen Anteil an Palmitin-, Öl- und Linolsäure. Die Qualität des Öls ist in erster Linie abhängig von der Herkunft der Früchte und ihrem Reifegrad.


Apothekerin Franziska Wartenberg

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