Ernährung aktuell

Herbstzeit ist Traubenzeit

Wenn die Natur das Laub an den Bäumen in den Farbtopf taucht, haben Weintrauben Hochsaison. Als älteste Kulturpflanze überhaupt liefern Weinreben rote, blaue, grüne oder gelbliche Beeren – prall gefüllt mit gesunden Vitalstoffen und einer Komposition hochwertiger Antioxidanzien. Folge 10 unserer Lebensmittelkunde Obst ist eine Lese interessanter Fakten zur Traube und pickt nebenbei die Rosinen heraus.

Weintrauben gehören zu den ältesten bekannten Obstarten. Bereits vor 5000 Jahren sollen die rankenden Gehölze von Ägyptern in Kultur genommen worden sein. Die meisten Sorten stammen von der europäischen Weinrebe vitis vinifera ab und sind heute in mehreren tausend Arten weltweit verbreitet. Ihre kleinen runden oder ovalen Beeren wachsen bündelartig, aber klar voneinander getrennt, zu der eigentlichen Traube zusammen. Da Weinreben warmes Klima bevorzugen, gedeihen sie besonders in südlichen Ländern. Doch auch nördlichere Anbaugebiete (das nördlichste Ge-biet Deutschlands liegt bei Werder/Havel) können jährlich geschmackvolle Erträge verzeichnen. Als hiesiger Haupterntemonat gilt Oktober; je nach Wetterlage kann die Weinlese doch bereits schon im September starten.

Hell und dunkel

Ein Großteil der Trauben, so genannte Keltertrauben, dient der Weinherstellung oder Saftgewinnung und wird zu Rosinen oder Korinthen getrocknet. Die zum Frischverzehr geeigneten Tafeltrauben sind meist größer und werden in einigen Sorten auch kernlos angeboten. Je nach Rebstock variieren die Farben bei dunklen Früchten von Violett über Dunkelrot bis Schwarzrot mit blauem Schimmer. Stellenweise ist die Schale von einem mehlartigen Reif überzogen, der sich niederschlägt, wenn Luftfeuchtigkeit verdunstet. Helle Trauben sind bernsteinfarben bis blassgrün und schmecken meist weniger aromatisch als ihre dunklen Verwandten. Die Schale ist dünner, das Fruchtfleisch fest.

Gute innere Werte

Weintrauben enthalten eine Fülle gesundheitsfördernder Substanzen. Carotinoide, Vitamin E und verschiedene B-Vitamine sind ebenso vorhanden wie Kalium, Eisen, Kupfer, Zink und Phosphor. Hinzu kommt ein vielfältiges Portfolio von Aminosäuren und Phenolsäuren (z. B. Ellagsäure), sowie gesättigte und ungesättigte Fettsäuren. Die in den süßen Früchten enthaltene Glucose (umgangssprachlich auch als Traubenzucker bezeichnet) ist ein rascher Energielieferant, da sie vom Körper schnell aufgenommen wird.

Weitere bedeutende Inhaltsstoffe der Trauben sind die Polyphenole, darunter vor allem Resveratrol und oligomere Proanthocyanidine (OPC), deren phenolische Hydroxylgruppen ein hohes Redoxpotenzial besitzen und damit gute Radikalfänger sind. Gemeinsam mit weiteren Flavonoiden wirken sie positiv auf das kardiovaskuläre System, verbessern die Blutzirkulation und halten Gefäße elastisch. Sie vermitteln antithrombotische Effekte und stärken das Immunsystem. Von Resveratrol und der Schwefelverbindung Phenethyl-Isothiocyanat wird berichtet, dass sie kanzerogenen Zellformen entgegenwirken soll.

Grün oder blau, Saft oder Wein?

Rote und blaue Trauben enthalten in der Regel mehr wirksame Substanzen, als helle grüne Beeren. Vor allem die aktiven Radikalfänger sind vorrangig in den Schalen der dunklen Früchte zu finden. Traubensaft wartet mit deutlich höheren antioxidativen Werten auf als reine Trauben, da bei der Saftherstellung auch Stilreste verwertet werden, die ihrerseits wieder wertvolle Substanzen liefern. Spitzenreiter hinsichtlich der antioxidativen Potenz ist eindeutig Rotwein. Durch die Fermentation bilden sich einige Stoffe, die im Traubensaft nicht zu finden sind. So enthält Rotwein doppelt so viel Flavonoide wie die unvergorene Flüssigkeit und 15 Mal mehr Polyphenole als im Weißwein vorhanden sind. Die Unterschiede zwischen Rot- und Weißwein sind produktionsbedingt. Im Gegensatz zur Weißweinherstellung werden bei der Rotweinproduktion nach dem Quetschen und Rebeln die Schalen nicht vom Most getrennt, sondern je nach Temperatur bis zu einem Monat auf der Maische gelagert. In den Beerenhüllen befinden sich besonders viele wertvolle Substanzen, die bei diesem Kelterprozess in den Wein übergehen.

Tab. 1: Energiegehalt und ausgewählte Inhaltsstoffe von Weintrauben und Rosinen (pro 100 g essbarem Anteil)
Weintrauben
Rosinen
Energiegehalt
287 kJ/68 kcal
1242 kJ/292 kcal
Wasser
81,1 g
15,7 g
Eiweiß
0,7 g
2,5 g
Fett
0,3 g
0,6 g
Kohlenhydrate
15,2 g
68,0 g
Kalium
195 mg
780 mg
Eisen
415 µg
2300 µg
Kupfer
95 µg
370 µg
Zink
50 µg
245 µg
β-Carotin
35 µg
30 µg
Vitamin E
665 µg
Vitamin C
4 mg
1 mg
Folsäure
45 µg
4 µg
Glucose
7180 mg
32.000 mg
Fructose
7440 mg
33.200 mg
Palmitinsäure
55 mg
Linolsäure
110 mg
Oxalsäure
8 mg
Salizylsäure
1400 µg
6700 µg
Weinsäure
530 mg
2360 mg

Quelle: Lebensmitteltabelle für die Praxis, Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, 3. Auflage, WVG Stuttgart

Wertvolle Mitte

Auch wenn sich im Handel zunehmend kernlose Tafeltrauben finden, sollte den kernhaltigen Sorten der Vorzug gewährt werden. Gerade die Samen sind mit üppigen Mengen der wertvollen Inhaltstoffe ausgestattet. Öl- und Linolensäure, Ellagsäure und Polyphenole finden sich im Zentrum der Früchte ebenso wie Resveratrol, Flavonoide und eines der stärksten oligomeren Proanthocyanidine.

Ölreiche Kernspaltung

Die bei der Weinherstellung anfallenden Traubenkerne werden mittlerweile auch zur Ölgewinnung genutzt, da das enthaltene Samenfett reich an ungesättigten Fettsäuren und dem wichtigen Triterpen Homoolestranol ist. Je nachdem, ob kalt oder heiß gepresst wurde, kann das Traubenkernöl farblos oder goldgelb bis grün gefärbt sein und einen neutralen oder nussigen Geschmack annehmen. Es ist hoch erhitzbar und wird zum Braten ebenso verwendet wie zum Würzen von Salaten und Saucen. In der Kosmetikindustrie findet in erster Linie das kalt gepresste Traubenkernöl Verwendung.

Trockengut

Weder Weihnachtsstollen noch Rheinischer Sauerbraten wären wirklich vollkommen, würden die Rosinen fehlen. Nicht jedermanns Sache, sind getrockneten Weintrauben für viele süße und pikante Speisen doch unentbehrlich. Durch den zwei- bis vierwöchigen Trocknungsprozess färben sich frisch geerntete, reife Weintrauben von grün nach rötlich braun bis fast schwarz und ihr Feuchtigkeitsgehalt sinkt von etwa 80 auf weniger als 16 Prozent. Gleichzeitig steigt der Zuckeranteil um das Vierfache an, was die Beeren haltbarer macht. Je nach Rebsorte ergeben sich unterschiedliche Rosinenarten. So liefern grüne kernlose Sultana-Trauben die hellen, goldgelben bis rötlichgelben Sultaninen, während aus der dunklen Rebsorte Korinthiaki die schwarzbraunen, kleinbeerigen Korinthen mit einem intensiveren Geschmack gewonnen werden. Direkt am Strauch getrocknet heißen die fertigen Rosinen Zibeben. Manche Hersteller schwefeln das Trockengut, um es zu konservieren und die Farben zu erhalten. Der Vorgang muss auf der Verpackung deklariert werden. Um ein Zusammenkleben zu verhindern, dürfen die Rosinen mit Speiseöl oder acetylierten Mono- oder Diacylglyceriden von Speisefettsäuren behandelt werden.

Kulinarisches Geleit

Trauben sind farbenfrohe Begleiter zahlreicher Gerichte. Sie passen zu Fisch und Meeresfrüchten, hellem Fleisch wie Huhn oder Kalb und schmecken hervorragend in cremiger Weißweinsauce. Die meist süßen Früchte harmonieren wunderbar mit würzigem Käse und eignen sich ideal als Belag für Tortenböden aus Nussmassen. In den USA werden Weintrauben mit braunem Zucker und saurer Sahne gereicht, die Franzosen servieren sie gern zu Ente, Karotten und Zwiebeln.

Literatur

Ternes, Teufel, Tunger, Zobel, "Lexikon der Lebensmittel und der Lebensmittelchemie", WVG Stuttgart, 2007

Der kleine Souci, Fachmann, Kraut, "Lebensmitteltabelle für die Praxis", WVG Stuttgart, 3. Auflage, 2004

Hahn, Ströhle, Wolters, "Ernährung, Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie", WVG Stuttgart, 2. Auflage, 2006

Anne Willan, "Die große Schule des Kochens", Christian Verlag, München, 3. Auflage, 1994

www.gesundheit.de

www.Novamex.de

Apothekerin Franziska Wartenberg

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