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Apothekenketten garantieren keine Einsparungen

KÖLN (ifh/ks). Sollte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das in Deutschland bestehende Mehr- und Fremdbesitzverbot für Apotheken kippen und damit Apothekenketten ermöglichen, würde dies kaum zu merklichen Einsparungen im Gesundheitswesen führen. Nach Aussage von Dr. Andreas Kaapke, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IfH), "sind die der Kettenbildung auf der Apothekenebene zugeschriebenen Einsparpotenziale marginal und mit Unsicherheit behaftet". In besonderer Weise gelte dies für die propagierten Einsparungen im Bereich des Wareneinsatzes sowie der Personal- und Raumkosten.

Kaapke ist überzeugt, dass es keinesfalls den Apothekenketten vorbehalten sei, Größenvorteile und Fixkosteneffekte zu realisieren: "Jede Form der Kooperation ist zur Realisierung dieser Effekte auch in der Lage, egal ob es sich bei dieser um eine Genossenschaft, einen Einkaufsverbund, eine Marketingkooperation, einen Apothekerverband oder eine andere Variante der kooperativen Zusammenarbeit auf der Apothekenebene handelt."

Unveränderte Beschaffungs- und Raumkosten

Das IfH verweist darauf, dass von jedem in der Apotheke verdienten Euro rund 63 Cent für die Beschaffung von Waren aufgebracht werden müssen. Die Warenbeschaffung biete damit den zentralen Ansatzpunkt zur Hebung von Einsparpotenzialen. Da der Umsatz einer Apotheke aber zu mehr als drei Vierteln auf der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel beruhe und die Warenbeschaffung in diesem Bereich stark reguliert ist, ließen sich auch in Apothekenketten kaum Einsparungen beim Wareneinsatz realisieren. Gleiches gelte hinsichtlich der Raumkosten einer Apotheke. Eigentümer von Gewerbemietflächen würden diese wohl kaum günstiger an einen Filialisten vermieten als an einen einzelnen Apotheker.

Hohe Personalintensität auch in der Kette

Anders als in vielen anderen Branchen lasse sich zudem der Personaleinsatz in der Apotheke aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, der hohen Beratungs- und Dienstleistungsintensität sowie des zumeist ungleich verteilten und schwerlich zu prognostizierenden Kundenaufkommens nicht beliebig anpassen. In besonderer Weise gelte dies für den Einsatz pharmazeutischer Fachkräfte. Ob als Einzelbetrieb oder als Kettenapotheke: Die Apotheke würde ihre Funktion als pharmazeutisches Fachgeschäft in Frage stellen, wenn sie beim Personal sparen würde, so das IfH. Einsparungen in diesem Bereich seien in Ketten lediglich durch eine erleichterte Koordination von Ausfällen, Notdienst- sowie Urlaubszeiten und beim Filialleitergehalt denkbar. Auch bei den administrativen Back-Office-Vorgängen sei kaum mit nennenswerten Einsparungen zu rechnen, da sich insbesondere der Warenfluss in einer inhabergeführten Apotheke nicht signifikant von dem in einer filialisierten Apotheke unterscheide. Auch bei der Werbung und beim Marketing ist Kaapke zufolge wenig zu holen. Auf Größen- bzw. Mengeneffekten beruhende Einsparpotenziale seien im Apotheken kaum gegeben. Lediglich die kreativen Vorleistungen oder die Erstellung von Werbemitteln könnten gebündelt und damit in Kostenvorteile überführt werden.

Overheadkosten nicht vergessen

Das IfH gibt überdies zu bedenken, dass die Bildung einer Apothekenkette im Gegensatz zur Einzelapotheke zusätzliche Overheadkosten bedingt. So erzeugten die zentralen Dienste der Systemzentrale Kosten, die von den einzelnen Verkaufsstellen per Umlage getragen werden müssten. Gleiches gelte für Kosten, die infolge eines erhöhten Organisations- und Kontrollaufwandes in Filialorganisationen entstehen. Zudem erwarteten die Shareholder einer Apothekenkette eine angemessene Rendite für ihr finanzielles Engagement.

IfH online

Studienergebnisse, Diskussionsberichte, Statements etc. zum Thema Arzneimitteldistribution findet man auf den Internetseiten des Instituts für Handelsforschung unter www.ifhkoeln.de

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