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IfH kritisiert Sachverständigenrat

KÖLN (ral). Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland hat in seinem Jahresgutachten 2009/2010 das Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken kritisiert. Nach Ansicht der Sachverständigen würden Apothekenketten den Wettbewerb bei der Distribution von Arzneimitteln stimulieren und so zur Effizienzsteigerung beitragen. Das Institut für Handelsforschung (IfH) ist anderer Meinung.

Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes würde nach Ansicht des Sachverständigenrates den Wettbewerb auf der Apothekenebene beleben und so zur Senkung der Arzneimittelausgaben beitragen. Als Beleg führen die Sachverständigen die Ergebnisse der Deregulierung des Marktes für Telekommunikation an. Nach Auffassung des IfH ist dies eine nicht hinreichende Begründung. So agieren die über 21.000 Apotheken in Deutschland auf einem polypolistischen Markt, auf dem viele Anbieter auf viele Nachfrager treffen, während der Markt für Telekommunikation vor seiner Deregulierung eine monopolistische Struktur aufwies. Folglich sei es wenig sinnvoll, die aus dem Übergang vom monopolistischen zum oligopolistischen Telekommunikationsmarkt hervorgehenden wettbewerblich begründeten Effizienzsteigerungen eins zu eins auf den polypolistischen Apothekenmarkt zu übertragen.

Kostensenkungsmaßnahmen versagen

Der Sachverständigenrat unterstellt weiter, dass mehr Wettbewerb auf der Apothekenebene per se zu Effizienzsteigerungen bzw. zu niedrigeren Preisen führt. Dies setzt voraus, dass mehr Wettbewerb zu niedrigeren Kosten und/oder niedrigere Preise zu höheren Absatzmengen führen (können). Die für diese Zusammenhänge maßgebenden Mechanismen gelten für Apotheken und den Absatz von Arzneimitteln aber nur sehr eingeschränkt. So lassen sich die aus anderen Branchen bekannten Kostensenkungs- und Marketingkonzepte nicht uneingeschränkt auf den Apothekenmarkt übertragen. Beispielsweise scheidet eine kostensparende Begrenzung des Sortiments auf Schnelldreher aufgrund des Kontrahierungszwangs aus.

Effizienzvorteile von Ketten fraglich

Abgesehen von wettbewerblichen Aspekten wird oftmals unterstellt, dass Kettenapotheken generell Effizienzvorteile gegenüber einzelbetriebenen, inhabergeführten Apotheken aufweisen. Das IfH hat dies für die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bildung von Apothekenketten kaum zu Einsparungen führen würde. So lassen sich beispielsweise beim Personaleinsatz als bedeutendstem Kostentreiber in der Apotheke – anders als in vielen anderen Branchen – aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, der hohen Beratungs- und Dienstleistungsintensität sowie des zumeist ungleich verteilten und schwerlich zu prognostizierenden Kundenaufkommens nur geringfügige Einsparpotenziale identifizieren. Ob als Einzelbetrieb oder als Kettenapotheke: Die Apotheke würde ihre Funktion als pharmazeutisches Fachgeschäft infrage stellen, wenn sie beim Personal sparen würde. Auch bei den administrativen Back-Office-Vorgängen wäre kaum mit nennenswerten Einsparungen zu rechnen, da sich der Warenfluss in einer inhabergeführten Apotheke nicht signifikant von dem in einer Filialapotheke unterscheidet. Lediglich bei der Warenbeschaffung erscheinen größere Einsparungen möglich. Diese beschränken sich aber auf das nicht-verschreibungspflichtige Sortiment.

Fazit

Das IfH schließt sich den Aussagen des Sachverständigenrates zum Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken im Jahresgutachten 2009/2010 nicht an. Kritisch zu bewerten sind nach Ansicht des IfH vor allem eine augenscheinlich zu enge Definition der Sachverständigen von Wettbewerb sowie eine unzureichende Fundierung ihrer Schlussfolgerungen und Forderungen.

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