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"Das Apothekenpersonal ist der Warenveredler"

BERLIN (ks). Wer behauptet, unter Apotheken herrscht kein Wettbewerb, täuscht sich gewaltig. Zumeist sind die, die derartige Kritik äußern auch jene, die zu viele Apotheken beklagen. Doch was ist es anderes als Wettbewerb, wenn in einer Geschäftsstraße zehn oder mehr Apotheken zu finden sind? Hier ist Profil gefordert, um Kunden für sich zu gewinnen und zu halten. Welche Strategien und Konzepte nötig und möglich sind, um auch in Zukunft zu bestehen, zeigte Dr. Andreas Kaapke vom Institut für Handelsforschung (IfH) am 25. März bei einem berufspolitischen Dialog der Apothekerkammer Berlin auf.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai letzten Jahres zum Fremdbesitzverbot hat den in Deutschland gewählten Vertriebsweg für Arzneimittel bestätigt. Nur inhabergeführte Apotheken sollen für die Distribution dieser besonderen Ware verantwortlich sein. Aus Kaapkes Sicht ist das vernünftig. Zwar könnte mit Apothekenketten rationalisiert werden – bestenfalls 10.000 Euro pro Apotheke ließen sich einsparen. Doch diese Einsparungen seien nicht für die gesetzliche Krankenversicherung relevant, sondern lediglich für den Shareholder. Es sei kaum anzunehmen, dass dieser die Erträge aus einer wirtschaftlichen Betriebsführung der GKV zukommen lassen möchte. Doch wenn es nun bei der bewährten Apothekenstruktur bleibt und die Apotheke allein die Verantwortung für die Arzneimittelabgabe hat, könne sie sich keine Beratungsmängel leisten, mahnte Kaapke. Leider zeigten Untersuchungen, etwa der Stiftung Warentest, dass hier noch nicht alles zum Besten steht. Hier muss sich die Apotheke beweisen. Finden sich schwarze Schafe, muss man auch darüber nachdenken können, ob man "nicht mal ein paar Buden dicht macht", sagt Kaapke provokant.

Vorwürfe, Apotheken hätten ein Monopol inne, das den Wettbewerb verhindere, lässt Kaapke allerdings nicht gelten. "Es gibt einen gnadenlosen Wettbewerb um Qualität, Beratung, Dienstleistungen, Service, Kompetenz und vieles mehr". Der Preis ist für ihn dagegen nicht entscheidend: "Preis kann jeder." Klar ist auch, dass der bestehende Wettbewerb sich in einem Wandel befindet: Die Menschen werden älter – aber auch weniger – und die Ansprüche ändern sich hierdurch. Zudem ist der Versandhandel auf den Plan getreten und branchenfremde Anbieter buhlen um den lukrativen Markt. "Wo Wachstum vermutet wird, sind die Player da", konstatiert Kaapke und mahnt: "Wehret den Anfängen." Er meint nicht, dass es den Apothekern an Selbstwertgefühl mangelt – wohl aber am Selbstbewusstsein sich ihren Gegnern zu stellen. Dabei können Apotheken Drogerien und anderen Einzelhändlern einiges entgegensetzen: Unschlagbar ist eine kompetente und freundliche Beratung. Umfragen zeigen immer wieder, dass es gerade das ist, das Kunden an Apotheken schätzen. Alles andere – seien es Zugaben, Sonderangebote oder die Einrichtung – ist zweitrangig. Kaapke betont: "Das Apothekenpersonal muss der Warenveredler sein". Wenn dieser Mehrwert gelebt wird, ist eine Apotheke nicht austauschbar. Das Problem für den Heilberufler Apotheker ist oftmals, dass er auch betriebswirtschaftlich agieren muss. Schließlich mache nur eine rentabel geführte Apotheke auf Dauer Spaß, so Kaapke. Er rät Apothekern, über neue Angebote nachzudenken – allerdings gründlich. Wenn man sich bei einer Sache – etwa der Veranstaltung von Aktionstagen – unsicher sei, sollte man es lieber lassen. Besser sei es sich auf ureigene Kompetenzen zu besinnen. So wüssten beispielsweise viele Menschen nicht, dass Apotheken ein Labor besitzen und selbst hilfreiche Mittel herstellen können.

Kaapkes Fazit: Auf die Einstellung kommt es an! Apotheker können viele Themen bespielen – sie müssen dazu aber das nötige Selbstbewusstsein an den Tag legen. Zudem sollten sie nicht nur sich selbst im Blick haben, sondern sich als Teil des Ganzen begreifen. Die Frage ist, wie sie sich ein gutes Gesundheitssystem vorstellen und welche Rolle sie darin spielen können.

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