Kommentar

"Wir sind keine Kaufleute"

Die Nachricht kam nicht ganz unerwartet: Die Gesundheitsreform wird verschoben. Um drei Monate auf April. Qualität vor Schnelligkeit - man wolle handwerkliche Fehler vermeiden, indem man sich mehr Zeit für die Beratungen gibt, tönte es aus Politikerkreisen Ende letzter Woche. Und gleich hinterher: Aber am Gesundheitsfonds und anderen wichtigen Punkten im Arbeitsentwurf werde nicht gerüttelt. Ob man demnach Hoffnung haben kann, dass die Punkte, die die Apotheken betreffen, eine Chance zur Modifizierung haben, ist mehr als fraglich. Zumal zu den acht Unterhändlern, die den Gesetzentwurf durcharbeiten und ihn auf die Umsetzung der Eckpunkte überprüfen sollen, auf der CDU-Seite Apothekers Liebling Josef Hecken aus dem Saarland gehört (der bekanntermaßen das Apothekenrecht liberalisieren und Fremd- und Mehrbesitz zulassen will). Da auf die vom Wettbewerbsvirus befallene CDU mittlerweile kein Verlass mehr ist und auch diese Partei meint, den Apotheker nur als Kaufmann sehen zu müssen und davon ausgeht, dass der Wettbewerb um jeden Preis alles besser und billiger macht, kann man eigentlich nur froh sein, wenn nach den Beratungen nicht noch Schlimmeres herauskommt.

Neidvoll blicken wir da ins Nachbarland Österreich. Unsere österreichischen Kolleginnen und Kollegen dürften ihre Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat auf Händen tragen. "Wir halten am bestehenden Apothekensystem fest", ließ sie der Europäischen Kommission in der vergangenen Woche selbstbewusst und resolut mitteilen. Auslöser war die Aufforderung der EU-Kommission an die österreichische Regierung, das Apothekengesetz zu ändern. Kritisiert worden waren die bestehenden Niederlassungsbeschränkungen für neue Apotheken und die Einschränkung bei der Rechtsform. Österreich stützt sich bei seiner Argumentation auf den EU-Vertrag (Artikel 151 und 47), der regelt, dass Vorschriften des Gesundheitswesens nicht gemeinschaftlich geregelt seien und jedes Mitgliedsland seine eigenen Regeln festlegen könne. Die österreichische Regierung erkennt den Apotheker eher als Heilberufler denn als Kaufmann an und folgt den Worten ihrer Apothekerfunktionäre, die erklären: "Wir sind keine Kaufleute".

Tu felix Austria. Wir deutschen Apothekerinnen und Apotheker wären glücklich, wenn sich eine deutsche Gesundheitsministerin mit solchen Worten vor die deutsche Apotheke stellen würde. Stattdessen will uns die rote Ulla langsam ausbluten lassen und CDU-Politiker uns in einen Wettbewerb mit Aktiengesellschaften schicken. Was läuft und lief da bei uns schief?

Peter Ditzel

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