DAZ aktuell

Apotheker fordern mehr Studienplätze

KÖLN (tmb). Die Hochschule ist der Schlüssel zur künftigen Berufspraxis der Apotheker. Wie viele Pharmazeuten wie gut und mit welchen Inhalten ausgebildet werden, wird auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Apotheken prägen. Die Apothekertagsanträge zur Apothekerausbildung verdienen daher große Aufmerksamkeit - in diesem Jahr ging es um mehr und besser ausgestattete Studienplätze und erneut um das Bachelor-Master-Konzept.

Beim Deutschen Apothekertag 2004 in München hatte sich die Hauptversammlung mit deutlicher Mehrheit gegen die Einführung von Bachelor-Master-Studiengängen in der Pharmazie ausgesprochen. Die Diskussion über den so genannten Bologna-Prozess an den Hochschulen und seine möglichen Konsequenzen für die Pharmazie ist inzwischen vorangeschritten. Angesichts dieser Entwicklung wurde in einem Antrag gefordert, die Diskussion über den Bologna-Prozess in der Pharmazie künftig wieder ergebnisoffen zu führen. Antragstellerin Elfriede Hoffmann begründete dies mit der Vernetzung der Pharmazie mit anderen Hochschulfächern und den möglichen Zukunftschancen, die sich aus der Neugestaltung ergeben könnten.

Neue Diskussion über Bachelor und Master?

Johannes Metzger, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, der das Thema frühzeitig in verschiedene Gremien eingebracht und intensiv diskutiert hatte, meinte, die Debatte sei ohnehin in vollem Gange. Er wandte sich gegen die Interpretation, der Apothekertagsbeschluss sei als Votum für ein Ende der Diskussion zu verstehen. Klar sei nur die ablehnende Haltung der Apotheker, die öffentliche Diskussion könne der Apothekertag aber nicht verhindern. Allerdings zeigte sich auch Prof. Dr. Theodor Dingermann, Frankfurt, aus der Perspektive der Hochschulen irritiert über das Votum des vorigen Jahres, das nach außen als Signal für einen "Schluss der Debatte" wirke. Prof. Dr. Frank Runkel, Frankfurt, beklagte, dass der Beschluss den pharmazeutischen Hochschullehrern die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Entwicklung nehme, die ihr Dienstherr von ihnen fordere. Die neuen Studiengänge würden finanziell gefördert und sich allein schon aufgrund internationaler Verflechtungen durchsetzen.

Zur inhaltlichen Position stellte Metzger klar, dass sich die Apotheker nicht gegen alle Aspekte des Bologna-Prozesses wenden, sondern nur gegen den Bachelor-Abschluss. Wenn etwa zwei Drittel der Studierenden die Universität mit diesem Abschluss verließen, würde ein starker Mangel an Approbierten entstehen, weil die Approbation erst nach dem Master-Abschluss zu verleihen wäre.

Im internationalen Vergleich müsse der abweichende Anteil der Hochschulzugangsberechtigten in Deutschland berücksichtigt werden. Wenn über die Hälfte der Jugendlichen die Hochschulen besuchen können, wie in den USA und Skandinavien, sei eine abgestufte Hochschulausbildung mit frühzeitigen berufsqualifizierenden Abschlüssen sinnvoll. In Deutschland mit nur etwa 30% Abiturienten müssten aber möglichst viele Studierende zu hochwertigen Abschlüssen geführt werden, um den Bedarf zu decken. Letztlich müsse verhindert werden, dass der Bachelor-Abschluss den Pharmazeuten aus finanziellen Gründen übergestülpt werde.

Dr. Christiane Eckert-Lill, ABDA-Geschäftsführerin Pharmazie, berichtete, dass der Hochschullehrerverband demnächst ein Konzept für die Modularisierung des Studienganges vorlegen wird. Die bestehenden pharmazeutischen Bachelor-Master-Studiengänge in München und Heidelberg würden zu einer geringeren Zahl an Studienplätzen führen, doch hätten die Bachelor-Absolventen große Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche. Im Anschluss an die Diskussion wurde der Antrag auf eine erneute ergebnisoffene Diskussion des Themas mit großer Mehrheit abgelehnt und damit das Votum aus dem Vorjahr bestätigt.

Curricularnormwert erhöhen

In einem weiteren Antrag zur Hochschulpolitik, den die Apothekerkammer Hessen für den Bundesverband der Pharmaziestudierenden eingebracht hatte, wurde die Erhöhung des Curricularnormwertes (CNW) für die Pharmazie gefordert. Es wurde argumentiert, die Apotheker sollten sich nicht so unwichtig fühlen, dass sie nicht die gleichen Mittel wie Chemiker fordern. Eckert-Lill gab zu bedenken, dass ein steigender CNW bei feststehenden Haushaltsmitteln zu einer geringeren Zahl an Studienplätzen führe. Daher wurde der ursprüngliche Antrag um den Hinweis ergänzt, die Zahl der Studienplätze nicht zu verringern, und in dieser geänderten Fassung ohne Gegenstimmen angenommen.

Mangel an Apothekern

Wie wichtig die Zahl der Studienplätze ist, wurde auch bei einem Antrag der Apothekerkammer Westfalen-Lippe zum Mangel an Approbierten deutlich. ABDA-Ehrenpräsident Hans Günter Friese konstatierte einen eklatanten Mangel an Apothekern mit regionalen Unterschieden, der im Zusammenhang zu einem weltweiten Mangel an Apothekern und zum künftig zu erwartenden allgemeinen Fachkräftemangel in Deutschland zu sehen sei. Während sich noch vor drei Jahren angesichts der Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen eine andere Entwicklung abgezeichnet hätte, müssten nun kurz- und mittelfristige Maßnahmen für eine Sicherung der Arzneimittelversorgung in Apotheken ergriffen werden.

Daher wird in dem Antrag von den Kammern gefordert, regelmäßig Wiedereingliederungsmaßnahmen für Approbierte anzubieten, die zeitweilig aus der Berufstätigkeit ausgeschieden waren. Mittelfristig sollen die Ausbildungskapazitäten an den Universitäten erweitert werden, um den Bedarf zu erfüllen. Antonie Marqwardt, Vizepräsidentin der Apothekerkammer Hamburg, forderte zudem, die Attraktivität des Berufes zu erhöhen. In der Öffentlichkeit sei vielen nicht einmal bewusst, dass der Apotheker ein akademischer Beruf ist. Der Antrag wurde ohne Gegenstimmen angenommen.

Der Bologna-Prozess

Am 16. September 1999 haben 29 europäische Bildungsminister in Bologna eine gemeinsame Erklärung "Der Europäische Hochschulraum" verabschiedet. Wesentliche Ziele sind die Errichtung eines europäischen Hochschulraumes, Förderung der europäischen Hochschulen, Erleichterung der Anerkennung akademischer Abschlüsse im Ausland und Förderung der Mobilität der Studierenden.

Die Ziele der Bologna-Erklärung stehen im Einklang mit den Zielsetzungen, die der Bund und die Länder für die Modernisierung des Hochschulwesens in Deutschland und die Stärkung seiner internationalen Attraktivität in den letzten Jahren entwickelt haben. Auch die deutschen Hochschulen haben in einer gemeinsamen Erklärung die Reformziele des Bologna-Prozesses begrüßt und unterstützen durch eine Vielzahl nationaler und internationaler Aktivitäten deren Umsetzung.

Am 8. Juli 2003 hat die Hochschulrektorenkonferenz den Willen der Hochschulen bekräftigt, den europäischen Hochschulraum aktiv mitzugestalten. Die Hochschulen müssten die nötigen Reformen eigenverantwortlich im Wettbewerb umsetzen können. Die Hochschulrektorenkonferenz empfiehlt, die Diplom-, Magister- und Staatsexamenstudiengänge bis auf begründete Ausnahmefälle zügig durch Bachelor- und Masterstudiengänge zu ersetzen.

Was bedeutet Curricularnormwert?

Der Curricularnormwert (CNW) drückt den Lehr- und Betreuungsaufwand für ein Studienfach im Verhältnis zur Zahl der Studierenden aus und ist damit entscheidend für die Zuweisung finanzieller Mittel, für die Zahl der Lehrstühle und Assistentenstellen und für die möglichen Lehrangebote. Je höher der CNW ist, umso besser ist es um ein Studienfach bestellt. Der CNW für Pharmazie beträgt nur 4,5, für Chemie, Lebensmittelchemie und Biochemie dagegen 5,3, für Biologie 6,4 und für Medizin 8,2.

Kurzkommentar 

Wertschätzung für Apotheker

 

Die Apotheker gewinnen an Bedeutung. Das Kombimodell und die Hausapothekenverträge rücken sie als Heilberufler stärker ins Bewusstsein der Partner im Gesundheitswesen und der Öffentlichkeit. Das erhöht langfristig die Nachfrage nach Pharmazeuten und ihren Wert für die Gesellschaft. Eine angemessene akademische Ausbildung und eine genügende Zahl an Studienplätzen sollten daher selbstverständlich sein.

Leistung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Das gilt in der Apotheke und zugleich auf gesamtgesellschaftlicher Ebene an den Hochschulen. Letztlich drückt sich im Curricularnormwert die gesellschaftliche Wertschätzung für einen Studiengang und den daraus folgenden Beruf aus.

Die auf dem Apothekertag beschlossenen Forderungen nach einem höheren Curricularnormwert und nach mehr Studienplätzen zu erfüllen, wird für den Staat teuer. Die Umsetzung wird daher mühsam und wohl nur langfristig zu erreichen sein. Wie weit der Weg noch ist, machen die immer wieder aufkommenden Debatten um die Schließung einzelner Pharmaziestandorte an den Hochschulen deutlich.

Angesichts des Mangels an Approbierten sind solche Überlegungen gesellschaftlich unverantwortlich und sollten auch in der Öffentlichkeit so dargestellt werden.

Die Forderungen nach zusätzlichen Mitteln sind aus Sicht der Apotheker unverzichtbar. Sie sind auch ein Zeichen für ihr Selbstbewusstsein.

Konsequenterweise sollten die Apotheker dann auch weniger Angst vor der Einführung des Bachelor-Master-Systems haben, dem sich langfristig leider wohl kein naturwissenschaftlicher Studiengang entziehen können wird. Wenn der Beruf mit seiner hohen Qualifikation gesellschaftlich anerkannt ist, kann der Bachelor - abweichend von der politisch damit verbundenen Intention - nur ein neuer Name für den ersten Teil des Staatsexamens und kein ernst zu nehmender Berufsabschluss werden.

Thomas Müller-Bohn

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.