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Was ist eigentlich ein innovatives Arzneimittel?

Eine leichte Frage? Mitnichten. Wie schwer sich Arzneimittelexperten, die Pharmaindustrie und erst recht die Politik damit tun, zeigen die zahlreichen unterschiedlichen Äußerungen und Kommentare zu dieser Frage, als es darum ging, bei Kostendiskussionen einzuschätzen, ob Arzneimittelinnovationen wirklich innovativ – und ihr Geld wert sind. Denn Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen wird seit dem GMG sehr groß geschrieben. So sollen Einsparungen bei Arzneimitteln auch dadurch erreicht werden, dass Ärzte auf die Verordnung von neuen – und in der Regel teureren – Arzneimitteln verzichten, wenn sie keinen therapeutischen Zusatznutzen bieten.

Dem kann man gerne zustimmen, doch wie sicher lässt sich bei der Markteinführung eines neuen Arzneimittels erkennen, dass es keinen zusätzlichen Nutzen hat? Wie schwer diese Frage zu beantworten ist, erkannte sichtlich auch die Bundesregierung und installierte über das GMG ein neues "Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" (IQWiG), dessen Aufgabe es ist, den Nutzen von (neuen) Arzneimitteln zu bewerten. Das Institut soll für "jedes erstmals verordnungsfähige Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen" Nutzenbewertungen erarbeiten. Der Haken dabei: Das GMG selbst gibt keine Hinweise, was als "echte Innovation mit therapeutischem Mehrwert" anzusehen ist. Hier ist also Definitions- und Diskussionsbedarf.

Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) hat sich unter Mitarbeit der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) in einer gemeinsam eingerichteten Expertengruppe "Arzneimittelinnovationen" zusammengesetzt und sich dieser Frage angenommen. Heraus kam ein mehrseitiges Positionspapier, das "Kriterien für die Beurteilung von Arzneimittelinnovationen" enthält. Es diskutiert u. a. die Frage, ob in der Arzneimittelforschung nur große Sprünge zu Erfolgen führen oder auch auf den ersten Blick eher kleine Verbesserungen letztendlich doch zu einem therapeutischen Durchbruch führen können. Hier klingt der Vorwurf von Arzneimittelkritikern an, die mitunter heftig neue Me-too-Präparate oder Schrittinnovationen als Scheininnovationen kritisierten. Ist ein Arzneimittel innovativ, wenn beispielsweise an einem komplexen Formelsystem "nur" eine Methyl- oder Hydroxyl-Gruppe ausgetauscht wird? Als Laie wird man skeptisch reagieren, als Experte weiß man, dass genau diese eine kleine Veränderung der Durchbruch für eine bessere Verträglichkeit, für weniger Nebenwirkungen oder eine bessere Wirksamkeit – und damit also innovativ sein kann.

Es ist ein großes Verdienst der DPhG, sich dieser Frage angenommen zu haben. Hier zeigen Pharmazeuten, dass sie die Arzneimittelexperten sind und Fragen zum Arzneimittel nicht Ärzten, Krankenkassenvertretern oder gar Politikern überlassen. Ich bin überzeugt, die DPhG, die APV können mit solchen fundierten Positionspapieren punkten, und das strahlt nicht zuletzt auf alle Apothekerinnen und Apotheker aus. Das Positionspapier finden Sie in dieser Ausgabe ab Seite 69.

Außerdem in dieser DAZ: Schwerpunkt Osteoporose. Diese Erkrankung der Knochen und letztendlich auch des Skeletts gilt mittlerweile als Volkskrankheit. Vier bis sechs Millionen Menschen, 80 Prozent davon Frauen, leiden in Deutschland an Osteoporose. Jede Apotheke kennt ihre Osteoporose-Patienten. Jeder Apotheker und jede Apothekerin sollte über diese Erkrankung Bescheid wissen und darüber, wie sie diese Patienten optimal betreuen können. Unsere Schwerpunkt-Rubrik führt Sie an dieses Thema heran und vertieft es. Sie finden hier Informationen zur Krankheit Osteoporose, zu den Risikofaktoren, zu Präventions- und Therapiemöglichkeiten. Wir haben auch Tipps und Hinweise für die Beratung von Osteoporosepatienten aufgeführt und geben Surftipps, die Sie auf ausgesuchte Adressen im Internet zum Thema Osteoporose hinweisen. Weitere Kapitel unseres Schwerpunkts befassen sich mit der Ernährung als Prophylaxe und werfen einen Blick in die Zukunft: Knochen aus der Retorte.

Viel Spaß bei der Fortbildung.

Peter Ditzel

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