Reform der GKV: Experten schlagen Konsensmodell vor

BERLIN (ks). Die Vorstellungen der Union und der SPD zu einer Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind bekanntlich sehr unterschiedlich. Doch in einer großen Koalition müssen die Parteien auch in diesem Bereich Gemeinsamkeiten finden. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums hat bereits Ideen, wie ein solcher Konsens aussehen könnte.

In einer Stellungnahme vom 8. Oktober konstatieren die Wissenschaftler, dass in der Diskussion um eine Reform des Gesundheitssystems zwei Ziele in offenbarem Konflikt stehen: Einerseits soll der Wettbewerb gestärkt werden - andererseits gehe es um die Wahrung tradierter Vorstellungen über eine gerechte Verteilung der Finanzierungslasten. Und so streiten die Anhänger der Bürgerversicherung und der Gesundheitsprämie, wer von ihnen das gerechtere Modell vertritt. Doch nach Auffassung des Beirats gibt es einen Weg, der auch ohne Festlegung auf eine bestimmte Finanzierungsalternative Wettbewerbskräfte freisetzen kann. Das vorgeschlagene Konsensmodell baut auf dem gegenwärtigen System der GKV auf, sieht aber eine Reihe von Abweichungen vor.

Kontrahierungszwang auch für Private

Im Zentrum des Konzepts steht eine "zentrale Inkassostelle": An diese werden die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber überwiesen. Jeder Versicherte erhält sodann von dieser Inkassostelle eine Gutschrift in Höhe des Beitrages, der im Durchschnitt je Versicherten geleistet wird. Diese Gutschrift dient dem Versicherten, um die Versicherungsprämie zu begleichen, die die von ihm gewählte Krankenversicherung verlangt. Da jeder Versicherungsanbieter die Höhe seines Beitrags selbst festlegt, kann dieser auch unter oder über dem Gutschrift-Betrag liegen. Diese Differenz wird dadurch ausgeglichen, dass der Versicherte eine Rückerstattung erhält oder aber eine Zuzahlung leistet.

Auch wenn die Beiträge variieren können: Jeder Versicherungsanbieter ist verpflichtet, die medizinisch definierten Standardleistungen (im Sinne des SGB V) abzudecken. Darüber hinaus gehende Gesundheitsleistungen sind auf freiwilliger Basis individuell abzusichern. Neu in dem Modell ist, dass auch private Versicherungen ein Paket mit Standardleistungen anbieten können - dabei unterliegen sie aber wie die gesetzlichen Anbieter dem Kontrahierungszwang.

Weiterentwicklung in beide Richtungen

Der Beirat erwartet von einem solchen Modell, dass es erhebliche Wettbewerbsimpulse auslöst. Erfolgreiche Versicherer werden mit niedrigen Beiträgen und/oder zusätzlichen Leistungen werben, Versicherte werden auf ein attraktives Angebot drängen. In der Folge werden die Kosten des Gesundheitssystems und damit auch die Lohnnebenkosten sinken, ohne dass sich an der Beitragsfinanzierung irgend etwas ändert, so die Wissenschaftler. Auch lasse das Modell Raum für weitergehende Reformschritte. So könnte etwa der Versichertenkreis im Sinne der Bürgerversicherung erweitert werden - etwa indem Beamte einbezogen werden.

Wenn es politisch gewollt ist, könnten neben Lohneinkünften auch andere Einkünfte zur Erweiterung der Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Ebenso sei es aber auch denkbar, die lohnbezogenen Pflichtbeiträge zu senken und damit das System in Richtung der Gesundheitsprämie weiter zu führen. In beiden Reformvarianten komme es zu einer weiteren Senkung der Lohnnebenkosten, so die Experten des Finanzministeriums. Darüber hinaus würden die Wettbewerbskräfte im Gesundheitswesen gestärkt. Insoweit seien marktwirtschaftliche Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit keine unüberwindbaren Gegensätze.

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