Elektronische Gesundheitskarte: Kommt die Karte erst 2010?

BERLIN (ks). Die flächendeckende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) dürfte frühestens 2008, womöglich jedoch erst 2010 abgeschlossen sein. Diese Erwartung äußerte Günter Braun, bei Siemens für die Entwicklung der Gesundheitskarte zuständig, gegenüber der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 13. Juli). Für Anfang 2006 rechnet Braun mit ersten "vorzeigbaren Modellregionen". Hierfür macht sich unter anderem gerade Ingolstadt startklar.

Die Vorbereitungsarbeiten für die eGK laufen zögerlich. Derzeit formuliert die Projektgesellschaft Gematik GmbH die ersten Ausschreibungen, nach denen Angebote für Projekte in den noch auszuwählenden Modellregionen abgegeben werden können. Die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU) sieht gute Chancen, dass Ingolstadt einen Zuschlag bekommen wird: "Wir haben bundesweit die besten Voraussetzungen", sagte sie am 14. Juli bei der Vorstellung des neu gegründeten Trägervereins BAYMATIK.

Die Ministerin dankte den Gründungsmitgliedern für ihre Bemühungen um Ingostadt - hierzu zählen die AOK Bayern, die Betriebskrankenkassen von Audi, BMW und Siemens, die Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, der Bayerische Apothekerverband und das Praxisnetz GOIN. Sie würdigte zudem, dass sich Kostenträger und Leistungserbringer im Freistaat bereits auf eine Anschubfinanzierung von 180.000 Euro für das Vorhaben geeinigt haben. "Um zu zeigen, dass das Modellprojekt zur elektronischen Gesundheitskarte auch für die Bayerische Staatsregierung von überragender Bedeutung ist, wird sich das Sozialministerium ebenfalls mit 180.000 Euro an der Aufbauphase beteiligen", kündigte Stewens an. Zugleich kritisierte sie die lange Anlaufphase für die eGK: "Durch die zögernde Haltung des Bundesgesundheitsministeriums haben wir ein ganzes Jahr verloren". Sie rechnet damit, dass die bundesweite Einführung "frühestens 2007" beginnen kann.

Industrie in Goldgräberstimmung

Die IT-Branche lässt sich von den Verzögerungen nicht die Laune verderben. Sie sei in "Goldgräberstimmung", erklärte Braun. Die Industrie hoffe nicht nur, am Verkauf von Software, Chipkarten, Lesegeräten, Verschlüsselungs-Boxen sowie der Errichtung der Computer-Infrastruktur zu verdienen. Die Unternehmen spekulieren auch darauf, dass die Kassen ihnen den Betrieb ganzer Hochsicherheits-Rechenzentren übertragen. Manch einer zeigt sich aber auch genervt: "Ich bin froh, dass ich nichts mehr mit der Gesundheitskarte zu tun habe", zitiert die "Berliner Zeitung" einen Ex-Manager des Computerkonzerns IBM, der den technischen Rahmen der Karte im Projektkonsortium Bit4health mitabgesteckt hat. Der Spareffekt könnte "zehnmal so hoch" sein. Doch die Angst von Kassen, Ärzten und Apothekern, Pfründe zu verlieren, habe die Karte geschwächt. Braun zeigt sich optimistischer: "Wir sind zwar noch nicht da, wo wir hin wollen. Aber schon sehr weit". Ein Debakel wie bei der LKW-Maut schließt er aus: "Wir haben uns nicht von der Politik zu unerfüllbaren Zeitplänen überreden lassen."

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