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Unionsstreit um GKV-Reform

BERLIN (ks/im). Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer fühlt sich durch seine Kritiker in der eigenen Fraktion gemobbt. Doch er will angesichts dieses "Trommelfeuers" nicht zusammensacken, sondern die Situation durchstehen, sagte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Stern".

Bei der derzeitigen Suche der beiden Unionsparteien nach einem Kompromiss für eine Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung will Seehofer in einigen Punkten nach wie vor nicht nachgeben. Ein Solidarausgleich über Steuern, wie ihn die CDU verlangt, scheide für ihn aus, erklärte der Vizevorsitzende der Unionsfraktion. Wegen seiner Kritik am Kopfpauschalen-Modell der CDU habe er sich unter anderem anhören müssen, er sei "krank, psychisch gestört, nicht zurechnungsfähig", erklärte Seehofer dem Stern. "Ich weiß jetzt, was Mobbing bedeutet." Die Kritik käme von "Feiglingen, die nicht mit offenem Visier kämpfen, sondern unter dem Schutz der Anonymität".

Seehofer sagte, er habe die Politik als schmutziges Geschäft erlebt. Er monierte, dass man sich nicht mit seiner Kritik auseinander gesetzt habe, sondern ein halbes Jahr den Kritiker fertig gemacht habe. Das sagt alles über die Qualität der Reformdebatte. Dennoch hat Seehofer die Hoffnung, mit der Schwesterpartei eine vernünftige Lösungu finden, nicht ganz aufgegeben. Das Zahlenmaterial des Regierungsberaters Bert Rürup sei "erstklassig und ehrlich" - und damit eine gute Grundlage für weitere Beratungen mit der CDU.

Drei Bedingungen stelle seine Partei dabei an den Kompromiss: Die Finanzierung der Krankenversicherung muss gerecht, einfach und nachhaltig sein. So müssten Starke mehr zahlen als Schwache und es dürfe keine neue Bürokratie geschaffen werden. Wegen der geforderten Nachhaltigkeit scheidet für den CSU-Vize zudem ein Sozialausgleich über Steuern aus: Das Gesundheitswesen dürfe nicht am Tropf des Finanzministers hängen. Der Vorschlag Rürups, den Solidarausgleich für Geringverdiener mit einem einkommensabhängigen Zuschlag von rund drei Prozent zu finanzieren, wäre für Seehofer ein Einbiegen auf die Straße der Vernunft.

Einen Sozial-TÜV für Kinder, Rentner und Geringverdiener lehnt der Ex-Gesundheitsminister ab: "Die Leute jagen uns aus dem Tempel, wenn wir in geraden Wochen von der Entbürokratisierung reden und in ungeraden das Gegenteil tun." Das wäre die erste Reform, die mehr koste als sie bringe. Seehofer betonte zudem, dass Steuer- und Sozialreformen "endlich miteinander abgestimmt" werden müssten. Ohne Gesamtkonzept werden wir weder Durchschlagkraft noch Überzeugungskraft entwickeln, sagte er dem Stern. Eine klare Absage erteilte der CSU-Politiker dem Gesundheitskonzept der FDP: Einer Privatisierung der Sozialversicherung, wie sie die Liberalen vorschlagen, werde die Union niemals zustimmen, so Seehofer.

Unterdessen hat auch CSU-Chef Edmund Stoiber den Vorschlag der Schwesterpartei kritisiert, den Arbeitgeberbeitrag in einen steuer- und sozialabgabenpflichtigen Lohnbestandteil umzuwandeln. "Es wäre doch viel einfacher, den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren und ihn direkt an die Krankenkassen zu überweisen", sagte Stoiber der Zeitung Die Welt (Ausgabe vom 3. August). In diesem Fall könnte auf einen eigenen Beitrag für Kinder, wie ihn die CDU bisher plant, verzichtet werden. Außerdem, so der CSU-Chef weiter, würde der steuerpflichtige Arbeitgeberanteil auch für die Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig. Nach Worten von Stoiber war diese Zusatzfinanzierung für die anderen Sozialkassen nicht beabsichtigt.

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