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In den letzten zwanzig Jahren gab es einige Kostendämpfungsgesetze und so genannte Gesundheitsreformen. Sie alle brachten mehr oder weniger große Einschnitte im Arzneimittelbereich mit der Folge, dass der Ertrag für die Apotheke geringer wurde. An der Struktur der Apotheke, an der Preisbildung für Arzneimittel wurde aber nichts verändert. Die Einspareffekte hielten allerdings nicht lange an.

Nach dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) sieht die Apothekenwelt erstmals anders aus. Das GMG brachte nicht nur die von früheren Reformen bekannten Einschnitte, sondern tatsächlich Strukturveränderungen, deren Auswirkungen erst in den nächsten Monaten und Jahren sichtbar werden.

Die Motoren der Veränderungen: der Fall des Versandhandelsverbots, des Mehrbesitzverbots, der OTC-Preisbindung, der alten Arzneimittelpreisverordnung und ein überarbeiteter Paragraph 25 der Apothekenbetriebsordnung ("Apothekenübliche Waren"), außerdem die Möglichkeit zur integrierten Versorgung. Was sich dadurch alles ändert, wie sich Veränderungen auswirken, wie Veränderungen ineinander greifen – darüber lässt sich bisher nur spekulieren.

Dennoch, es ist wichtig, Szenarien zu durchdenken, um sich auf Veränderungen vorbereiten zu können, um möglicherweise zu partizipieren oder aktiv mitzumachen. Ein Kongress des "Managementforums" befasste sich mit der Apotheke der Zukunft und der Zukunft der Apotheke. Referenten aus der Pharmaindustrie, von Großhandel und Apotheken, von Internetportalen, vom Berufsverband, von Behörden und Consulting-Firmen beleuchteten aus ihrer Sicht und mit unterschiedlichen Schwerpunkten die Szenerie.

Das Fazit, das sich für mich aus dem Kongress ergab, war: Die Apothekenwelt vor 2004 ist nicht mehr mit der nach 2004 identisch. Zwar obliegt der Apotheke auch nach 2004 "die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung". Doch jede Apotheke wird ihren eigenen neuen Weg suchen müssen, diese Aufgabe zu erfüllen. Chancen gibt es, wenn man akzeptiert, dass die Veränderung zur Normalität wird.

Das sind die Trends, die Experten sehen: der Trend zu größeren Wirtschaftseinheiten. Das können Kooperationen sein, das können Franchisesysteme sein, außerdem Filialapotheken mit oder ohne Versand, unterschiedliche Kooperationsmodelle mit Logistikern sind vorstellbar.

Schon heute zeichnen sich neue Dienstleistungsangebote ab in Zusammenarbeit mit Krankenkassen, Hausapothekenmodelle sind ein Weg, aber auch die Teilnahme an der integrierten Versorgung oder anderen Versorgungsstrukturen können Wege für Apotheken sein, wo sie Chancen finden.

Im Prinzip begrüßt die Regierung die neue Flexibilität der Apotheken, wünschenswert ist mehr Eigenverantwortlichkeit. Vorsicht ist jedoch in Richtung Kooperationen angesagt, warnte der Behördenvertreter auf dem Managementforum. Bisher sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit, den Mehrbesitz über die neu geschaffene Regelung mit drei Filialapotheken hinaus oder gar Fremdbesitz zuzulassen.

Die Bestimmungen im Gesetz hierzu lassen eine weitergehende Öffnung nicht zu. Sollte sich allerdings erkennen lassen, dass Apotheker selbst verstärkt in Richtung Apothekenkette marschieren wollen, beispielsweise durch Kooperationen, die nach außen den Eindruck von Pseudoketten vermitteln, könnte sich die Regierung veranlasst sehen, ihre bisherige Position zu überdenken.

Ein(e) aktive(r) Apothekenleiter(in) kommt nicht umhin, über die Positionierung der eigenen Apotheke neu nachzudenken. Wo liegen meine Schwerpunkte, wie sieht mein Umfeld aus, welche Kundenstruktur habe ich, ergeben sich Vorteile durch gemeinsamen Einkauf, wieweit will ich mich binden, will, kann ich Versandapotheke sein oder baue ich meinen Botendienst aus, ist eine Filialisierung möglich, welche Preispolitik ist sinnvoll, mache ich bei Hausapothekenmodellen mit oder bei der integrierten Versorgung? Die Auffassung der Regierung: Apotheker müssen selbst beweisen, dass sie mittel- und langfristig im Gesundheitswesen unentbehrlich sind.

In Großbritannien haben Apotheker seit kurzem eine andere Option: Sie können sich dazu entscheiden, auch Rezepte auszustellen. Voraussetzung dafür ist eine mehrwöchige Zusatzausbildung, außerdem sind davon nur Folgerezepte betroffen, d. h., der Patient hat bereits eine Erstverordnung über ein bestimmtes Präparat von einem Arzt erhalten.

Hintergrund ist eine Entlastung des Gesundheitswesens: in England mangelt es an Ärzten, daher sollen Patienten einen Arzt nur bei Erstverordnungen konsultieren und nicht zur Ausstellung von Folgeverordnungen aufsuchen. Ein reizvoller Gedanke auch für Deutschland?

Peter Ditzel

Die Veränderung wird zur Normalität

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