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Die Leistungen der Apotheken werden von interessierter Seite regelmäßig schlecht geredet. "Katastrophale" Testergebnisse von Stiftung Warentest passen in ein solches Bild. Apotheker fühlen sich gedemütigt und empfinden die im Einzelfall fragwürdigen Testkonstellationen oft als unfair. Doch wie lassen sich solche Zweifel an der Objektivität glaubwürdig artikulieren?

Andere Untersuchungen, beispielsweise kürzlich von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, kommen zu den entgegengesetzten Ergebnissen. Doch können Außenstehende die Objektivität nicht beurteilen. Wem soll die Öffentlichkeit glauben? Muss dies zu einer endlosen Folge von Behauptungen und Gegenbehauptungen, Gutachten und Gegengutachten führen?

Nein, denn das Qualitätsmanagement hat hierauf eine Antwort, die in modernen Gesellschaften zunehmend akzeptiert wird: Qualitätsindikatoren. Das sind quantitativ erfassbare und klar definierte Größen, die als Maßstab für die Qualität größerer Leistungsbereiche in einem breiten wissenschaftlichen Konsens akzeptiert werden. Sie beantworten auch die grundlegende Frage, was denn überhaupt die gewünschte Qualität ist.

Doch welche Qualitätsindikatoren gibt es bisher für das Gesundheitswesen? – In der Medizin liefert eine international geführte wissenschaftliche Debatte zumindest respektable Ansätze. Dabei zeigt sich, dass die Gesellschaft sich nicht mit Daten zur Struktur- und Prozessqualität begnügt. Es werden Aussagen zur Ergebnisqualität erwartet, auch wenn es in der Medizin methodisch außergewöhnlich schwer ist, aussagekräftige Ergebnisgrößen zu ermitteln. In Deutschland wird diese Diskussion erst in relativ kleinen Zirkeln geführt, beispielsweise in der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung, aber immerhin. Für die Pharmazie zeichnen sich bisher allenfalls nationale Insellösungen ab, aber noch nicht in Deutschland.

Der Deutsche Apotheker Verlag hatte allerdings schon auf der Interpharm 2001 in Hamburg unter dem Titel "Erfassung von Qualitätsdaten – oder wie viel Qualität soll's sein?" ein Seminar zu Qualitätsindikatoren für Apotheken angeboten. Es sollte für das Thema sensibilisieren und eine Diskussion anregen, die aber leider weitgehend ausblieb. Auch ein erfolgversprechender Pilotversuch des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt fand leider keine angemessene Fortsetzung. Vielleicht kamen diese Ansätze zu früh, doch es wäre jetzt sehr schön, wenn die deutschen Apotheker auf allgemein akzeptierte Qualitätsindikatoren verweisen könnten.

Flexibel gestaltete, entwicklungsfähige und an den pharmazeutischen Erfordernissen orientierte Qualitätsmanagementsysteme sind dafür eine notwendige Voraussetzung. Diese wurden in vielen Apotheken etabliert. Eine weitere gute Voraussetzung bieten die Leitlinien zur Qualitätssicherung, die die Bundesapothekerkammer herausgegeben hat. Das zunehmend propagierte Pseudo-Customer-Konzept ist ein wertvoller Beitrag zur Methodik der Datenerhebung im Beratungsbereich. Doch es wird nun höchste Zeit für den nächsten logischen Schritt – quantitative und objektivierbare Qualitätsindikatoren, mit denen die Zielerreichung gemessen werden kann und deren Aussagekraft in einem breiten Konsens akzeptiert wird. Gerade diese Akzeptanz dürfte das größte Problem sein, ist aber für die Wirkung entscheidend.

Welche Indikatoren könnten dies sein? – In Sachsen-Anhalt wurde bereits gezählt, wie oft patientenorientierte Serviceleistungen wahrgenommen werden, beispielsweise Blutzuckertests und andere Messungen. Bei den Screeningmaßnahmen kann ermittelt werden, wie oft "verdächtige" Patienten zum Arzt verwiesen werden. Angesichts der zahlreichen unvollständigen oder unlogischen Verordnungen, wie sie beispielsweise im vorigen Jahr in unserer DAZ-Serie zur Arzneimittelsicherheit beschrieben wurden, sollte auch gezählt werden, wie oft solche Verordnungen in den Apotheken identifiziert und korrigiert werden. Entsprechendes gilt für andere arzneimittelbezogene Probleme. Wenn genügend Erfahrungen aus den Pseudo-Customer-Projekten vorliegen, könnten außerdem Qualitätskriterien für Beratungsantworten in konsensfähigen und wirklich aussagekräftigen Standardsituationen definiert werden.

Solche Qualitätsindikatoren wären ein enormer Gewinn für das leidige Thema Außendarstellung, aber sie würden auch nach innen wirken und es den Apothekenteams erleichtern, in ihren individuellen Qualitätsmanagementsystemen nachprüfbare Ziele zu formulieren. Qualitätsindikatoren könnten den Apotheken den Zugang zu neuen Versorgungsformen erheblich erleichtern und mit einiger Phantasie sogar zur Grundlage für die Honorierung neuer pharmazeutischer Leistungen werden. Meines Erachtens ist die Zeit reif, diesen Weg zu gehen.

Thomas Müller-Bohn

Erfassung von Qualitätsdaten – oder wie viel Qualität soll's sein?

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