Arzneimittel und Therapie

Neurokinin-Antagonist: Mehr Lebensqualität für Chemotherapie-Patienten durch A

Übelkeit und Erbrechen sind häufige Nebenwirkungen von hoch emetogenen zytostatischen Therapien, die den betroffenen Patienten das Leben zur Qual machen. Das neuen Antiemetikum Aprepitant (Emend®), das zum 1. Dezember in Deutschland eingeführt wurde, kann in der Kombinationstherapie mit Corticosteroiden und 5-HT3- Antagonisten vor diesen Nebenwirkungen schützen, wie aus einer Pressemitteilung von MSD hervorgeht.

Übelkeit und Erbrechen als Nebenwirkungen der Chemotherapie kommen in zwei unterschiedlichen Ausprägungen vor: An der akuten Form (innerhalb von 24 Stunden nach Chemotherapie) leiden die meisten Patienten, die vorher keine antiemetische Therapie erhalten haben. Über verzögerte Übelkeit und Erbrechen klagen immerhin noch etwa die Hälfte der Patienten trotz einer vorangegangenen präventiven Therapie. Aprepitant ist die erste Substanz einer neuen Wirkstoffklasse, welche - in Kombination mit Corticosteroiden und 5-HT3-Antagonisten gegeben - die Patienten sowohl vor der akuten als auch der verzögerten Form schützen kann.

Neurokinin-Rezeptoren vermitteln emetogene Signale

Der exakte Mechanismus des Chemotherapie-induzierten Erbrechens ist nach wie vor unbekannt. Möglich ist eine direkte Stimulation der Chemorezeptoren-Trigger-Zone in der Medulla oblangata. Weiterhin befinden sich Chemorezeptoren im Gastrointestinaltrakt, deren Stimulation durch Zytostatika zu einer Erregung des Nervus vagus führt und so das Brechzentrum aktivieren.

Der Brechreiz kann aber auch durch eine mechanische Dehnung von Magen oder Darm oder durch optische und sensorische Signale sowie psychogene Faktoren ausgelöst werden. Die emetischen Bahnen und das Brechzentrum können durch eine Reihe von Neurotransmittern beeinflusst werden, wie z. B. Dopamin, Serotonin, Histamin, Acetylcholin, Apomorphin, vasoaktives intestinales Polypeptid und die Substanz P.

Für diese Neurotransmitter stehen zahlreiche, zum Teil hochspezifische Rezeptoren zur Verfügung: Dopamin (D2)-, Histamin (H2)-, Serotonin (5-HT)- und Neurokinin (NK1)-Rezeptoren. Substanz P, ein Neuropeptid aus der Tachykininfamilie, scheint in diesem Zusammenhang gerade beim verzögerten Erbrechen eine wichtige Rolle zu spielen: exogen zugeführte Substanz P kann Übelkeit und Erbrechen induzieren. Mit NK1-Antagonisten konnten sogar emetogene Reize moduliert werden, die durch eine Serotonin- oder Dopaminrezeptor-Blockade nicht beeinflussbar waren.

Deutlich mehr Chemotherapie-Patienten ohne Übelkeit und Erbrechen

Aprepitant ist ein selektiver hochaffiner Human-Substanz-P-Neurokinin-1(NK1)-Rezeptorantagonist, dessen hohe antiemetische Wirksamkeit in zwei multinationalen kontrollierten Studien unter Einschluss von 1094 Patienten unter Beweis gestellt werden konnte. In diesen Studien wurde gezeigt, dass die zusätzliche Gabe von Aprepitant die Patienten signifikant besser vor Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen schützt als eine Standardtherapie (5-HT3-Rezeptorantagonist und Corticosteroid) allein.

Unter Cisplatin-haltiger Chemotherapie wurde Aprepitant in Kombination mit einem Ondansetron/Dexamethason-Therapieschema mit der Standardtherapie (Plazebo plus Ondansetron 32 mg i.v. an Tag 1 plus Dexamethason 20 mg oral an Tag 1 und 8 mg oral 2 mal pro Tag an Tag 2 bis 4) verglichen. Die Wirksamkeit wurde auf Basis folgender zusammengesetzter Parameter beurteilt: vollständiges Ansprechen (per Definition keine emetische Episode und keine Notwendigkeit zusätzlicher antiemetischer Therapie) hauptsächlich während des 1. Therapiezyklus.

Die Ergebnisse wurden für jede Studie einzeln und für beide Studien kombiniert ausgewertet. Der Anteil der Patienten mit vollständigem Ansprechen, das heißt Patienten, bei denen kein Erbrechen auftrat und die keine Notfallmedikation benötigten, fiel deutlich höher aus, wenn die Patienten zusätzlich mit Aprepitant behandelt wurden.

Die Ansprechrate auf die antiemetische Therapie erhöhte sich bei der Gabe von Aprepitant um etwa 20%. Bei nahezu drei Viertel aller Patienten (73%) wurde ein Erbrechen vollständig vermieden. Unter der Standardtherapie war dies lediglich bei etwa der Hälfte der Patienten (52%) der Fall. Dabei wirkte Aprepitant sowohl auf das akute (0 bis 24 Stunden nach Chemotherapie) als auch auf das verzögerte (25 bis 120 Stunden nach Chemotherapie) Erbrechen.

Mit 89% vs. 78% (akutes Erbrechen) bzw. 75% vs. 56% (verzögertes Erbrechen) lag die Zahl der kompletten Responder in beiden Fällen deutlich höher als unter der Standardtherapie. Die antiemetische Wirkung von Aprepitant bleibt langfristig auch nach mehreren Chemotherapie-Zyklen erhalten: die Behandlung mit Aprepitant schützt die Patienten auch noch nach sechs Behandlungszyklen wirksam vor den unangenehmen Begleiterscheinungen einer Chemotherapie.

Pharmakokinetische Eigenschaften

Aprepitant zeigt eine nicht lineare Pharmakokinetik. Sowohl Clearance als auch absolute Bioverfügbarkeit nehmen mit steigender Dosis ab. Die mittlere absolute orale Bioverfügbarkeit von Aprepitant beträgt ca. 67% für die 80 mg Kapsel und 59% für die 125 mg Kapsel. Die mittlere Spitzenplasmakonzentration von Aprepitant trat nach etwa vier Stunden auf. Die orale Anwendung einer Kapsel in Verbindung mit einem standardisierten 800 Kcal Frühstück führte zu einer Zunahme von bis zu 40% der AUC von Aprepitant. Diese Zunahme wird als nicht klinisch relevant angesehen. Daher kann Aprepitant unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Aprepitant (125 mg) wird am Tag 1 eine Stunde vor der Chemotherapie eingenommen, jeweils eine weitere Tablette (80 mg) folgt an den beiden Tagen nach der Chemotherapie.

Aprepitant wird weitgehend metabolisiert. Im menschlichen Plasma wurden zwölf Aprepitant-Metaboliten identifiziert. Die Metabolisierung erfolgt zum großen Teil über Oxidation am Morpholinring und an seinen Seitenketten, wobei die entstehenden Metaboliten nur schwach aktiv sind. In-vitro-Studien mit menschlichen Lebermikrosomen ergaben, dass Aprepitant hauptsächlich über CYP3A4 und möglicherweise geringfügig über CYP1A2 und CYP2C19 metabolisiert wird. In unveränderter Form wird Aprepitant nicht mit dem Urin ausgeschieden, Metaboliten werden biliär, über die Fäzes oder mit dem Urin ausgeschieden.

Die Unbedenklichkeit von Aprepitant wurde an ca. 3300 Personen untersucht. Klinische unerwünschte Ereignisse, die von den Prüfärzten als arzneimittelbedingt erachtet wurden, wurden bei ca. 17% der Patienten unter Aprepitant-Therapieschema im Vergleich zu 13% der Patienten unter Standardtherapie berichtet.

Aprepitant wurde von 0,6% der Patienten aufgrund von Nebenwirkungen abgesetzt; im Vergleich dazu wurde die Standardtherapie von 0,4% der Patienten aus diesem Grund beendet. Die häufigsten Nebenwirkungen, die bei Patienten unter Aprepitant-Therapie mit einer höheren Inzidenz als unter Standardtherapie berichtet wurden, waren: Schluckauf (4,6%), Müdigkeit/Abgeschlagenheit (2,9%), Konstipation (2,2%), Kopfschmerzen (2,2%) und Appetitlosigkeit (2,0%).

Literatur

Pressemitteilung der MSD Sharp &Dohme GmbH, Haar. Fachinformation Emend®; Stand: November 2003.

Übelkeit und Erbrechen sind häufige Nebenwirkungen von hoch emetogenen zytostatischen Therapien, die den betroffenen Patienten das Leben zur Qual machen. Das neuen Antiemetikum Aprepitant (Emend), das zum 1. Dezember in Deutschland eingeführt wurde, kann in der Kombinationstherapie mit Corticosteroiden und 5-HT3-Antagonisten vor diesen Nebenwirkungen schützen. Es ist der erste Vertreter der Klasse der Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten.

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