Onkologie

Gegen den Schwall

Annette Junker | Chemotherapie (CT)-induzierte Übelkeit und CT-induziertes Erbrechen waren ein großes Problem in den Anfängen der systemischen Chemotherapie. Inzwischen scheint dieses Problem vielen in der Onkologie beschäftigten Berufsgruppen durch potente Arzneimittel weitestgehend gelöst zu sein. Aber ein optimales Management in der Anwendung des zur Verfügung stehenden Arsenals an Medikamenten und weitere Fortschritte scheinen noch nicht überall und nachhaltig berücksichtigt zu werden. Die Problematik wird leider immer noch unterschätzt. Dabei schränken eine ständig zermürbende Übelkeit und das plötzliche schwallartige, kräftezehrende Erbrechen erheblich die Lebensqualität der Patienten ein und führen oft zum Abbrechen einer Chemotherapie.
Suche nach einer optimalen Therapie Werden die heute zur Verfügung stehenden Wirkstoffe und therapiebegleitenden Maßnahmen individuell abgestimmt präventiv oder direkt beim erstenAnzeichen von Übelkeit eingesetzt, sollte das Erbrechen ausbleiben. Falls Patienten das Gefühl haben, nicht ausreichend versorgt zu sein, sollten sie motiviert werden, das beim nächsten Gespräch mit ihrem Arzt unbedingt offensiv anzusprechen.  Foto: JPC-Prod – Fotolia.com

Die Gründe für eine unzureichende antiemetische Therapie im Rahmen einer Chemo- oder Strahlentherapie sind unterschiedlich: nicht ausreichende Kenntnisse der Ärzte, fehlende Erfassung der Rückmeldung von ambulant versorgten Patienten und fehlende Anstrengungen, Regeln für ein effektives Management im eigenen Zuständigkeitsbereich aufzustellen. Nur wenn diese Nebenwirkungen als unumgängliche Folgen der Therapien angesehen werden, kann einem umfassenden supportiven Management der notwendige Raum gewährt werden. Und erst wenn den Auswirkungen von Übelkeit und Erbrechen auf jeden individuellen Patienten eine angemessene Aufmerksamkeit geschenkt wird, kann auch für jeden einzelnen Patienten ein optimaler Erhalt der Lebensqualität während einer antineoplastischen Therapie sichergestellt werden [1].

Grenzen der praktizierten Präventionsstrategien von CT-induzierter Übelkeit/Erbrechen

Wenn auch in den letzten Jahren deutliche Fortschritte in der Bekämpfung von Chemotherapie (CT)-induzierter Übelkeit und Erbrechen zu verzeichnen sind, so wird im Alltag deren Inzidenz und Prävalenz unterschätzt, was die Effektivität einer umfassenden supportiven Kontrolle mindert. Die Missverständnisse beginnen mit der üblichen Einteilung der Emetogenität von Zytostatika in solche mit starker, moderater, geringer und sehr geringer Emetogenität. Tabelle 1 zeigt einige viel verwendete, intravenöse Zytostatika, klassifiziert nach ihrem emetogenen Risiko. Die weite Spanne der Häufigkeiten innerhalb dieser Kategorien, so z. B. bei moderat emetogener Chemotherapie, die mit einem Risiko von 30% bis 90% definiert wird, spiegelt die große Variabilität wider, die in diesem System der Interpretation von Emetogenität einer Chemotherapie noch herrscht. Dazu kommt, dass in diesem Grading-System nur die akute Emetogenität einer Substanz bei einer einmaligen intravenösen Bolus-Dosis innerhalb von 24 Stunden ohne Kombination mit anderen Zytostatika und ohne Antiemetika beschrieben wird. Modifizierende Faktoren wie verzögerte Übelkeit/Erbrechen, antizipatorische Übelkeit/Erbrechen, die Möglichkeit von längerdauernden Infusionen, geteilte CT-Dosierungen oder die Art der Applikation sind hierin nicht berücksichtigt. So wirkt eine Einzeldosis eines oralen Zytostatikums möglicherweise weniger stark emetogen als die i.v. Applikation, aber gerade in oralen Therapieregimen wird über mehrere Tage hintereinander dosiert, was sich wieder negativ auswirken könnte.

Fast noch wichtiger ist die Beurteilung der Quellen zur Emetogenitäts-Klassifizierung selber. So stammen diese vielfach aus Phase-I-Studien, in denen die Dosis-limitierende Toxizität des neuen Medikaments ermittelt wird. Hier kann es zu Über- oder auch Unterschätzung der Emetogenität gekommen sein, zumal die Anwendung von Antiemetika nicht standardisiert war.

Ein Problem bei der Erfassung von Übelkeit und Erbrechen ist die teilweise Behandlung der Patienten im stationären bzw. ambulanten Setting. Während die Patienten oft am ersten Tag in der Klinik noch direkt von Arzt und Pflegepersonal beobachtet und befragt werden, beginnt an den folgenden Tagen zu Hause eine Zeit der eher ungenauen Erfassung der Symptome. Diese werden potenziell nicht regelmäßig protokolliert, vom Patienten minimiert, weil er dem Arzt gegenüber Stärke zeigen möchte, oder sind ganz einfach vergessen, wenn der Patient nach der Therapiepause zurück in die Klinik kommt.

Chemotherapie-induzierte Übelkeit/Erbrechen


Es werden drei Formen von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen unterschieden:

  • Akute Übelkeit und akutes Erbrechen treten innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn der Chemotherapie auf. Für dieses frühe Erbrechen wird die Freisetzung von Serotonin aus den enterochromaffinen Zellen des Darms verantwortlich gemacht. 5-Hydroxytryptamin-Rezeptor-Antagonisten vom Subtyp 3 (5-HT3-Rezeptor-Antagonisten) wie Granisetron (Kevatril®), Ondansetron (Zofran®), Palonosetron (Aloxi®) und Tropisetron (Navoban®) können deutlich die Häufigkeit des Früherbrechens vermindern.

  • Verzögert auftretende Übelkeit und verzögert auftretendes Erbrechen beginnen frühestens 24 Stunden nach Beginn der Chemotherapie und sind üblicherweise am 2. und 3. Tag am stärksten. Diese Form kann auch nach Ende der Chemotherapie mehrere Tage lang anhalten. Ein wichtiger Mediator des verzögerten Erbrechens ist die Substanz P. Deshalb wirken 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten beim verzögerten Erbrechen nicht. Dagegen sind Neurokinin1-Rezeptor-Antagonisten wie Aprepitant (Emend®) bzw. Fosaprepitant (Ivemend®) vor allem gegen verzögert auftretende Übelkeit und Erbrechen wirksam.

  • Antizipatorische Übelkeit und antizipatorisches Erbrechen treten vor Beginn der Chemotherapie als klassische Konditionierung nach vorausgegangenen Episoden von akutem oder verzögertem Erbrechen auf. Antizipatorische Übelkeit und antizipatorisches Erbrechen sind medikamentös nicht gut behandelbar, das Risiko nimmt mit der Zahl der Chemotherapiezyklen zu. Wurde akute bzw. verzögerte Übelkeit und Erbrechen bei vorausgegangenen Chemotherapien erfolgreich verhindert, so treten antizipatorische Übelkeit und Erbrechen sehr selten auf.

Kann die Prävention von CT-induzierter Übelkeit/Erbrechen noch weiter optimiert werden?

In diesem Zusammenhang sollten vielleicht auch grundsätzliche Dinge noch einmal infrage gestellt werden, so nämlich ob es richtig ist, dass Übelkeit und Erbrechen immer in einem Atemzug genannt und gleich präventiv angegangen werden sollten. Schließlich handelt es sich nicht um das gleiche sondern zwei unterschiedliche Phänomene. Lange wurde vermutet, dass die Übelkeit nur das Frühsymptom des Erbrechens wäre und dass Medikamente, die die Übelkeit bekämpfen auch das Erbrechen verhindern könnten. In Wahrheit ist aber das Erbrechen ein objektiver Endpunkt, nämlich der Auswurf von Mageninhalt, während die Übelkeit ein subjektiver Endpunkt ist, der schwerer zu lokalisieren ist. Eben weil die Übelkeit subjektiv ist, ist es auch hier sehr viel schwerer, sie mithilfe von Tiermodellen nachzuempfinden und damit die Wirksamkeit potenzieller Arzneimittel zu quantifizieren. So ist es durchaus möglich, dass Neurotransmitter-Signalwege, die die Übelkeit einerseits und das Erbrechen andererseits kontrollieren, nicht identisch sind. Die Erforschung dieser Unterschiede könnte die Grundlage für neue spezifische Arzneimittel sein. Zum Beispiel ist auffällig, dass einige Arzneimittel, die deutlich gegen Übelkeit wirken, wie Corticosteroide, Megestrolacetat und Cannabinoide nicht gleichzeitig auch effektiv gegen CT-induziertes Erbrechen sind. Andererseits aber wirken letztgenannte Arzneimittel gegen Anorexie und Kachexie. Möglicherweise ist es für die Entwicklung von neuen Arzneistoffen vielversprechender, nach gemeinsamen Wurzeln für die Entstehung von Übelkeit und Anorexie zu suchen als nach einer gemeinsamen Wurzel für Übelkeit und Erbrechen.

Während des US-amerikanischen Krebskongresses im Juni 2012 wurde resümiert, dass basierend auf der Identifizierung wichtiger Neurotransmitter-Signalwege zwar Fortschritte in der Prävention von CT-induzierter Übelkeit und Erbrechen zu verzeichnen sind. Aber es ist immer noch notwendig, das Ausmaß der Gesamtproblematik voll zu erfassen und auch den Ursprung dieser Probleme noch weiter zu erforschen. Als wichtige Aspekte für die Zukunft wurden die folgenden zusammengefasst:

  • Ein kontinuierliches Symptom-Monitoring während der gesamten Therapie wird empfohlen. Zur bestmöglichen Erfassung der Symptome sollte die Kommunikation mit dem Patienten verbessert werden, z. B. im Einzelfall tägliche Anrufe bei diesem, sobald er ins ambulante Setting entlassen ist.

  • Sowohl in Klinik als auch im ambulanten Setting sollte vom gesamten Personal nach standardisierten Vorgehensweisen zur Prävention von CT-induzierter Übelkeit/Erbrechen gearbeitet werden, z. B. nach den aktualisierten Leitlinien der ASCO (s. u.).

  • Die Signalwege für die Entstehung von Übelkeit und Erbrechen, hervorgerufen durch Chemotherapie oder Strahlentherapie sollten weiter erforscht werden, um dieses Phänomen noch besser verstehen und eventuell bekämpfen zu können.

Aktualisierte Leitlinien der amerikanischen Krebsgesellschaft

Im Jahr 2011 aktualisierte die amerikanische Krebsgesellschaft ihre Guidelines für den Einsatz von Antiemetika in der Onkologie. Das Update beruhte auf einem systematischen Review der medizinischen Literatur. In diese Literaturrecherche wurden 271 Publikationen einbezogen, die in Medline zu finden sind oder bei Kongressen der Multinational Association of Supportive Care in Cancer (MASCC) oder der ASCO vorgestellt wurden. Außerdem wurde die elektronische Datenbank der Cochrane Collaboration systematisch nach den Schlagwörtern "vomiting", "emesis" und "nausea" durchsucht. Im Folgenden werden die wichtigsten Inhalte der aktualisierten Leitlinien zusammengefasst, die auch während der ASCO-Jahrestagung 2012 noch einmal präsentiert wurden, und vollständig auf der ASCO-Homepage zu finden sind [2, 3].

Grundlegende Änderungen seit dem Update von 2006

  • Die Kombination aus Anthracyclinen und Cyclophosphamid wird wieder als hochemetogen zurück klassifiziert.

  • Patienten, die diese Kombination oder andere hoch emetogene Chemotherapie-Protokolle bekommen, sollten eine Dreifachkombination aus 5-HT3-Antagonist, Dexamethason und einem Neurokininrezeptor-Antagonisten erhalten.

  • Fosaprepitant als einmalige intravenöse Formulierung konnte in einer großen, validierten Studie seine Äquivalenz zu Aprepitant beweisen. Die beiden Therapien sind gleichwertig.

  • Für Regime mit moderatem emetogenen Risiko wird der Gebrauch von Palonosetron in Kombination mit Dexamethason empfohlen.

  • Bei Therapien mit niedrig emetogenen Substanzen kann den Patienten vor der ersten Chemotherapie-Dosis Dexamethason gegeben werden.

  • Patienten, die einer hochemetogenen Bestrahlungstherapie unterzogen werden, sollten vor jeder Bestrahlungsfraktion einen 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten bekommen und noch einmal für 24 Stunden nach der Behandlung. Außerdem kann erwogen werden, dem Patienten während der Fraktionen 1 bis 5 eine Fünf-Tagestherapie mit Dexamethason zukommen zu lassen.

  • In jedem Fall sollte während der gesamten Therapiezeit ein kontinuierliches Symptom-Monitoring durchgeführt werden. Besonders die Inzidenz von Übelkeit wird oft unterschätzt, unter anderem, weil sie nicht so sorgfältig monitorisiert wird wie Erbrechen.

Präventionen von durch Chemotherapie induzierter Übelkeit und Erbrechen

Tabelle 2 gibt Dosierungen der Antiemetika wieder, so wie sie in den ASCO-Leitlinien für die Prophylaxe von CINV empfohlen werden. Bei hochemetogenen Zytostatika sollte zur Prävention von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen (CINV) die Dreierkombination aus NK1 Rezeptor-Antagonist, 5-HT3-Rezeptor-Antagonist und Dexamethason eingesetzt werden. Bei Verwendung des oralen NK1-Rezeptor-Antagonisten Aprepitant muss dieser an den Tagen 1 bis 3 gegeben werden. Bei dem parenteralen Fosaprepitant reicht eine Einmaldosierung am Tag 1, ebenso wie bei dem 5-HT3-Antagonisten, der nur an Tag 1 notwendig ist. Dexamethason wiederum sollte 1 bis 3 oder sogar 1 bis 4 Tage verordnet werden. Die in Tabelle 2 angegebenen Dexamethason-Dosierungen werden für Patienten empfohlen, die das gesamte antiemetische Regime aus drei Substanzen bekommen. Bei Patienten, die keinen NK1-Inhibitor erhalten, sollte die Dexamethason-Dosis auf 20 mg am Tag 1 und 16 mg an den Tagen 2 bis 4 adjustiert werden.

Zur CINV-Prävention bei moderat emetogenen Substanzen sollte gemäß der ASCO-Leitlinien die Zweierkombination aus Palonosetron (nur an Tag 1), und Dexamethason an den Tagen 1 bis 3 eingesetzt werden. Falls Palonosetron nicht zur Verfügung steht, sollte es durch 5-HT3-Antagonisten der ersten Generation wie Granisetron oder Ondansetron ersetzt werden.

Es gibt wenig validierte Daten über den zusätzlichen Einsatz von NK1-Antagonisten bei moderat emetogenen Schemata. Falls es aus Sicherheitsgründen eingesetzt werden sollte, ist es laut der Leitlinien egal, mit welchem 5-HT3-Antagonisten dann kombiniert wird. Ärzte, die auch hier einen NK1-Antagonisten einsetzen, sollten den entsprechenden Dosierungen wie bei hochemetogenem Risiko folgen (s. Tab. 2). Wichtig ist dann aber, dass Corticosteroide nur an Tag 1 nötig sind, die Dexamethason-Dosierung würde 12 mg betragen.

Bei wenig emetogenen Substanzen ist eine Einmaldosis von Dexamethason 8 mg vor der Chemotherapie ausreichend.

Bei minimal emetogenen Substanzen muss routinemäßig kein Antiemetikum vor oder nach der Chemotherapie gegeben werden.

Bei Kombinations-Therapieprotokollen sollten Antiemetika entsprechend der Substanz eingesetzt werden, die das höchste emetogene Potenzial aufweist. Anthracyclin-Cyclophosphamid-Kombinationen werden jetzt als hoch emetogen eingestuft.

Erfolgt die Chemotherapie über mehrere Tage, muss zunächst das Risiko der einzelnen Bestandteile ermittelt werden. Die Patienten sollten dann täglich und noch weitere zwei Tage länger als die Chemotherapie die antiemetische Substanz erhalten, die dem höchsten Risiko entspricht. Patienten, die über fünf Tage mit Cisplatin-Regimen behandelt werden, sollten während der gesamten Zeit 5-HT3-Antagonisten, Dexamethason und Aprepitant erhalten. Eine Alternative für die oben genannte tägliche Einnahme von 5-HT3-Antagonisten ist das transdermale Granisetron-Pflaster, das den Wirkstoff über mehrere Tage freigibt. Am 8. Mai 2012 hat auch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) Granisetron als transdermales therapeutisches System zugelassen. Der Zulassungsantrag stammt von der britischen Firma ProStraken, und das Pflaster wurde unter dem Namen Sancuso® zugelassen. Jedes transdermale Pflaster mit 52 cm2 Fläche enthält 34,3 mg Granisetron und setzt 3,1 mg Granisetron in 24 Stunden frei. Aufgrund des länger dauernden Anstiegs der Granisetron-Plasmaspiegel und damit einem langsameren Wirkungseintritt im Vergleich zu 2 mg Granisetron oral, sollte das Pflaster 24 bis 48 Stunden vor der Chemotherapie appliziert werden. Es sollte frühestens 24 Stunden nach Abschluss der Chemotherapie entfernt werden und kann bis zu sieben Tage lang getragen werden. Zur Vermeidung einer unnötigen Granisetron-Exposition des Patienten soll das transdermale Pflaster im Anschluss an eine routinemäßige Blutkontrolle nur dann appliziert werden, wenn nicht mit einer Verzögerung der chemotherapeutischen Behandlung zu rechnen ist.

Bei Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation werden 5-HT3-Antagonisten plus Dexamethason empfohlen. Der Einsatz von Aprepitant sollte erwogen werden, auch wenn diesbezüglich noch keine evidenten Daten vorliegen.

Unterstützende Arzneimittel wie Lorazepam und Diphenhydramin können die Wirkung von Antiemetika wirksam verstärken, werden aber nicht als Monotherapie empfohlen.

Da zurzeit keine publizierten, randomisierten Daten vorliegen, die für eine Integration von komplementärer Medizin sprechen, fand diese keinen Eingang in die ASCO-Empfehlungen.

Bei Kindern, die Chemotherapie-Protokolle mit hohem oder moderatem emetogenem Risiko bekommen, wird eine Kombination aus 5-HT3-Antagonist + Corticosteroid empfohlen. Wegen von Erwachsenen abweichender pharmakokinetischer Parameter ist möglicherweise die Dosis des 5-HT3-Antagonisten entsprechend zu erhöhen.

Falls Emesis und Nausea trotz optimaler Prophylaxe aufgetreten sind, sollten in der Klinik zunächst emetogenes Risiko, Krankheitsstatus und Medikation erneut evaluiert und sichergestellt werden, dass das beste antiemetische Regime verwendet wird. Darüber hinaus kann erwogen werden, ob dem antiemetischen Regime eventuell Lorazepam, Alprazolam, ein Dopamin-Antagonist oder Olanzapin hinzugefügt wird. Außerdem kann getestet werden, ob ein Ersatz des 5-HT3-Antagonisten in dem antiemetischen Regime durch hochdosiertes Metoclopramid zu einer besseren Symptomkontrolle führt.

Um antizipatorische Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden, muss bereits bei der ersten Chemotherapie das aktivste antiemetogene Regime eingesetzt werden. Falls trotzdem CT-induzierte Emesis und Nausea auftreten, können Verhaltenstherapien mit systematischer Desensibilisierung hilfreich sein.

Tipps für Patienten


  • Nehmen Sie nur leichte fettarme Mahlzeiten zu sich, lieber mehrere kleine über den Tag verteilt.

  • Damit keine Verknüpfung von Chemotherapie mit bestimmten Lebensmitteln zustande kommt, sollten Sie vor einer Chemotherapie unterschiedliche Speisen und Getränke zu sich nehmen.

  • Damit während der Therapie nicht stark riechende Speisen gekocht werden müssen, sollten Sie im Voraus planen, was Sie gerne essen und vorkochen.

  • Wenn Ihnen übel ist oder Sie gerade erbrochen haben, sollten Sie nicht essen oder trinken, halten Sie am besten einen Abstand von vier bis sechs Stunden ein, bevor Sie wieder feste Nahrung zu sich nehmen.

  • Lutschen Sie Eiswürfel oder gefrorene Fruchtstückchen, um den Speichelfluss anzuregen und den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

  • Sorgen Sie für angenehme Düfte im direkten Umfeld und meiden Sie süßliche, stark duftende Parfüme und Körperpflegemittel. Lüften Sie nach dem Essen die Wohnung!

  • Wenn ein Übelkeitsgefühl aufkommt, versuchen Sie langsam ein- und auszuatmen.

  • Entspannungsübungen wie autogenes Training oder Yoga können dazu beitragen, die Übelkeit zu verringern.

Prävention von durch Bestrahlung induzierter Übelkeit und Erbrechen (RINV)

Die Risiko-Klassifizierung der Emetogenität, die durch unterschiedliche Bestrahlungen hervorgerufen wird, zeigt die Tabelle 3. Bei einem hohen Risiko wird empfohlen, einen 5-HT3-Antagonisten vor jeder Bestrahlungsfraktion und für mindestens 24 h nach der Beendigung der Radiotherapie einzusetzen. Granisetron und Ondansetron sind die vom Update-Komitee bevorzugten Arzneimittel. Für Palonosetron liegen bisher keine Daten für eine angemessene Dosierung für dieses Setting vor. Wenn Palonosetron eingesetzt werden soll, schlägt das Update-Komitee eine Palonosetron-Dosierung jeden zweiten oder dritten Tag vor. Die Patienten sollten außerdem vor den Fraktionen 1 bis 5 fünf Tage lang Dexamethason erhalten.

Bei moderatem Risiko sollten ebenfalls über die gesamte Zeit der Radiotherapie 5-HT3-Antagonisten vor jeder Bestrahlungsfraktion gegeben werden. Auch hier sind Granisetron und Ondansetron die vom Update-Komitee bevorzugten Arzneimittel. Im Gegensatz zum hohen Risiko kann hier auf eine Medikation nach dem letzten Bestrahlungstag verzichtet werden, ebenso wie auf die Verordnung von Dexamethason vor den Fraktionen 1 bis 5, die jetzt nur noch als optional bewertet wird.

Bei einem geringen Risiko werden 5-HT3-Antagonisten allein entweder als Prophylaxe oder als Rescue-Therapie empfohlen. Dabei sind alle oben genannten Arzneimittel akzeptiert, aber auch hier sind die präferierten Optionen zu beachten. Patienten, die durch Bestrahlung induzierte Übelkeit und Erbrechen erfahren haben und daraufhin die Rescue-Therapie benötigten, sollten während der gesamten weiteren Bestrahlungstherapie prophylaktisch 5-HT3-Antagonisten bekommen.

Bei minimalem Risiko sollte eine Rescue-Therapie mit entweder Dopamin-Antagonisten oder 5-HT3-Antagonisten vorgehalten werden, wobei bei den 5-HT3-Antagonisten wiederum die präferierten Optionen zu beachten sind.

Wenn die Rescue-Therapie benötigt wird, sollte eine Prophylaxe bis zum Ende der Strahlentherapie durchgeführt werden.

Bei kombinierten Radio-/Chemotherapie-Protokollen sollte die Prophylaxe der Emetogenität der Chemotherapie angepasst werden, es sei denn das emetogene Risiko der Bestrahlung ist höher.

Tabelle 4 gibt Antiemetika-Dosierungen wieder, so wie sie für die Prophylaxe von durch Bestrahlung induzierter Übelkeit und Erbrechen empfohlen werden.


Quelle

[1] Grunberg, SM: Chemotherapy-Induced Nausea and Vomiting, Incidence and Prevalence. Educational Session, Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, 2012, Chicago.

[2] Basch, E, Prestrud AA, Hesketh PJ, Kris M, Somerfield MR, Lyman G: Antiemetic Use in Oncology: Updated Guideline Recommendations from ASCO. Educational Session, Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, 2012, Chicago.

[3] www.asco.org/guidelines/antiemetics.


Apothekerin Dr. Annette Junker



DAZ 2012, Nr. 47, S. 68

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