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Universität Freiburg: Botanische Exkursion nach Katalonien

Vom 9. bis 14. Juni 2003 veranstaltete das Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Freiburg im Rahmen des Praktikums "Bestimmungsübungen" eine botanische Exkursion nach Katalonien. Die Leitung hatten Prof. Dr. Irmgard Merfort, Dr. Dominica Willmann sowie Prof. Dr. Andreas Bechthold. Standort war Les Preses in der Nähe von Olot, am Fuß der Pyrenäen und nicht weit vom Mittelmeer.

Umgebung von Olot

Die erste Tagesexkursion führte durch Wirtschaftswiesen, Trockenrasen, Trockenmauern sowie Eichenwälder. Die immergrünen Steineichen (Quercus ilex) bilden in Katalonien – wie im gesamten Mittelmeerraum – nur noch selten geschlossene Wälder, sind aber oft in anderen Gesellschaften zu finden.

Als weitere immergrüne Gehölze seien hier erwähnt: der Buchsbaum (Buxus sempervirens), der sich auch als Gartenpflanze großer Beliebtheit erfreut, und der Mäusedorn (Ruscus aculeatus), der durch leuchtend rote Beeren auffällt und ebenfalls als Zierpflanze kultiviert wird, da seine abgeschnittenen Flachsprosse lange ihre dunkelgrüne Farbe behalten und deshalb oft in Trockensträußen verarbeitet werden.

Aber auch pharmazeutisch ist der mit dem Spargel verwandte Mäusedorn relevant, denn seine Extrakte sind in einigen Fertigarzneimitteln gegen chronisch venöse Insuffizienz und Hämorrhoiden enthalten; als Wirkstoffe gelten Saponine wie Ruscin und Ruscosid.

Auch die Wiesen vor und entlang des steilen Aufstiegs von etwa 500 auf 1000 m ü. M. konnten mit einigen Arznei- und Nahrungspflanzen aufwarten:

  • Gewöhnlicher Baldrian (Valeriana officinalis), dessen Wurzeldroge Valerianae radix als mildes Sedativum geschätzt wird, neben anderen Baldrianarten wie Valeriana montana, V. pratensis und V. repens.

  • Ätherisch-Öl-haltige Lamiaceen wie Salbei (Salvia officinalis), Rosmarin (Rosmarinus officinalis) und echter Thymian (Thymus vulgaris), die schon seit dem Altertum bekannt und beliebt sind, nicht nur in Medizin und Volksheilkunde, sondern insbesondere in der Küche, wo sie Speisen schmackhaft und durch ihre verdauungsfördernde Wirkung bekömmlicher machen.

  • Tüpfeljohanniskraut (Hypericum perforatum), das ebenfalls ätherisches Öl enthält, doch sind für seine Wirksamkeit gegen mittelschwere Depressionen hauptsächlich die drei Komponenten Hypericine, Hyperforin und Flavonoide verantwortlich. (Wir fanden auch Mannsblut Hypericum androsaemum, das mit seiner strauchigen Wuchsform eher repräsentativ für die Gattung ist.)

  • Feigenbäume (Ficus carica), deren Wildform vermutlich aus Vorderasien stammt und schon im Altertum im ganzen Mittelmeergebiet Verbreitung fand; die Feigen sind im botanischen Sinne keine Früchte, sondern Fruchtstände.

  • Lorbeer (Laurus nobilis), dessen Blätter in der Küche geschätzt sind, kommt schon in der griechischen Mythologie vor: Die Nymphe Daphne soll auf der Flucht vor Apoll in einen Lorbeerbaum verwandelt worden sein (der Name "Daphne" wurde später vom Lorbeer auf den Seidelbast übertragen, s. u.).

    Ein Kontrast zu den würzigen Pflanzen bildete der nach Teer riechende und vor allem an Brach- und Ruderalstellen gedeihende Asphaltklee (Bituminaria syn. Psoralea bituminosa).

    Auf einem Trockenrasen wuchsen einige Orchideenarten wie Bienenragwurz (Ophrys apifera), Große Händelwurz (Gymnadenia conopsea) sowie Grünliche und Weiße Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha, P. bifolia); der Glanzpunkt des Tages war jedoch der Fund des Felsentellers (Ramonda myconi) aus der Familie Gesneriaceae, die außerhalb der Tropen nur mit sehr wenigen Arten vorkommt.

    Vall de Llierca

    Der zweite Exkursionstag führte etwa 20 Kilometer nordöstlich von Olot nahe Sadernes in das Tal Vall de Llierca, das 300 bis 500 m hoch liegt. Von der mediterranen Hartlaubwald- und Macchien-Vegetation seien folgende Gehölze genannt:

  • Mastixstrauch (Pistacia lentiscus), der früher zur Harzgewinnung diente. Resina Mastix wird zwar noch in Ph. Helv. und ÖAB geführt, spielt aber als Klebemittel für Verbände praktisch kaum noch eine Rolle; dagegen wird Mastix im Orient zur Bereitung des Schnapses Raki genutzt.

  • Pfriemginster (Spartium junceum), dessen biegsame Zweige früher zum Flechten von Körben genutzt wurden; wie sein Verwandter, der Besenginster, enthält er das giftige Alkaloid Spartein.

  • Baum-Heide (Erica arborea), deren Holz in Frankreich zur Herstellung der so genannten BruyŹre-Pfeifen (frz. BruyŹre = Heide) genutzt wird.

    An Kräutern sahen wir u. a. drei Verwandte des offizinellen Leins Linum usitatissimum, der eine Kulturform darstellt und zur Faser- und Ölgewinnung sowie als Abführdroge genutzt wird: Stauden-Lein (Linum perenne), Zarter Lein (L. tenuifolium) und L. trigynum.

    Von den Enziangewächsen sei hier neben dem Durchwachsenblättrigen Bitterling (Blackstonia perfoliata) das Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea) erwähnt, das Bitterstoffe enthält und ähnlich wie die Enzianwurzel (s. u.) angewandt werden kann.

    Die Wegwarte (Cichorium intybus) aus der Familie der Asteraceae stellt die Wildform des Chicorée dar. Vertreter der Lamiaceen waren der Schopf-Lavendel (Lavandula stoechas) sowie der schon erwähnte Rosmarin. Der Fenchel (Foeniculum vulgare), der in der Küche als Gewürz oder als Gemüse benutzt wird, dient wegen seines Gehalts an ätherischem Öl auch als Karminativum.

    Auch die Orchideenfreunde kamen nicht zu kurz. Sie konnten u. a. das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra), die Braunrote Sitter (Epipactis atrorubens) oder den Ohnsporn (Aceras anthropophorum), der wegen seiner einer Menschengestalt ähnelnden Blüte auch Puppenorchis genannt wird, näher betrachten.

    Schließlich besuchten wir noch den Vulkan Santa Margarida inmitten des Naturparks La Garrotxa, wo heute Buchenwald über Vulkangestein zu sehen ist – der letzte Ausbruch liegt etwa 11 500 Jahre zurück.

    Mittelmeerküste

    Die dritte Wanderung führte an der Mittelmeerküste bei Port Lligat entlang. Während der Fahrt dorthin sahen wir auf dem terrassierten Boden Ölbäume (Olea europaea), eine der ältesten und langlebigsten Kulturpflanzen des Menschen, und Korkeichen (Quercus suber). Am Wegrand wuchsen u. a. die zu den Malvengewächsen gehörende Baumförmige Strauchpappel (Lavatera arborea) sowie der aus Südamerika stammende Blaugrüne Tabak (Nicotiana glauca) mit seinen auffälligen gelben Blüten. An Kiefern waren neben Pinus sylvestris die Schwarzkiefer (Pinus nigra) und die Aleppo-Kiefer (Pinus halepensis) zu sehen.

    Auf dem steinigen, trockenen Untergrund an der Küste wachsen niedrige Zwergsträucher und Kräuter mit meist ledrigen und in der Regel kleinen, oftmals dornigen Blättern; sie bilden die Vegetation der Garrigue und der Macchie.

    Typische Arten sind

  • Gemeiner Wacholder (Juniperus communis), dessen ätherisches Öl sowohl diuretische Wirkung besitzt als auch in Einreibungen gegen Gicht und Rheuma verwendet wird, und Phönizischer Wacholder (J. phoenicea),

  • Dornige Hauhechel (Ononis spinosa), deren Wurzel als Teedroge mit guter diuretischer Wirkung genutzt wird und im Gegensatz zu den Wacholderbeeren keine nierenschädigende Nebenwirkung besitzt,

  • der zu den Doldenblütlern zählende Echte Ammei (Ammi visnaga), dessen Früchte Khellin und Visnadin enthalten, die für die krampflösende und koronargefäßerweiternde Wirkung der Droge verantwortlich sind,

  • die Lamiaceen Schopf- und Gezähnter Lavendel (Lavandula stoechas und L. dentata) sowie Rosmarin,

  • Stechender Spargel (Asparagus acutifolius), ein kleiner, oft wirr verzweigter Strauch, dessen junge grüne Sprossen im Frühjahr gesammelt und gegessen werden,

  • die Weißliche, die Französische und die Salbeiblättrige Zistrose (Cistus albidus, C. monspeliensis und C. salviifolius) sowie

  • das dank seiner auffallend großen Ährchen schön anzuschauende Große Zittergras (Briza maxima).

    Ideal an die Trockenheit angepasst sind die Sukkulenten, z. B.

  • der Feigenkaktus (Opuntia ficus-indica), eine aus dem tropischen Amerika stammende Kaktee, die essbare Früchte trägt,

  • die Seifen-Aloe (Aloe maculata) sowie

  • die Agave (Agave americana), die erst nach 10 bis 15 Lebensjahren einen bis 8 m hohen Blütenspross mit großem rispigem wohlriechendem Blütenstand bildet. Nach der Fruchtreife stirbt die Pflanze ab. Heimisch ist sie in Mexiko, seit dem 16. Jahrhundert aber im Mittelmeerraum eingebürgert.

    Pyrenäenflora

    Der vierte Tag führte zum Höhepunkt unserer Exkursion, in die Pyrenäen. Mit der Zahnradbahn ging es hinauf zum knapp 2000 m hoch gelegenen Gebirgstal Vall de Núria mit einem herrlich gelegenen Bergsee. Von dort stiegen wir zur Mittelstation ab. Die Pflanzenliste dieses Tages ist mehrere Seiten lang, hier kann nur eine kleine Auswahl präsentiert werden.

    Auf den Bergwiesen waren gleich mehrere Enziangewächse zu sehen, darunter Koch'scher Enzian (Gentiana acaulis), Pyrenäen-Enzian (G. pyrenaica), Frühlings-Enzian (G. verna) sowie der pharmazeutisch interessante Gelbe Enzian (G. lutea), dessen Wurzel stark bittere Iridoidglykoside enthält. Die Anwendung erfolgt in vielen Fertigarzneimitteln oder auch als Enzianschnaps bei Verdauungsstörungen und Appetitlosigkeit.

    In voller Blütenpracht zu bewundern war die Rostblättrige Alpenrose (Rhododendron ferrugineum) und als weiterer Vertreter der Heidekrautgewächse mit weniger auffälligen Blüten die Bärentaube (Arctostaphylos uva-ursi). Getrunken als Tee besitzen die Blätter eine harndesinfizierende, antibakterielle Wirkung.

    Die interessantesten Vertreter aus der Familie der Hahnenfußgewächse waren die Trollblume (Trollius europaeus) mit ihren leuchtend zitronengelben, kugelig geschlossenen Blüten, die ebenfalls gelb blühende Schwefel-Anemone (Pulsatilla alpina ssp. apiifolia) und die Akeleiblättrige Wiesenraute (Thalictrum aquilegifolium), bei der dem Betrachter sofort die langen rosafarbenen Staubblattbüschel auffallen.

    Sogar eine fleischfressende Pflanze, das Gewöhnliche Fettkraut (Pinguicula vulgaris), konnten uns unsere Betreuer zeigen. Gleich daneben blühte der Alpenhelm (Bartsia alpina). Erwähnenswert, da typisch für die montane und subalpine Stufe, sind auch die angetroffenen Vertreter aus der Familie der Steinbrechgewächse. Dazu gehören der Bewimperte Steinbrech (Saxifraga aizoides), eine ebenfalls für Quellfluren typische Art, die beiden auf Felsen wachsenden Arten Rauer Steinbrech und Trauben-Steinbrech (S. aspera, S. paniculata) sowie der Knöllchen-Steinbrech (S. granulata).

    Aus der Familie der Thymelaeaceae (Seidelbastgewächse) fanden sich die folgenden vier für die kolline bis zur subalpinen Stufe typischen Vertreter: Spatzenzunge (Thymelaea dioica), Lorbeerseidelbast (Daphne laureola), Flaumiger und Gemeiner Seidelbast (D. cneorum, D. mezereum).

    Alle Daphne-Arten sind stark giftig. Sie enthalten hautreizende und kokarzinogene Diterpenester. Des weiteren stehen sämtliche Seidelbastarten in der Bundesrepublik unter Naturschutz.

    Schließlich sei mit Hallers Spitzkiel (Oxytropis halleri) noch ein für das Gebirge typischer Vertreter der Schmetterlingsblütler genannt. Stellvertretend für die Korbblütengewächse stehen das Gemeine Katzenpfötchen (Antennaria dioica) und die Silberdistel (Carlina acaulis).

    Und als ob das bisher Vorgestellte noch nicht genug für eine Tagesexkursion gewesen wäre, durften wir auf dem letzten Teilstück unserer Wanderung noch die Astlose Graslilie (Anthericum liliago), die Weiße Trichterlilie (Paradisea liliastrum) und die wunderbaren gelben Blüten der Pyrenäenlilie (Lilium pyrenaicum), die nicht ohne Grund das Wahrzeichen der Vall de Núria ist, bewundern.

    Der Dank der Exkursionsteilnehmer richtet sich insbesondere an Frau Dr. Dominica Willmann und Frau Prof. Dr. Irmgard Merfort, die durch ihr tatkräftiges Engagement die Exkursion zu einem vollen Erfolg werden ließen.

    Wir danken Frau Dr. Willmann und Herrn Dr. Merfort für die freundliche Bereitstellung der Pflanzenbilder.

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