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Apothekerkammer Hamburg: Erkrankungen der Leber, ihre Ursachen und ihre Therapie

Einen umfassenden Überblick über die Funktionsweise der Leber, ihre Wirkung bei der Biotransformation sowie über Lebererkrankungen und deren Therapie vermittelte ein Fortbildungsnachmittag der Apothekerkammer Hamburg am 21. September. Etwa 150 Teilnehmer erlebten eine spannende und informative Fortbildung, die von Prof. Dr. Thomas Wieland, Mannheim, moderiert wurde.

Physiologie der Leber

Als Einstieg in die komplexe Thematik stellte Prof. Dr. Klaus Mohr, Bonn, die Physiologie der Leber vor. Das größte innere Organ bildet das Stoffwechselzentrum des Organismus und ist zugleich eine Drüse, die die Gallenflüssigkeit sezerniert. In der Fetalzeit ist die Leber der Ort der Blutbildung. Die Pfortader führt der Leber venöses Blut aus Magen, Darm, Milz und Pankreas zu, sodass das Blut jeweils zwei kapillare Strombetten nacheinander passiert. Da dieses Blut arm an Sauerstoff ist, muss die Leber zusätzlich über die Leberarterie versorgt werden. Die Lymphgefäße aus der Leber münden in den Thoraxraum. Daher drohen bei Leberzellkarzinomen insbesondere Metastasen in der Lunge.

Die wesentliche Funktion der Leber ist die Aufnahme, Umwandlung und Abgabe der verschiedensten körpereigenen und körperfremden Stoffe. Aus dem Pankreas erhält sie insulinreiches Blut, das die Leberzellen zur Aufnahme von Glucose stimuliert. So kann die Leber bereits präsystemisch große Mengen Glucose eliminieren, doch entfällt dieser Effekt bei der subkutanen Verabreichung von Insulin bei Diabetikern.

Ort der Biotransformation

Aus pharmakologischer Sicht interessiert die Leber besonders als Ort der Biotransformation, wobei einige Substanzen schon bei der ersten Leberpassage vollständig oder großenteils eliminiert werden (First-pass-Effekt). Voraussetzung für diesen regen Stoffaustausch ist die enorm große Kontaktfläche der Leberzellen mit den Blutgefäßen, die durch eine anatomische Besonderheit bedingt ist: Die endotheliale Auskleidung der Gefäße in der Leber enthält Poren, die beispielsweise Albumin oder VLDL, aber keine Erythrozyten oder Bakterien passieren lassen. Dies ermöglicht einen guten Stoffaustausch mit den angrenzenden Zellen.

Wenn die Leber geschädigt ist, treten verstärkt Leberenzyme aus den Zellen aus und lassen sich als erhöhte Leberfunktionswerte feststellen. Besonders spezifisch für die Leber ist die Alanin-Aminotransferase (ALT, früher GPT), weniger die Aspartat-Aminotransferase (AST, früher GOT). Erhöhte Konzentrationen der alkalischen Phosphatase (AP) können für eine Störung der Gallenwege sprechen.

Ikterus

Das klinische Bild eines Ikterus entsteht durch die Anreichung von Bilirubin aus dem Abbau von Hämoglobin. Bei einem intrahepatischen Ikterus beruht dies auf einer gestörten Aufnahme, Konjugation oder Abgabe des Bilirubins in der Leber. Dagegen zerfallen bei einem extrahepatischen Ikterus vermehrt Erythrozyten, sodass die Ursache nicht in der Leber liegt. Weiterhin ist der posthepatische Ikterus zu unterscheiden, bei dem ein Stein den Abfluss der Gallenflüssigkeit verhindert.

Toxische Leberschäden

Die Pharmaka-induzierten Leberschäden lassen sich grob in drei Gruppen einteilen. Toxische Effekte sind dosisabhängig, treten schon nach einer kurzen Latenzzeit auf und sind nicht mit den typischen Symptomen einer Allergie verbunden. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Vergiftung durch die toxischen Metaboliten von Paracetamol, die bei hoher Dosis nicht mehr durch Glutathion entgiftet werden können. Sie binden kovalent an Einweiße und führen innerhalb von Stunden bis Tagen zum Untergang von Leberzellen. Damit bleibt hinreichend Zeit, Acetyl-cystein als Antidot zu geben.

Demgegenüber hängen die idiosynkratischen Leberschäden, beispielsweise durch Halothan oder Isoniazid, nicht von der Dosis ab und treten nicht bei allen Menschen auf. Die Latenzzeit ist unterschiedlich lang. Bei einigen Stoffen, z. B. Halothan, können Symptome wie bei einer Allergie auftreten. Ferner sind dosisabhängige Schädigungen der Leber möglich, die nach unterschiedlicher Latenzzeit eintreten, keine Allergiesymptome hervorrufen und deren Mechanismus nicht bekannt ist. Auslöser können beispielsweise orale Kontrazeptiva sein.

Folgen der Leberinsuffizienz

Eine insuffiziente Leber kann weniger Stoffe synthetisieren, biotransformieren und eliminieren. So wird beispielsweise auch der Hormonstoffwechsel gestört. Eine gestörte Leber bildet zudem einen erhöhten Perfusionswiderstand. Das Blut sucht sich deshalb seinen Weg durch Kollateralen, sodass beispielsweise Ösophagusvarizen entstehen können. Eine Blutung aus diesen Varizen kann innerhalb kürzester Zeit durch Blutverlust zum Tod führen.

Eine weitere Komplikation des Pfortaderhochdrucks und der verminderten Albuminsynthese in der Leber kann ein Aszites sein. Außerdem kann eine geschädigte Leber Ammoniak aus dem Abbau von Proteinen und andere problematische Substanzen nicht mehr hinreichend eliminieren. Die Folge sind schwere Funktionsstörungen des Gehirns bis zum Leberkoma.

Arzneimittelinteraktionen in der Leber, ...

Prof. Dr. Heyo Kroemer, Greifswald, gab einen Überblick über die Vielfalt möglicher Arzneimittelinteraktionen, die in der Biotransformation in der Leber, aber auch in anderen Mechanismen begründet sein können. Da sehr viele Arzneistoffe über das Enzymsystem Cytochrom P 450 biotransformiert werden, interagieren sie mit einzelnen Isoenzymen dieses Systems.

So blockiert beispielsweise das 1998 vom Markt genommene Mibefradil das Isoenzym CYP3A4, über das viele Herz-Kreislauf-wirksame Pharmaka abgebaut werden. Aufgrund der langen Halbwertszeit des Mibefradil und seiner aktiven Metaboliten dauert dieser Effekt noch lange nach dem Absetzen an. Daher hat nach Darstellung von Kroemer gerade die überhastete Umstellung von Patienten auf andere blutdrucksenkende Arzneimittel, wie z. B. Nifedipin, zu tödlichen Interaktionen geführt, da das Enzym bei Verabreichung der neuen Medikation noch blockiert war.

... im Darm ...

Das biotransformierende Enzym ist jedoch keineswegs nur in der Leber lokalisiert. Dies verdeutlichte Kroemer am Beispiel der Induktion von CYP3A4 durch Rifampicin. Die Interaktion findet hier nicht erst in der Leber, sondern schon bei der Penetration im Intestinum statt. Folglich wird Verapamil bei oraler Applikation auch in hoher Dosis unwirksam, während es bei intravenöser Gabe voll wirksam bleibt.

... und durch Transportproteine

In einem anderen Fall senkte Rifampicin die Konzentration von Digoxin, obwohl Digoxin nicht verstoffwechselt wird und eine Konkurrenz um ein Biotransformationsenzym damit entfällt. Vielmehr wird das Digoxin durch eine auswärts gerichtete Glykoproteinpumpe wieder in das Intestinum zurück befördert und kommt daher nicht zur Wirkung. Die Konzentration von Digoxin sinkt auch bei einer Komedikation des Betablockers Talinolol, da beide Substanzen um den gleichen Transporter konkurrieren.

Transportproteine sind in praktisch allen Organen zu finden. Nach Einschätzung von Kroemer ist der aktive Transport von Wirkstoffen wesentlich bedeutsamer als der passive Transport. In jüngster Zeit explodiere das Wissen über die daran beteiligten Transportproteine, doch habe es zumeist noch keinen Eingang in die Lehrbücher gefunden.

Auch die Lipobay-Problematik beruhe wahrscheinlich auf einer Konkurrenz um ein Transportprotein und nicht auf einer veränderten Biotransformation. Gemfibrozil, das mit Cerivastatin interagiert, wirkt nämlich nicht auf das biotransformierende Isoenzym CYP3A4. Wenn der Patentschutz für Statine abgelaufen ist und diese häufiger eingesetzt werden, sei zu befürchten, dass die Interaktionen mit Statinen noch zunehmen.

Grundsätzlich besteht bei jedem Transportvorgang eines Arzneimittels die Möglichkeit, dass ein anderes Arzneimittel den gleichen Weg nutzt. Dann sei stets mit einer Interaktion zu rechnen, auch wenn kein metabolischer Zusammenhang besteht. Es kann also nicht behauptet werden, eine Substanz besitze kein Interaktionspotenzial, nur weil sie nicht über die gängigen Biotransformationsenzyme abgebaut wird.

Vorsicht vor selektiven Transportern

Das noch im Zulassungsverfahren befindliche Rosuvastatin, das ebenfalls nicht über das problematische Isoenzym CYP3A4 abgebaut wird, soll aufgrund eines hochaffinen Aufnahmetransporter "hepatoselektiv" wirken. Gerade solche Transportproteine können jedoch ein Interaktionsproblem darstellen. Angesichts der Vielfalt der möglichen Arzneimittelinteraktionen und der noch immer verhältnismäßig geringen Kenntnisse über Transportproteine sollten nach Ansicht von Kroemer Arzneimittel-Neueinführungen mit Vorsicht betrachtet werden. Ein Präparatewechsel könne sogar innerhalb einer Substanzklasse kritisch sein.

Eine Multimedikation ist in vielen Indikationsgebieten heute die einzige angemessene Therapie. Dennoch könne noch kein systematischer Ansatz empfohlen werden, um Arzneimittelinteraktionen im Alltag sicher aufzuspüren. Die Verwirrung wird durch vielfältige interindividuelle Unterschiede der Enzymausstattung, die dem Therapeuten meist nicht bekannt sind, noch verstärkt. Besser dokumentiert sind ethnopharmakologische Unterschiede. So reagieren beispielsweise Patienten mit schwarzer Hautfarbe meist viel sensitiver auf Betablocker und Diuretika als Europäer.

Vielfältige Ursachen für Lebererkrankungen

Nach diesen Ausführungen zur Biotransformation, die auch für Lebergesunde relevant sind, befassten sich die weiteren Vorträge mit Lebererkrankungen und den möglichen Therapien. Prof. Dr. Klaus Boeker, Hannover, machte deutlich, dass Lebererkrankungen oft nur schwer zu erkennen sind. Denn das häufige Symptom Müdigkeit ist sehr unspezifisch. Die spezifischen Symptome wie dunkler Urin, Fettintoleranz und heller Stuhl oder gar Ikterus sind hingegen selten.

Die wichtigsten Lebererkrankungen lassen sich nach ihren Ursachen grob in vier Gruppen einteilen:

  • Infektionen, zumeist durch Viren,
  • Autoimmunerkrankungen,
  • toxisch bedingte Erkrankungen,
  • Erkrankungen infolge metabolischer Grundkrankheiten, z. B. Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Hypo- oder Hyperthyreose.

Virale Hepatitiden

Unter den Infektionen sind die Hepatitiden A bis E eindeutig definiert. Dagegen sei noch zweifelhaft, ob die Hepatitiden F bis H eigenständige Erkrankungen darstellen. Die Hepatitis A wird fäkal-oral übertragen und chronifiziert nicht, kann aber durchaus tödlich enden. Die Gefahr schwerer oder tödlicher Verläufe steigt mit dem Lebensalter. Während Erwachsene früher fast immer durch Erkrankungen im Kindesalter immun waren, gilt dies in Industrieländern heute nicht mehr. Die Impfung gegen Hepatitis A sei daher allgemein sehr zu empfehlen, nicht nur bei Fernreisen.

Hepatitis B und C können chronifizieren. Es kann sich eine Leberzirrhose entwickeln, aus der ein Leberzellkarzinom entstehen kann. Dabei verbessern sich oft die Leberfunktionswerte, was die Diagnose beim Hausarzt erschwert. In Industrieländern ist Hepatitis C mittlerweile die häufigste Ursache für ein Leberzellkarzinom. Somit sei auch die Impfung gegen Hepatitis B als harmlose und wirkungsvolle Prophylaxe sehr zu empfehlen. Allerdings sprechen etwa 2 bis 2,5% der Bevölkerung auf das derzeit verwendete Antigen nicht an. Neue Impfstoffe mit anderen Antigenen sind in der Entwicklung.

Autoimmunerkrankungen

Zu den Autoimmunerkrankungen gehören die Autoimmunhepatitis, die primär biliäre Zirrhose (PBC) und die primär sklerosierende Cholangitis (PSC). Bei der Autoimmunhepatitis werden antimitochondriale Antikörper gebildet, die typisch und für die Diagnose aussagekräftig sind. Das vorrangige, quälende und zugleich typische Symptom ist die Cholestase. Sie führt beispielsweise zu Juckreiz und Mangelerscheinungen, da fettlösliche Vitamine unzureichend resorbiert werden. Zur Therapie dienen Immunsuppressiva, unbehandelt stirbt über die Hälfte der Patienten innerhalb von fünf Jahren. Auch die Prognose der anderen Autoimmunkrankheiten der Leber ist schlecht.

Fettleber

Viel häufiger als diese Krankheiten ist die Fettleber, die weitaus häufigste Lebererkrankung, die zur Fettleberhepatitis führen kann. Dabei werden alkoholbedingte und nicht-alkoholbedingte Formen unterschieden. Letztere entstehen insbesondere im Zusammenhang mit Diabetes, Insulinresistenz oder bakteriellen Infekten der Leber. Durch Alkohol oder "Hungerkuren" wird das Isoenzym CYP2E1 induziert, das auch andere Substanzen vermehrt umsetzt. Dabei entstehen Radikale, die über die Lipidperoxidation die Leber schädigen. Daher sind Trinker, die sich schlecht ernähren, besonders gefährdet.

Die Schädigung der Leber führt zur Leberzirrhose, d. h., die Organarchitektur wird zerstört. Dies erschwert den Stoffaustausch in der Leber und erhöht den Druck in der Portalvene. Dies wiederum schädigt die Niere und löst Blutungen aus. Die schlechte Nährstoffaufnahme führt zu Muskelschwund. Außerdem stellt die Zirrhose eine Krebsvorstufe dar. Die Prognose konnte durch die Lebertransplantation erheblich verbessert werden.

Während Alkoholkonsum als alleiniger Faktor wahrscheinlich nicht kausal für die Leberzirrhose ist, ändert sich dies in Kombination mit irgendeinem anderen Risikofaktor, wie beispielsweise Insulinresistenz, leichter Fettleber oder leicht erhöhten Gammaglutamyltransferase (GGT)-Werten. Die GGT-Werte können insbesondere durch langandauernde Einnahme von Sexualhormonen steigen, z. B. bei Anwendung von Kontrazeptiva, bei Hormonsubstitution oder durch meist illegal eingesetzte muskelaufbauende Substanzen. Als Grenzwert, der langfristig bei guter Beobachtung toleriert werden kann, sei ein GGT von 30 Einheiten pro Liter anzusehen. In solchen Fällen sei aber von jeglichem Alkoholkonsum abzuraten.

Pharmakotherapie der Virus-Hepatitiden ...

Dr. Peter Buggisch, Hamburg, stellte das vergleichsweise geringe pharmakotherapeutische Arsenal gegen Lebererkrankungen vor. Das beste Arzneimittel sei die Impfung, insbesondere gegen Hepatitis B. Sie biete einen ungefährlichen und kostengünstigen Weg, um Tumoren zu verhindern. Zur Therapie der chronischen Hepatitis B wird Lamivudin eingesetzt, das die Virusreplikation verhindert, aber das Virus nicht eliminiert oder zerstört. Daher muss es langfristig gegeben werden. Es ist für die Anwendung über 52 Wochen zugelassen, wird aber meist gegeben, bis Resistenzen einsetzen, was sehr häufig vorkommt.

Bei starker Entzündung kommt Interferon alfa zum Einsatz, durch das die T-Lymphozyten die Erreger besser erkennen. Wegen der grippeähnlichen Nebenwirkungen wird die Interferon-Therapie als belastend empfunden. Gegenüber der klassischen dreimal wöchentlichen Anwendung seien die neueren pegylierten Zubereitungen mit einmal wöchentlicher Anwendung und gleichmäßigerer Kinetik ein erheblicher Fortschritt. Bei Hepatitis C sei dies die Therapie der Wahl, für Hepatitis B steht die Zulassung der neuen Zubereitungen noch aus.

Die besten Erfolge bei chronischer Hepatitis C bietet die Kombination von Interferon alfa und Ribavirin. Sie führt in der Hälfte der Fälle zum Erfolg (der Typ 3 ist sogar zu 80% heilbar). Ribavirin allein ist unwirksam, es wirkt wahrscheinlich immunmodulierend, doch ist der Mechanismus nicht bekannt. Da Ribavirin teratogen ist, muss gegebenenfalls eine Kontrazeption durchgeführt werden.

... und der anderen Lebererkrankungen

Bei Autoimmunhepatitis sprechen etwa 85% der Patienten auf eine immunsuppressive Therapie mit Prednisolon oder Azathioprin an. Die Auswahl erfolgt anhand der individuellen Nebenwirkungen, Rückfälle sind häufig. Als Alternativen kommen zum Beispiel Ciclosporin oder Tacrolimus in Betracht. Bei Therapieversagen ist eine Lebertransplantation aussichtsreich.

Bei PBC und PSC ist die Immunsuppression allein erfolglos. Bei PBC kann Ursodesoxycholsäure in hoher Dosis (ca. 1 g pro Tag) die Zirrhose aufhalten und so den Zeitpunkt einer Transplantation hinauszögern. Bei PSC sei die Wirkung nicht erwiesen, doch werde die Substanz auch hier gegeben, zumal keine Alternative verfügbar ist.

Die Leberzirrhose ist nicht kausal mit Arzneimitteln behandelbar, doch können einige Folgen mit Arzneimitteln angegangen werden. So kann eine Blutdrucksenkung mit Propranolol möglicherweise eine Blutung der Ösophagusvarizen verhindern. Allerdings ist der Blutdruck bei fortschreitender Lebererkrankung zumeist niedrig, sodass der Betablocker dann nicht mehr toleriert wird. Bei Aszites sind salzarme Kost und Diuretika einzusetzen.

Phytotherapie und Alternativmedizin

Da gegen viele Lebererkrankungen erprobte und erfolgreiche Arzneimittel kaum verfügbar sind, konnte sich ein boomender Markt der Alternativmedizin entwickeln. Hierzu zählt Buggisch auch Zubereitungen aus Mariendistel bzw. deren Inhaltsstoff-Komplex Silymarin, die in der Praxis von den Patienten sehr häufig eigenmächtig eingesetzt werden.

Während diese bei Knollenblätterpilzvergiftung sicher wirksam sind, seien die Daten bei anderen Indikationen widersprüchlich. Zur Anwendung bei Alkoholkonsum gebe es eine positive Langzeitstudie, für andere Anwendungen liegen meist nur kleine Pilotstudien vor. Als Wirkungsmechanismus werde ein antioxidativer Effekt diskutiert. Immerhin sei die Mariendistel gut erforscht. Somit seien keine schweren Nebenwirkungen zu befürchten.

Dagegen sei bei Glycyrrhizin mit aldosteronähnlichen Nebenwirkungen zu rechnen. Von Schöllkraut sei abzuraten, da es möglicherweise eine toxische Hepatitis auslösen könne. Die Artischocke werde seit Jahrhunderten eingesetzt, doch gebe es keine aussagekräftigen Studien hierzu. Diverse Zubereitungen aus der chinesischen und japanischen Medizin sollten skeptisch betrachtet werden, da sie teilweise nicht definierte oder nicht deklarierte Substanzen enthalten, die zu toxischen Hepatitiden führen können. Empfehlenswert seien dagegen Alkoholkarenz, Vitaminzufuhr und Abbau von Übergewicht.

Kastentext: Das Wichtigste in Kürze

  • Die wichtigste Funktion der Leber ist der Stoffaustausch bei der Elimination bzw. Synthese körpereigener Substanzen und bei der Biotransformation.
  • Eine insuffiziente Leber kann diese Aufgaben nur unzureichend erfüllen. Im Extremfall drohen Hirnschäden durch innere Vergiftung.
  • Cytochrom-P450-Isoenzyme sind insbesondere in der Leber und im Intestinum lokalisiert. An beiden Orten sind relevante Arzneimittelinteraktionen möglich.
  • Wenn zwei Arzneimittel um das gleiche Transportprotein konkurrieren, ist eine Interaktion möglich. Der Transport über solche Proteine ist zumeist bedeutsamer als der passive Transport.
  • Auch bei Therapieumstellungen innerhalb einer Substanzklasse müssen Interaktionen erneut geprüft werden.
  • Lebererkrankungen lassen sich nach der Ursache in Infektionen, Autoimmunerkrankungen, toxisch bedingte Erkrankungen und Folgen metabolischer Krankheiten einteilen.
  • Der beste Schutz vor Virushepatitiden und ihren zum Teil schwerwiegenden Folgen ist die Impfung.
  • Durch Alkoholkonsum und andere Risikofaktoren kann eine Fettleber entstehen. Diese kann zur Leberzirrhose führen, die die Leberfunktion stark beeinträchtigt und zugleich eine Präkanzerose darstellt.
  • Zur Therapie der chronischen Hepatitis B dienen Interferon alfa oder Lamivudin.
  • Die derzeit erfolgreichste Therapie der chronischen Hepatitis C ist die Kombination von Interferon alfa und Ribavirin.
  • Zubereitungen aus Mariendistel bzw. mit Silymarin sind wirksam gegen Knollenblätterpilzvergiftung. Für andere Lebererkrankungen liegen kaum aussagekräftige Studien vor. Ernsthafte Nebenwirkungen sind aber nicht zu befürchten.

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