Ernährung aktuell

Richtig ernährt bei Lebererkrankungen

Pathophysiologie und ernährungstherapeutische Ansätze (Ernährungs-Update 2012)

Bereits in den 1960er Jahren konnten Wissenschaftler zeigen, dass die Ernährung bei Personen mit Lebererkrankungen für Prognose und Therapie von großer Bedeutung ist. Mittlerweile gehören diätetische Maßnahmen fest zum Behandlungsschema von Leberkrankheiten. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die Pathophysiologie verschiedener Krankheitsbilder der Leber und stellt jeweils aktuelle ernährungstherapeutische Ansätze vor.

Die Leber hat im menschlichen Organismus zahlreiche zentrale Funktionen. Sie regelt nicht nur das Gleichgewicht vieler Stoffwechselprodukte, sondern ist auch in der Lage, den Körper an verschiedene Ernährungsbedingungen anzupassen.

Im Kohlenhydratstoffwechsel sorgt die Leber für die Glucosehomöostase, indem sie unter hormonellem und nervalem Einfluss Glucose als Glykogen speichert. Durch Glykogenolyse setzt sie das Monosaccharid wieder frei. Auch die Gluconeogenese, bei der Glucose aus Fructose, Zuckeralkoholen, Lactat oder Aminosäuren neu synthetisiert wird, erfolgt in der Leber.

Im Rahmen des Proteinstoffwechsels werden in der Leber Aminosäuren metabolisiert und synthetisiert. Das dabei entstehende Endprodukt Ammonium wird in den Harnstoffzyklus überführt. Ebenso werden Purinkörper und Plasmaeiweiße in der Leber gebildet.

Schließlich erfolgt die Energiegewinnung durch Fettsäureoxidation und die Synthese der Lipoproteine VLDL und HDL in der Leber genauso wie der Metabolismus von LDL, HDL, Triglyceriden und Cholesterin.

Doch die Leber hat nicht ausschließlich Funktionen des Intermediärstoffwechsels und der intestinalen Verdauung inne, sondern auch Entgiftungsfunktionen. Beispielsweise wird Ammoniak, das als Endprodukt des Proteinstoffwechsels entsteht, überwiegend durch Harnstoffbildung sowie geringfügig durch Synthese von Glutamin entgiftet. Auch Fremdstoffe werden durch die Leber ausgeschieden. So werden toxische Substanzen entgiftet und in hydrophile nierengängige Formen überführt oder zur Ausscheidung via Galle vorbereitet [1].

Lebererkrankungen: akut und chronisch

Lebererkrankungen können sowohl akut als auch chronisch auftreten (Tab. 1). In beiden Fällen sind der Ernährungsstatus des Patienten und die Ernährungstherapie bedeutend. Obwohl die Behandlung von Lebererkrankungen natürlich auch andere Therapiebausteine, etwa pharmakologische, umfasst, konzentriert sich dieser Beitrag auf Ernährungsaspekte.

Tab. 1: Übersicht und Einteilung von Lebererkrankungen

Akute Lebererkrankungen
Chronische Lebererkrankungen
  • Akute Hepatitis
  • Akutes Leberversagen
  • Chronische Hepatitis
  • Fettleber
  • Alkoholische Steatohepatitis (ASH)
  • Nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH)
  • Leberzirrhose

Quelle: modifiziert nach [1] und [2]

Im Allgemeinen sollte die Bewertung des Ernährungszustands nicht nur auf Körpergewicht und -größe beruhen, sondern auch Informationen bezüglich der Energie- und Nährstoffbilanz, der Körperzusammensetzung und Organfunktionen berücksichtigen. Dies erlaubt eine Bewertung der metabolischen und physischen Leistungsreserven des Patienten. Optimal ist eine dynamische Betrachtungsweise wie der Gewichtsverlust pro Zeiteinheit. Nachteilig ist, dass eine exakte Bestimmung des Ernährungsstatus bei Überwässerung oder verminderter hepatischer Eiweißsynthese, etwa von Albumin, äußerst schwierig ist [2]. So weisen etwas mehr als 50% der chronisch Leberkranken eine Malnutrition auf (siehe Kasten "Chronische Lebererkrankungen").

Malnutrition bei chronischen Lebererkrankungen


Pathomechanismen der Malnutrition bei fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankungen:

  • Verminderte Nährstoffzufuhr bei erhöhtem Energiebedarf

  • Malabsorption, Maldigestion

  • Verminderte hepatische Proteinsynthese

  • Erhöhter intestinaler Proteinverlust (portale Hypertension)

  • Veränderter intermediärer Stoffwechsel (Proteinkatabolismus, Hyperinsulinismus)


Quelle: [1]

Unabhängig von der spezifischen Lebererkrankung bewirken Unterernährung und Energiemangel eine Immunschwäche, eine gesteigerte Infektanfälligkeit und eine erhöhte Sterblichkeit [1]. Studien an Zirrhosepatienten zeigten sowohl eine höhere Mortalitäts- als auch Komplikationsrate, wenn eine Eiweißmangelernährung vorliegt [2]. Auswertungen von Ernährungsinterventionsstudien ergaben, dass die höchste Mortalitätsrate bei Lebererkrankungen bei Patienten mit der geringsten Nahrungsaufnahme vorlag [3].

Ernährungsfaktoren sind aber nicht nur für die Prognose, sondern auch für die Entstehung von Lebererkrankungen relevant. Beispielsweise gelten Adipositas und Insulinresistenz als häufigste Ursache für die Entstehung einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis [2, 4]. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 20% aller Europäer mit keinem oder moderatem Alkoholkonsum eine nicht-alkoholische Fettleber aufweisen. Diese geht wiederum bei 20% der Betroffenen in eine nicht-alkoholische Steatohepatitis über. Eine Gewichtsreduktion führt unabhängig von der eingesetzten Therapiemaßnahme zu einer Besserung oder gar Heilung [2].

Eine ernstzunehmende Problematik im Hinblick auf akute und chronische Lebererkrankungen stellt Alkohol dar. Besonders die direkte Alkoholtoxizität mit vermehrter Bildung von freien Radikalen, konsekutiven Störungen des Intermediärstoffwechsels sowie eine inadäquate Zytokinaktivierung sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Auch können nutritive Defizite beobachtet werden [5]. Insgesamt reicht das Spektrum der alkoholischen Hepatopathie von der reversiblen alkoholinduzierten Fettleber bis zur Leberzirrhose. Ebenso ist eine alkoholische Hepatitis möglich [6]. Nachfolgend werden einzelne Erkrankungsbilder und ernährungstherapeutische Ansätze beschrieben.

Akute und chronische Hepatitis

Eine akute Hepatitis wird in der Regel durch die Hepatitisviren A, B, C, D und E ausgelöst. Für die Typen A und E liegt ein fäkal-oraler Infektionsweg vor, für die Typen B, C und D ein parenteraler. Im Rahmen einer anderen Virusinfektion, etwa Epstein-Barr-Virus oder dem Zytomegalievirus, kann eine Begleithepatitis beobachtet werden. Nachdem die Viren in die Leberzellen aufgenommen wurden, erfolgt die Replikation. Durch die zellvermittelte Abwehrreaktion des Wirtsorganismus wird das eigentliche Krankheitsbild mit Entzündungsreaktion und Zelluntergang hervorgerufen. Dabei werden Symptome wie allgemeine Schwäche, Ikterus, Inappetenz, Übelkeit, Erbrechen, leichtes Fieber und Druckgefühl im rechten Oberbauch [1] beschrieben. Die Beschwerden haben meist zur Folge, dass die Patienten weniger essen und ein Gewichtsverlust zu beobachten ist. Zudem kann je nach Ausmaß der Cholestase eine Fettmalabsorption auftreten [2]. In der Regel heilt eine akute Hepatitis ohne Folgen ab. Etwa fünf bis 10% der Hepatitis-B-Erkrankungen bzw. bis zu 50% des Typ C können sich jedoch zu einer chronisch aktiven oder persistierenden Verlaufsform entwickeln. Diese kann schließlich in eine Leberzirrhose übergehen. Eine chronische Hepatitis kann durch Viruspersistenz oder durch einen autoimmunen Entzündungsprozess entstehen. Daneben sind Schädigungen durch Alkohol, Drogen, Medikamente, gewerbliche und nutritive Toxine und Initialstadien von Speichererkrankungen wie Hämochromatose oder Morbus Wilson mögliche Auslöser. Bei 10 bis 20% der Patienten kann keine eindeutige Ursache ermittelt werden. Für Hepatitispatienten sollte eine ausreichende Energie- und Nährstoffzufuhr gewährleistet sein. Dies ist wichtig, um die reparativen Prozesse nach Zellnekrosen zu unterstützen. Noch vor zwei Jahrzehnten erhielten Betroffene eine Leberschonkost mit hohem Kohlenhydrat- und niedrigem Fett- und Proteingehalt. Für diese Diätform gibt es jedoch keine gesicherte Evidenz. Vielmehr sollten Patienten eine schmackhafte, leichte Vollkost verzehren, die individuelle Unverträglichkeiten und Vorlieben berücksichtigt. Lediglich bei Leberinsuffizienz mit portosystemischer Enzephalopathie (PSE) muss die Proteinaufnahme eingeschränkt werden (Ernährungsempfehlungen siehe Kasten) [1].

Ernährungsempfehlungen bei Hepatitis


Leichte Vollkost mit ausreichender Zufuhr von Kalorien sowie Makro- und Mikronährstoffen. Nur bei Leberinsuffizienz mit PSE Einschränkungen der Eiweißzufuhr.


Quelle: [1]

Abb. 1: Wege von der Insulinresistenz zu Fettleber, Zirrhose und hepatozellulärem Karzinom.

Fettleber

Fettlebererkrankungen gehen häufig mit Adipositas oder dem metabolischen Syndrom einher. Bei vielen Patienten liegt zudem ein Typ-2-Diabetes vor (Abb. 1) [4]. Epidemiologische Daten zeigen, dass 30 bis 40% der Adipösen und 15 bis 50% der Typ-2-Diabetiker von einer Fettleber betroffen sind [1]. Durch Insulinresistenz und Adipositas kommt es zu einer Hyperlipidämie mit einer zu hohen Konzentration an freien Fettsäuren im Blut. Dies verursacht eine gesteigerte Neusynthese von Triglyceriden, so dass vermehrt Fett in der Leber gespeichert wird [4]. Eine weitere zentrale Ursache für eine Fettleber ist ein chronisch hoher Alkoholkonsum, der mit reduzierter Fettsäureoxidation, Zunahme der Triglyceridsynthese und -ablagerung einhergeht. Weitere Ursachen sind Hungersituationen, namentlich Kwashiorkor, in denen ein Proteinmangel bei kohlenhydratreicher Ernährung vorliegt oder hepatotoxische Substanzen wie Tetrachlorkohlenstoff.

Sobald mehr als die Hälfte der Hepatozyten verfettet sind, liegt eine Fettleber vor. Üblicherweise beträgt der Fettanteil der Leber weniger als 5%. Klinisch ist eine Fettleber durch Druckgefühl oder Schmerzen im rechten Oberbauch sowie durch eine reduzierte körperliche Belastbarkeit gekennzeichnet. In einigen Fällen werden jedoch keinerlei Symptome beschrieben [1]. Durch entzündliche Prozesse und den Übergang in eine Fibrose kann eine (nicht-)alkoholische Steatohepatitis (NASH/ ASH) auftreten, die nachfolgend noch beschrieben wird. Geht dies mit dem Vorliegen einer Glucosestoffwechselstörung einher, steigt das Risiko für die Entstehung einer Leberzirrhose und für ein hepatozelluläres Karzinom [4]. Im Allgemeinen ist eine Fettleber vollständig reversibel, sofern die Noxen ausgeschaltet werden. Darauf beruht auch die Ernährungstherapie [1, 6]. Auch konnte nachgewiesen werden, dass eine Gewichtsreduktion, gesteigerte körperliche Aktivität und eine optimale Diabeteseinstellung wichtige wirksame Therapiebausteine darstellen [7].

Leberzirrhose

Eine Leberzirrhose entsteht durch Zelluntergang mit Bildung von Regeneratknoten und progredienter Bindegewebsvermehrung. Dabei wird die normale Läppchenarchitektur der Leber aufgehoben. Oftmals ist Alkoholmissbrauch ide Ursache. So sind Männer bei einem regelmäßigen Alkoholkonsum von 40 bis 60 g/Tag und Frauen von 20 g/Tag reinem Alkohol über zehn Jahre gefährdet, eine Leberzirrhose zu entwickeln. Weitere Ursachen sind im Kasten "Ursachen für die Entstehung einer Leberzirrhose" zusammengefasst. Selten ist die ätiologisch unklare kryptogene Zirrhose.

Ursachen für die Entstehung einer Leberzirrhose


  • Alkoholabusus

  • Nicht ausheilende Virusentzündungen

  • Autoimmunkrankheiten

  • Biliäre Entzündungen und Abflusshinderungen

  • Hämodynamisch wirksame Erkrankungen (Budd-Chiari-Syndrom, Rechtsherzinsuffizienz)

  • Stoffwechselerkrankungen (Hämochromatose, Morbus Wilson, α-1-Antitrypsin-Mangel, Porphyrien, Glykogenosen)

  • Fremdstoffe

  • Arzneimittel


Quelle: modifiziert nach [1]

Es zeigt sich, dass Betroffene häufig Symptome wie Inappetenz, Übelkeit, Oberbauchschmerzen und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit beschreiben. Besonders schwerwiegende Auswirkungen dieser Lebererkrankungen sind Aszites und Ödeme bei portaler Hypertension. Weitere Probleme stellen die Ausbildung portosystemischer Kollateralkreisläufe mit Ösophagusvarizen und portosytemischer Enzephalopathie (PSE) dar. Letztere ist mit Verwirrtheit, Koordinationsstörungen, Tremor, Apathie, Somnolenz,Koma und Foetor hepaticus verbunden.

Der Energiebedarf von Zirrhosepatienten ist variabel und lässt sich lediglich partiell durch klinische Kenngrößen erklären. Eine Determinante, die diese Varianz erklärt, ist der jeweilige Ernährungszustand: fehlernährte Personen werden als nahezu regelhaft hyperdynam und hypermetabol beschrieben [8]. Studien haben jedoch gezeigt, dass der Energiebedarf von Zirrhosepatienten sich nicht von Gesunden unterscheidet. Zwar ist der Energiebedarf krankheitsbedingt erhöht, doch die körperliche Aktivität ist im Vergleich zu Gesunden durch die schlechte gesundheitliche Verfassung deutlich reduziert [2]. Mit zunehmender Schwere der Erkrankung, etwa bei Aszites, steigt der Energiebedarf. Insgesamt ist der Metabolismus unökonomisch, besonders nach der Nahrungsaufnahme und bei körperlicher Arbeit. So stellt sich postprandial bei Betroffenen früher eine katabole Stoffwechsellage ein. Dies ist mit einer vermehrten Lipolyse und Fettsäureoxidation sowie einer reduzierten Glucoseoxidation und gesteigerter Eiweißverbrennung verbunden. Vor diesem Hintergrund sollten Patienten auch Spätmahlzeiten einnehmen. Während Gesunden die Verbrennung von Fett 45%, von Kohlenhydraten 38% und von Proteinen 17% der Energie liefert, sind es bei Zirrhosekranken 86%, 2% und 12% der Energie. Liegen eine Insulinresistenz und Hyperinsulinismus vor, bewirkt dies eine herabgesetzte hepatische Glucoseaufnahme, so dass die Glykogendepots reduziert sind. Dagegen ist die Glucoseoxidation unverändert. Obwohl die Glucosetoleranz bei 80% der Betroffenen gestört ist, hat dies keine relevanten Folgen für die Kohlenhydratzufuhr.

Aufgrund der reduzierten Glykogenreserven zeigen viele Patienten eine Hypoglykämie. Ebenso können Aufnahme und Verwertung von Fett bei einer fortgeschrittenen Leberzirrhose beeinträchtigt werden. Eine schlechte Leberfunktion hat einen veränderten Triglyceridtransfer zur Folge. Die LDL-Faktion steigt und Antworten von Chylomikronen und von VLDL sind reduziert. Dennoch ist der Lipidstoffwechsel auf zellulärer Ebene in der Regel normal. So liegt die Fettoxidation bei maximal 130 g/70 kg/Tag [1]. Im Hinblick auf Eiweiß und Aminosäuren ist der Bedarf bei Zirrhosepatienten erhöht. Während für Gesunde 0,8 g Protein/kg KG/Tag empfohlen werden, sollte die Zufuhr bei Erkrankten bei 1,2 g/kg KG/Tag liegen [2, 9].

Bei Vorliegen eines portalen Hypertonus ist bei nicht limitierter Proteinaufnahme das Risiko für die Entwicklung einer portosystemischen Enzephalopathie (PSE) erhöht. Dies muss im Rahmen der Ernährungstherapie berücksichtigt werden [1]. Im Hinblick auf Aminosäuren prägt die Eiweißkatabolie eine Imbalanz. Dies belastet die metabolische Kapazität der Leber, da sich vermehrt Stickstoff ansammelt, was eine Hyperammoniumämie zur Folge hat. Des Weiteren ist die Syntheserate von Albumin reduziert. Bei Personen mit stabiler Zirrhose ist eine Eiweißanabolie möglich, so dass bei einer erhöhten Proteinzufuhr Körpermagermasse aufgebaut werden kann. Das Aminosäuremuster im Plasma weist erhöhte Konzentrationen der Aminosäuren Tryptophan, Phenylalanin, Tyrosin und Methionin auf, während jene von Leucin, Isoleucin und Valin reduziert sind.

Auch die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen ist verändert. So wird eine Zirrhoseerkrankung von einer Kochsalzretention begleitet, welche nicht als Hypernatriämie zu erkennen ist. Kalium-, Magnesium-und Phosphat-Speicher sind oftmals entleert und ein Mangel an Zink und Selen kann beobachtet werden. Bei Leberzirrhose im Allgemeinem und besonders, wenn diese alkoholbedingt ist, wird häufig ein Mangel an wasserlöslichen Vitaminen, vor allem aus der B-Gruppe beobachtet. Eine unzureichende Versorgung der fettlöslichen Vitamine liegt bei Cholestase-bedingter Steatorrhö, Gallensalzmangel und Alkoholabusus vor. Ernährungstherapeutisches Ziel ist es, dass Leberzirrhosepatienten quantitativ ausreichend mit Nährstoffen versorgt sind. Eine erfolgreiche Intervention kann bereits durch alleinige Ernährungsberatung oder in Kombination mit der Gabe einer oralen Trinknahrung erfolgen. Letztere wird eingesetzt, wenn Patienten ihren Bedarf nicht mehr über übliche Nahrungsmittel decken können [2]. Insgesamt wird Zirrhosekranken eine leichte bedarfsdeckende Vollkost empfohlen (siehe Kasten "Ernährung bei fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankungen") [1].

Ernährungsempfehlungen bei fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankungen


  • Leichte Vollkost mit bedarfsdeckender Zufuhr von Kalorien und Eiweiß (mindestens 0,75 – 1 g/ kg KG).

  • Keine Einschränkung der Kohlenhydrat- und Fettzufuhr (außer bei Cholestase).

  • Häufige Nahrungsaufnahme einschließlich einer Spätmahlzeit.

  • Defizite an fettlöslichen Vitaminen und Vitaminen des B-Komplexes ausgleichen, ebenso von Magnesium, Zink, Phosphat und Calcium.

  • Stuhlregulation durch wasserlösliche Ballaststoffe und Lactulose (PSE-Prophylaxe).


Quelle: [1]

Des Weiteren sollten Abstände zwischen einzelnen Mahlzeiten nicht zu lang sein, so dass auch eine kohlenhydratreiche Spätmahlzeit indiziert ist [1, 2]. Auf diese Weise kann es gelingen, den Eiweißstoffwechsel zu stabilisieren. Zeigen Patienten keine Kooperationsbereitschaft oder ist das Krankheitsstadium bereits fortgeschritten, ist zudem eine enterale Sondenernährung indiziert. Dies ist selbst bei Ösophagusvarizen möglich [2]. Vitamin- und Spurenelementdefizite sollten diätetisch oder medikamentös ausgeglichen werden [1].

Zusätzlich müssen bei Patienten, die von Aszitis und/oder portosystemischer Enzephalopathie betroffen sind, weitere Ernährungsempfehlungen berücksichtigt werden, die in den entsprechenden Kästen zusammengestellt sind.

Ernährungsempfehlungen bei Aszitis


Natriumrestriktion (3 g Kochsalz/Tag):

  • Kochen ohne Salzzusatz, kein Nachsalzen bei Tisch.

  • Verzicht auf Fertiggerichte und Konserven.

  • Einschränkung des Verzehrs von Brot und Backwaren, Wurst und Fleischwaren sowie von Käse.

  • Meiden natriumhaltiger Mineralwässer (> 150 mg Natrium pro Liter).

  • Einsatz natriumarmer Produkte.

  • Bei Verdünnungshyponatriumämie Reduktion der Flüssigkeitszufuhr auf 750 bis 1000 ml pro Tag.


Quelle: [1]

Ernährungsempfehlungen bei portosystemischer Enzephalopathie (PSE)


Bei komatösen Patienten (PSE Stadium IV) parenterale Ernährung.

Bei Besserung des klinischen Bildes Kostaufbau mit Steigerung der täglichen Eiweißzufuhr um 10 g alle drei Tage:

  • Zunächst eiweißarme Diät (0,35 – 0,4 g/kg KG, 25 g pro Tag) in Form von vegetarischer Kost und Eiweiß mit hoher biologischer Wertigkeit (Kartoffel-Ei-Diät)

  • Anschließend mäßig eiweißarme Diät (0,6 g/kg KG, 40 g pro Tag) mit Zugabe von Milch und Eiprotein

  • Schließlich normale Eiweißzufuhr (0,8 g/kg KG, 60 g pro Tag)

Bei chronisch eingeschränkter Eiweißtoleranz ggf. verzweigtkettige Aminosäuren.


Quelle: [1]

Steatohepatitis

Auch für Steatohepatitis-Patienten liegen weitere Ernährungsempfehlungen vor. Bei einer NASH, die mit Übergewicht verbunden ist, nimmt die Gewichtsreduktion eine Schlüsselposition ein. Die histopathologischen Veränderungen können verbessert oder gar vollständig therapiert werden. Dabei ist lediglich die Gewichtsreduktion entscheidend, nicht aber die eingesetzte Methode, etwa Ernährungsberatung, metabolische Chirurgie oder die Hemmung der intestinalen Fettassimilation durch Orlistat.

Für ASH-Patienten ist eine ergänzende enterale Ernährung indiziert, sofern diese den Nährstoffbedarf nicht mehr über die orale Aufnahme decken können und keine Kontraindikation vorliegt. Dies sollte zunächst in Form von oralen Trinknahrungen erfolgen. Ist dies unzureichend, sollte eine Sondenernährung erfolgen. Dabei sollten polymere Nahrungen mit intaktem Protein verwendet werden. Die Zielzufuhr liegt bei 35 kcal/kg KG/Tag hinsichtlich der Gesamtenergie und zwischen 1,2 und 1,5 g Eiweiß/kg KG/Tag [10].

Akutes Leberversagen

Bei einer akuten Lebererkrankung treten die gleichen metabolischen Effekte auf, die auch bei anderen Krankheitsbildern mit Akutphasereaktion zu beobachten sind [2]. Bei akutem Leberversagen kommt es zu einem rapiden Verlust der Leberfunktion. Das Krankheitsbild kann als Schock-ähnlich beschrieben werden und geht mit einer gestörten Hämodynamik und einer Entgleisung des Säure-Basen-Haushalts einher. Weiterhin wird die katabole Stoffwechsellage durch das zerebrale Ödem, die Endotoxinämie und die systemische Aktivierung des Immunsystems bestimmt [8]. Wird ein akutes Leberversagen nicht umgehend behandelt, endet dies rasch mit dem Tod. Ziel der Therapie ist es daher, den Stoffwechsel und die Vitalfunktionen zu stabilisieren sowie das Hirnödem zu bekämpfen. Mittels Gabe von Glucose, Fett, Vitaminen und Spurenelementen soll eine Sicherstellung einer adäquaten Energiezufuhr und Euglykämie gewährleistet werden. Daneben sollen durch eine adäquate Protein- bzw. Aminosäurezufuhr optimale Proteinsyntheseraten sichergestellt werden [2].

Alkoholische Lebererkrankungen

Bei alkoholischen Lebererkrankungen muss in der Therapie zunächst eine absolute Alkoholkarenz angestrebt werden [5, 6]. Häufig wird die Wirksamkeit dieser Maßnahme unterschätzt, obwohl Abstinenz der wichtigste diskriminierende Faktor für das Fortschreiten einer Steatohepatitis in eine Zirrhose ist. Zudem verbessert sich die 5-Jahres-Überlebensrate von 31,1 auf 60,1%. Eine solche Prognoseverbesserung kann sonst lediglich durch eine Lebertransplantation erreicht werden. Neben der Abstinenz gelten eine ausreichende Energiezufuhr und die Vermeidung von Infekten als wichtigste Therapieansätze bei alkoholischer Fettleberhepatitis.Bei alkoholischer Zirrhose im Endstadium zeigt eine Lebertransplantation bei eingehaltener Alkoholkarenz sehr gute Langzeitergebnisse. Daneben spielen, wie auch bei nicht-alkoholischen Lebererkrankungen pharmakologische Ansätze eine wichtige Rolle [5].


Literatur

[1] Kasper H, Scheppach W. Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes. In: Biesalski H-K et al. (Hrsg). Ernährungsmedizin: Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer ; 303 Tabellen, 3. Auflage. Stuttgart [u.a.]: Thieme 2004: 341– 375.

[2] Plauth M, Schütz T. Ernährung bei Lebererkrankungen. AktuelErnahrungsmed 2011; 36 (02): 121– 135.

[3] Kondrup J, Müller MJ. Energy and protein requirements of patients with chronic liver disease.J. Hepatol 1997; 27 (1): 239– 247.

[4] Niederau C. Lebererkrankungen und Glukosestoffwechsel. Ernährungs-Umschau 2010 (6): 310– 315.

[5] Renner F. Aktuelle Therapieansätze bei der alkoholischen Lebererkrankung. J GastroenterolHepatolErkr 2006 (3): 18– 22.

[6] Millonig G. Alkoholische Hepatopathie. J GastroenterolHepatolErkr 2011; 9 (4): 23– 29.

[7] Siebler J, Galle PR. Treatment of nonalcoholic fatty liver disease. World J. Gastroenterol 2006; 12 (14): 2161– 2167.

[8] Müller MJ. Ernährung bei Leberzirrhose. Der Internist 1998; 39 (3): 247– 253.

[9] DGE, ÖGE, SGE, et al. Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 1. Auflage, 2. Korrigierter Nachdruck. Neustadt an der Weinstrasse: Umschau 2008.

[10] Plauth M, Schütz T. Nutrition in LiverDisease. In: Banerjee B, ed. Nutritional management of digestive disorders. Boca Raton, FL: CRC Press 2011: 271– 299.


Autorin

Katja M. Aue M. Sc. Ökotrophologie E-Mail: katja_aue@web.de



DAZ 2012, Nr. 22, S. 67

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