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Biotransformation N-haltiger funktioneller Gruppen

Am 11. November 1998 fand am Institut für Pharmazie der Universität Mainz eine Vortragsveranstaltung der DPhG statt: Es referierte Professor B. Clement von der Universität Kiel über das Thema "Biotransformation N-haltiger funktioneller Gruppen von Arznei- und Wirkstoffen".


Der Referent berichtete sowohl über die allgemeinen Aspekte der Metabolisierung von körperfremden Stoffen als auch über den aktuellen Stand eigener Forschungsarbeiten.
Die Umwandlung von körperfremden Stoffen (Xenobiotika) im Organismus wird allgemein in zwei verschiedene Reaktionen unterteilt. Während es sich bei der Phase I, der Funktionalisierung, um verändernde Reaktionen (Reduktionen, Oxidationen, hydrolytische Reaktionen) handelt, faßt die Phase II Aufbaureaktionen (Konjugationen) zusammen. Gegenstand der Ausführungen waren vor allem die N-oxidativen und N-reduktiven Biotransformationsreaktionen.
Untersuchungen zu Biotransformationsreaktionen können unter den verschiedensten Gesichtspunkten vorgenommen werden und enthalten chemische, biochemische, toxikologische und pharmakologische Aspekte.

Die Rolle von Enzymen


Der biochemische Bereich umfaßt Metabolismusstudien sowohl in vivo als auch in vitro. Für In-vitro-Untersuchungen lassen sich sowohl perfundierte Organe, Leberstücke, Zellsysteme oder Mikrosomen als auch reine, isolierte oder heterolog exprimierte Enzyme einsetzen. Bei den an Biotransformationen beteiligten P450-Enzymen handelt es sich normalerweise um ein System aus NADPH-Cytochrom-P450-Reduktase und um Cytochrom-P450-Enzyme (CYP450), von denen es eine große Anzahl an Isoenzymen gibt.
Unterschiedliche Isoenzyme haben in der Regel unterschiedliche Substratspezifitäten, d.h. auch, daß verschiedene Arzneistoffe von unterschiedlichen Isoenzymen metabolisiert werden können. Darüber hinaus bestehen aber auch noch Unterschiede bezüglich ihrer Expression und Induzierbarkeit innerhalb eines Individuums und zwischen verschiedenen Individuen, wodurch die unterschiedliche Verträglichkeit von Arzneistoffen in verschiedenen Alters-, Geschlechts- und Bevölkerungsgruppen zustande kommt.
Es konnten auch verschiedene Enzyme, die an der Metabolisierung von Amidinen beteiligt sind, bestimmt werden.

Benzamidoxime als Pro-Drugs?


Diminazen und Pentamidin sind Chemotherapeutika mit Wirkung gegen Trypanosomen und Leishmanien. Pentamidin wird auch zur Behandlung von Pneumonien verwendet, die durch Pneumocystis carinii hervorgerufen werden und besonders bei immunsupprimierten Personen und HIV-Patienten auftreten. Die intravenös oder inhalativ applizierten Benzamidine werden in der Leber N-hydroxyliert, aber auch die Rückreaktion (N-Reduktion der Benzamidoxime in die Benzamidine) konnte nachgewiesen werden. Da diese Rückreaktion in wesentlich höherem Maße abläuft, treten die Benzamidoxime nicht in größerer Menge auf.
Dieser Befund führt zu den pharmakologischen Aspekten der Biotransformation. Können Benzamidoxime als Pro-Drugs fungieren? Sie sind leichter applizierbar, was sich besonders für Diacetylderivate gezeigt hat, und sind im Gegensatz zu den Amidinen oral verfügbar. In der Leber werden sie zur wirksamen Form reduziert.
Der toxikologische Aspekt von Biotransformations-Untersuchungen muß natürlich ebenfalls berücksichtigt werden. Im allgemeinen heißt die Frage: Haben Arzneistoffe toxische Eigenschaften, oder sind dafür erst die Produkte der Metabolisierung (Giftung) verantwortlich? Im Fall der Benzamidine und Benzamidoxime haben Tests gezeigt, daß diese Substanzen als Produkte der Phase I kaum mutagen wirken. Bei der Untersuchung der Mutagenität von Produkten der Phase-II-Reaktionen schnitten die Acetylderivate jedoch deutlich schlechter ab.
Abschließend ging der Vortragende nochmals auf ein äußerst aktuelles Thema ein: die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) durch Metabolisierung von Amidoximen und N-Hydroxyguanidinen. Hier zeigten sich die Amidoxime als schlechte NO-Donatoren, da die Reduktion der Oxime gegenüber der NO-Abspaltung überwiegt.
Insgesamt gewann Professor Clement mit seiner gelungenen Mischung aus allgemeinen Beschreibungen und speziellen Forschungsergebnissen die Aufmerksamkeit der zahlreichen Zuhörer. Das wurde auch in der anschließenden lebhaften Diskussion deutlich.
Dr. Heribert Warzecha, Mainz

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