Arzneimittel und Therapie

Milbenallergie: Karenz vor Therapie

Im Umgang mit Allergien lautet die Devise: Karenz geht vor Therapie. Das gilt auch bei einer Überempfindlichkeit gegen Milben. Eine neue Möglichkeit ist das Besprühen der Matratzen mit Niemöl. Die darin enthaltenen Bitterstoffe verhindern Nahrungsaufnahme, Wachstum und Fortpflanzung der Milben und vertreiben sie so langfristig aus dem Bett.

Milben mögen es warm und feucht. Sie fühlen sich im Hausstaub wohl, am liebsten aber verkriechen sie sich in Matratzen und krabbeln nachts an die Oberfläche um sich von den Hautschuppen des Schläfers zu ernähren. Für diejenigen, die gegen Milben, genauer gesagt deren Kot allergisch sind, ist das fatal. Sie reagieren mit zugeschwollener Nase, Niesanfällen, Augenjucken und trockenem Husten bis hin zur Luftnot.

Charakteristisch für die Milbenallergie ist der Zeitpunkt des Auftretens dieser typischen allergischen Beschwerden. Sie quälen den Patienten immer dann, wenn er ins Bett geht, gelegentlich auch in den frühen Morgenstunden, wenn es sich die Milbe bereits an der Oberfläche der Matratze gemütlich gemacht hat. Auch der Hinweis "Wenn ich in Urlaub bin, habe ich diese Beschwerden nicht", deutet auf eine Milbenallergie hin.

Lässt sich der Verdacht per Hauttest, immunologischen Tests und organbezogenen Provokationstests bestätigen, heißt das vorrangige Ziel: Die Milbe muss weg! Vor der medikamentösen Behandlung sollte immer zunächst versucht werden, die Milbe zu vertreiben bzw. zu verhindern, dass sie an die Matratzenoberfläche gelangt. Das Encasing der Matratzen – also das Umhüllen mit einem milbendichten Bezugsstoff, der die Allergene im Inneren zurückhält – ist eine Möglichkeit, der Einsatz von Akariziden eine zweite.

Bitterstoffe aus dem Niembaum

Mit dem Niemöl (Milbiol®) kommt nun eine weitere Option auf den Markt. Es wird aus den Samen des Niembaums (Azadirachta indica) gewonnen, einem überwiegend wild wachsenden Baum, der bis zu 40 Meter hoch werden kann. Zu finden ist er in tropischen und subtropischen Gebieten auf dem ganzen Globus. Seine Extrakte werden dort seit langem volksmedizinisch als Insektizide und Parasitizide bei verschiedenen Erkrankungen angewandt. Entscheidend für den Einsatz gegen Milben sind die im Öl enthaltenen Bitterstoffe, bei denen es sich um Limonoide handelt. Die toxische Wirkung des Öls gegen viele humanpathogene Pilze und Viren konnte gezeigt werden.

Fraßabschreckende Wirkung

Die Triterpenbitterstoffe als Hauptwirkstoffe des Niembaums wirken durch ihren extrem bitteren Geschmack fraßabschreckend. Für Menschen und andere Säugetiere sind sie dagegen ungefährlich. Wird die Matratze mit der Niemölzubereitung besprüht, vergällen die Bitterstoffe den Milben die Nahrungsaufnahme, und hemmen dadurch langfristig auch Wachstum und Fortpflanzung der Schadinsekten. In Feldversuchen konnte gezeigt werden, dass nach einmaliger Behandlung von neun Jahre alten Matratzen nach drei bis vier Monaten keine Milben mehr zu finden waren, wenn die Matratzenoberfläche regelmäßig abgesaugt wurde.

Kontrollierte klinische Studien und Vergleichsstudien mit Akariziden gibt es (noch) nicht. Die lange Wirkdauer der Bitterstoffe erlaubt lange Behandlungsintervalle. So sollte die erste Behandlung der Matratze mit Niemöl nach vier bis sechs Wochen, dann in Abständen von acht bis zwölf Monaten wiederholt werden.

Über Allgemeinmaßnahmen informieren

Patienten mit einer Milbenallergie sollten aber auch über die simplen Maßnahmen informiert werden, mit denen sie sich die Milbe vom Hals halten können: trockenes und kühles Klima im Schlafzimmer, Raumpflege mit einem effektiven Staubsauger (Feinstaubfilterblatt) – und ab und an ein Matratzenwechsel! Lässt sich mit einer Karenz allein kein ausreichender Erfolg erzielen, müssen zusätzlich Antihistaminika wie Loratadin oder Cetirizin bzw. antiinflammatorische Wirkstoffe wie Cromoglicinsäure zum Zuge kommen.

Kastentext: Insektizide und Akarizide

Die Insektizide dienen der Bekämpfung von Schadinsekten und wirken als Atem-, Kontakt- oder Fraßgifte. Sie können auf die Eier, Larven oder erwachsenen Tiere ausgerichtet sein. Die Akarizide werden zur Bekämpfung von Milben eingesetzt. In den gängigen Schädlingsbekämpfungsmitteln kommen eine Vielzahl verschiedener insektizider bzw. akarizider Wirkstoffe zum Einsatz. Verwendet werden insbesondere:

  • chlorierte Kohlenwasserstoffe (z. B. Lindan in Ameisenex®)
  • Pyrethrine (z. B. Pyrethrin in oldgeist forte®)
  • Pyrethroide (z. B. Allethrin in Jacutin N®)
  • Phosphorsäureester z. B. Paraoxon in E 600®, Dichlorphos in Mutox®)
  • Carbaminsäureester (z. B. Bendiocarb in Multamat®)

Quelle

Prof. Dr. Dr. Wolfgang Petro, Bad Reichenhall, Prof. Dr. Heinz Rembold, München, Prof. Dr. Klaus Wahle, Münster, Einführungspressekonferenz "Milbiol®: Die ursächliche natürliche Lösung bei Hausstauballergie", München, 22. März 2002, veranstaltet von der Hexal AG, Holzkirchen.

Das könnte Sie auch interessieren

Zecken, Flöhe und Milben können gefährlich werden

Mehr als nur lästig für unsere Haustiere

Insektizidfund in Eiern

Wie wirkt Fipronil?

 Eierkontrollen in Niedersachsen

Bislang kein Amitraz in Eiern nachgewiesen

Parasiten können bei Tieren starke Hautreaktionen hervorrufen

Es juckt und juckt und juckt ...

Wirkstoff erst nach zwei­jähriger Suche identifiziert

Lithiumchlorid tötet Varroamilben

Haarbalgmilben als Auslöser der Rosazea

Reizende Tierchen

Epidemiologische Daten nicht aussagekräftig

Pyrethroide unter Verdacht

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.