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Gesundheit im Alter: Für Prävention ist es nie zu spät

BERLIN (ks). Wer eine gesunde Lebensweise pflegt, kann dank der hohen Plastizität der Körper- und Nervenzellen mit einem langen Leben rechnen. Dabei muss es das Ziel sein, im Alter so lange wie möglich körperlich, geistig und sozial aktiv zu bleiben. An Praxismodellen zu Gesundheitsförderung und Prävention für das Alter und im Alter mangelt es nicht. Nur: Das Wissen wird noch nicht im ausreichenden Maße kommuniziert. Dies ist eine Erkenntnis des Heidelberger Gerontologen Andreas Kruse, der für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Expertise zum Thema "Gesund altern" erstellt hat.

Die Expertise, die den Stand der Prävention und die Entwicklung neuer Präventionsstrategien aufzeigt, wurde am 13. Mai auf einem Symposium im Auftrag des BMG in Berlin vorgestellt. Der Alters-Experte Kruse erläuterte die Ergebnisse seiner einjährigen Arbeit. Ausgangspunkt der Expertise ist, dass Gesundheit nicht nur als Fehlen von Erkrankungen zu verstehen ist. Vielmehr umschließt der Begriff der Gesundheit auch Selbständigkeit, Selbstverantwortung, Wohlbefinden und eine angemessenes System sozialer Unterstützung.

In diesem Sinne habe die Prävention drei wichtige Aufgaben, erläuterte Kruse: Zum einen gelte es Risikofaktoren zu identifizieren. Dies könne z. B. durch einen präventiven Hausbesuch geschehen. Dabei wird der Patient, wenn er es wünscht, auch unabhängig von einer bestehenden Krankheit von seinem Hausarzt besucht. Ziel ist es, herauszufinden, ob die Lebens- und Wohnumstände angemessen und nicht gefahrenträchtig sind.

Zweite bedeutsame Aufgabe der Prävention sei die Aufrechterhaltung von Selbstverantwortung und Selbständigkeit, etwa durch pflegerische Beratung und die regelmäßige Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen. Als dritte Aufgabe nannte Kruse die Aufrechterhaltung körperlicher und kognitiver Leistungsfähigkeit sowie des Wohlbefindens. Viele Krankheiten, z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen oder Hüftschäden, die dem fortschreitenden Alter zugeschrieben werden, seien in Wirklichkeit die Folge des Verzichts auf Aktivität. Es seien daher Angebote zu schaffen, die ältere Menschen anregen, ihre körperlichen und kognitiven Fähigkeiten zu erhalten.

Lebenslaufperspektiven sollten den Menschen schon möglichst früh aufgezeigt werden – andererseits sollte sich auch niemand scheuen, erst im fortgeschrittenen Alter für seine Gesundheit aktiv zu werden. All diese Empfehlungen zur Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung sind auf vier Ebenen anzusiedeln: der gesellschaftlichen Ebene, der Versorgungsebene, der Personen- und der Familienebene.

Positives Altersbild in die Öffentlichkeit bringen

Wichtig ist Kruse vor allem eins: Es muss in die Öffentlichkeit getragen werden, dass Menschen bis ins hohe Alter lernfähig sind und eine positive Veränderungsfähigkeit in sich tragen. Ältere Menschen sollen dazu motiviert werden, Verhaltensweisen zu entwickeln, durch die sie ihre Selbständigkeit, Leistungsfähigkeit und damit ihre Gesundheit erhalten können. Prävention dürfe nicht nur als Maßnahme zur Vermeidung von Krankheiten verstanden werden.

Die Vermeidung von Hilfe- und Pflegebedarf sei ein ebenso wichtiges Ziel präventiver Aktivitäten. Weiterhin müsse eine stärkere Orientierung auf die Zielgruppe der unteren sozialen Schichten stattfinden. Hier häuften sich regelmäßig die Risikofaktoren. Kruse fordert zudem, ein Kompetenzzentrum für Prävention ins Leben zu rufen, das die regionalen Projekte miteinander vernetzt und auf Nachhaltigkeit überprüft. Zudem sollten sich Kommunen stärker in die Präventionsplanung einbinden, etwa durch vermehrte Sportangebote für ältere Menschen.

Schmidt will nationales Präventionsprogramm

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sieht sich durch die Expertise bestärkt, die Prävention neben der kurativen Medizin, der Rehabilitation und der Pflege als vierte Säule im Gesundheitswesen zu etablieren. Die Ministerin erklärte, die Expertise "mache Mut", denn sie zeige, dass sich nicht nur eine gesunde Lebensweise im jungen Alter später auszahle, sondern auch bereits verloren gegangene Fähigkeiten im Alter wiedergewonnen werden können. Die Rehabilitation und aktivierende Pflege seien wichtige Maßnahmen, ein langes, gesundes Leben zu ermöglichen.

Schmidt misst dabei dem präventiven Hausbesuch eine besondere Bedeutung zu: Er gewährleiste die Integration von medizinischen, pflegerischen und sozialen Maßnahmen. Die Ministerin kündigte ein "nationales Präventionsprogramm" an, das nach den Bundestagswahlen starten soll. Gesundheit im Alter soll in diesem Programm einen wichtigen Platz einnehmen.

Wer eine gesunde Lebensweise pflegt, kann dank der hohen Plastizität der Körper- und Nervenzellen mit einem langen Leben rechnen. An Praxismodellen zu Gesundheitsförderung und Prävention für das Alter und im Alter mangelt es nicht. Nur: Das Wissen wird noch nicht im ausreichenden Maße kommuniziert, so der Heidelberger Gerontologe Andreas Kruse. 

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