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Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforum 2002: Die Apothekenwelt aus Krankenkassensi

OBERHAUSEN (tmb). Vertreter von Krankenkassen werden nicht müde, die angeblichen Defizite des bestehenden Apothekensystems zu beklagen, so auch der Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes, Herbert Rebscher, am 10. Mai beim Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforum in Oberhausen. Doch scheint sich auch Rebscher eine Welt ohne Apotheken nicht vorstellen zu können. Er ärgere sich sogar zunehmend über die großen Beträge, die an ausländische Versandapotheken flössen. Dies könne sich ändern, wenn die deutschen Apotheken Vorschläge für ein neues Versorgungssystem machen würden, das den Krankenkassen entgegenkäme.

Zunächst wiederholte Rebscher seine schon vielfach geäußerten Standpunkte: Die Apothekerverbände würden für ein System kämpfen, das ohnehin nicht mehr zu retten sei. Für das Fremd- und Mehrbesitzverbot gäbe es keine Begründung. Die Aut-idem-Regelung biete falsche ökonomische Anreize. Rabatte, die nicht bei den Endverbrauchern ankämen, seien ökonomisch unverantwortlich. Demgegenüber seien die Apotheken mit 6% Kassenrabatt "glänzend bedient". In einigen anderen Ländern wären dagegen Einkaufsrabatte für Apotheken verboten.

Die von den Oppositionsparteien geforderten Wahlleistungen in der GKV seien "organisierte Dummheit", weil sich die Versicherten nur gegen solche Ereignisse versichern würden, die dann auch mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Dies demonstrierte Rebscher an geschickt gewählten Beispielen, ging dabei aber nicht auf Versicherungskonzepte ein, die ein unterschiedliches Versorgungsniveau unabhängig von einzelnen Krankheiten bieten.

Neue Gesetze "aushandeln"?

Auf großen Unmut des Auditoriums stießen die Äußerungen Rebschers zum Umgang mit dem geltenden Recht. Für ihn sei es ein "alberner Versuch", die ökonomische Entwicklung mit Klagen aufhalten zu wollen. Am Ende des Jahres würden seines Erachtens auch Gerichte die Aktivitäten der Krankenkassen hinsichtlich des Versandhandels nicht mehr verfolgen.

Stattdessen sollten die Apotheker ihrerseits konstruktive Vorschläge zu einer Neugestaltung der Arzneimittelversorgung machen und das Feld nicht den Ausländern überlassen. Es ärgere ihn zunehmend, große Beträge an ausländische Versandapotheken zu überweisen, weil die deutschen Apotheken keine Angebote machen würden. Die Apotheker sollten die Chance haben, "ihre Berufsausübung den Realitäten des Wettbewerbs anzupassen". Die Arzneimittelpreisverordnung sei der tiefere Grund für die Krankenkassen, auf die Angebote der Versandapotheken einzugehen. Die Preisspannen sollten neu gestaltet und nach seiner Vorstellung möglichst zwischen Apotheken und Krankenkassen ausgehandelt werden.

Mischkalkulation beseitigen statt Rosinen picken

In der Hauptsache gelte es, die Mischkalkulation zu beseitigen, da sie falsche Anreize schaffe. Er sei durchaus bereit, die Beratung in Apotheken bei den tatsächlich beratungsbedürftigen Arzneimitteln zu bezahlen. Dafür müssten aber teure Arzneimittel, bei denen kaum Beratung erforderlich ist, billiger werden. Solange dies nicht geschehe, werde er weiter "Rosinen picken". Allerdings sei bei 70 bis 80% der Verordnungsanlässe der Arzneimittelversand nicht praktikabel.

Wenn die Apotheken sich in einem neuen System geschickt positionierten, seien sie nicht die Verlierer. Denn die Apotheken böten inzwischen mehr Distributionspunkte als die Post und hätten somit gegenüber dem Versandhandel Vorteile auf der erfahrungsgemäß teuren "letzten Meile" des Vertriebswegs. Doch erläuterte Rebscher nicht, wie angesichts des ökonomischen Ungleichgewichts zwischen Apotheken und Krankenkassen faire Preisverhandlungen möglich sein sollen.

In der Diskussion wurde seinen Ausführungen entgegengehalten, dass das Fremd- und Mehrbesitzverbot den Patienten dient, die so einen persönlichen Service erhalten. Auch die Mischkalkulation sei im Interesse der Patienten, da sie viele beratungsbedürftige Produkte preisgünstiger mache.

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