Zuzahlungsverzicht bei Rx-Arzneimitteln

Chef der Monopolkommission für „sanften Preiswettbewerb“

Berlin - 06.05.2010, 15:49 Uhr


Der Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, setzt auch im Markt der rezeptpflichtigen Arzneimittel auf einen „sanften Preiswettbewerb“ in Apotheken. Sie sollten ihren Kunden die Zuzahlung erlassen und auf einen Teil ihrer Honorierung verzichten können, sagte er heute in Berlin.

Die Monopolkommission blickt schon seit einigen Jahren kritisch auf die Apothekenlandschaft. In ihrem Gutachten des Jahres 2006 hatte sie sich eingehend mit den Freien Berufen und insbesondere den Apothekern befasst und allerlei Vorschläge unterbreitet, wie mehr Wettbewerb in den Apothekenmarkt einziehen könnte – die Vorschläge trafen bei der Bundesregierung allerdings nicht auf fruchtbaren Boden.

Ende vergangenen Jahres machte sich das Beratungsgremium durch Äußerungen seines seit Juli 2008 amtierenden Vorsitzenden erneut unbeliebt bei Apothekern. Haucap hatte es in der FAZ als „Rückschritt“ bezeichnet, dass die christlich-liberale Koalition Pick-up-Stellen für Arzneimittel verbieten und das Fremd- und Mehrbesitzverbot für Apotheken erhalten will. Nach diesem Interview habe er „so viele E-Mails bekommen, wie nie zuvor“, sagte Haucap heute beim Kongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheker (BVDVA).

Möglicherweise bekommt Haucap bald wieder einige elektronische Post. In seinem Vortrag skizzierte er die gegenwärtigen Überlegungen der Monopolkommission in Sachen Apothekenmarkt. Ausgangspunkt sei, dass Arzneimittel zwar ein ökonomisches Gut seien, es sich aber dennoch nicht um einen Markt wie jeden anderen handele. Es gebe ein „asymmetrisches Informationsproblem“, das besondere Regulierungen rechtfertige. Und von Letzteren gibt es bekanntlich eine ganze Reihe. Für einige hat Haucap Verständnis, etwa für die Verschreibungspflicht, Berufszugangsregelungen oder die grundsätzliche Preisregulierung für rezeptpflichtige Arzneimittel – jedenfalls solange die Verbraucher in diesem Bereich nicht preissensibel sind.

Weniger Verständnis hat der Ökonom allerdings bereits für das Selbstbedienungsverbot für OTC-Arzneimittel. „Das scheint mit übertrieben“, so Haucap, eine „vorsichtige Deregulierung“ wäre aus seiner Sicht angesagt. Das Verbot erschwere den Preiswettbewerb, da auch Sonderpreise immer erst beim Apothekenpersonal erfragt werden müssten. Für ebenso übertrieben hält er das Fremd- und Mehrbesitzverbot: „Kettenbildung ist nicht per se etwas Furchtbares“. Man müsse allerdings aufpassen, dass nicht zur Monopolisierung regionaler Märkte komme. Dies wäre Haucap zufolge aber mit temporär schärferen Fusionskontrollen in den Griff zu bekommen. Was das von der Bundesregierung verfolgte Verbot von Pick-up-Stellen betrifft, so sieht er „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“. Gerade hier hätte der Wettbewerb gestärkt werden können – gegebenenfalls auch über die Formulierung von Mindestanforderungen.

Nicht zuletzt sieht Haucap im Preis für Rx-Arzneimittel eine Stellschraube für mehr Wettbewerb. Er plädiert dafür, den Apotheken zu erlauben, auf Zuzahlungen zu verzichten. Auch ihr Entgelt von 8,10 Euro abzüglich 2,30 Euro Kassenrabatt sollten sie selbst zur Disposition stellen können. Als Höchstgrenze will Haucap die bestehende Regelung allerdings beibehalten. Würde man die Preise ganz freigeben, sei zu befürchten, dass einige Preise auch überschießen.

Dass seine Vorstellungen in der Politik auf Gegenliebe stoßen, kann Haucap allerdings nicht behaupten. Vielmehr räumte er ein, dass er „kein konkretes Signal aus der Bundesregierung“ sehe, seine Vorschläge aufgreifen zu wollen.


Kirsten Sucker-Sket