Kommentar

Schöne neue Welt

DocMorris wurschtelt weiter, wenn auch inzwischen reichlich klamm und Übernahmeangeboten zugeneigt. Die Geschäfte laufen offensichtlich immer noch nicht wie erwartet. 5 Mio. Euro erhofft man für dieses Jahr. Absolut und erst Recht in Bezug auf den Pressewirbel, den unsere Medien den Niederländern gratis liefern, ist das fast nichts. Dass klare, eigentlich unmissverständliche Urteile deutscher Gerichte gegen den Arzneiversender selbst in unserem Nachbarland praktisch nicht oder nur mit unerträglicher Verzögerung durchzusetzen sind: wir haben es gelernt - und freuen uns auf zukünftig bessere Erfahrungen mit Ungarn, Polen, Rumänien usw...

Immerhin: DocMorris hat seinen juristischen Vorkämpfer, den Kölner Rechtsprofessor Koenig, bekannt durch sein Gutachten für DocMorris, in seinen Aufsichtsrat geholt. Guten Rechtsrat kann der Arzneiversender gebrauchen. Immerhin haben Deutsche Gerichte DocMorris bisher fast stets abgeurteilt. Recht und Gesetz ließen anderes schlicht nicht zu. Koenig hat neulich in der FAZ lamentiert, in welch "prekärer" Lage die Arzneiversender inzwischen seien. Sein Wunsch: Bitte schnell die Gesetze ändern! Er hält die bisherige DocMorris-Strategie beim Umgang mit dem Recht - strikt nach der Devise legal, illegal, scheißegal - offensichtlich auf Dauer für nicht tragfähig. Verrückt wäre, wenn die Gesundheitsministerin und die Koalition dem Wunsche Koenigs auf den Leim gingen. Leider gibt es Anzeichen dafür.

Von Niederländern habe ich auf dem Apothekertag gehört, DocMorris sei praktisch am Ende, ob noch ausgeliefert werde, sei unklar. Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht. Bestellung am Sonntag, den 16.9.2001; 30 Tabletten Ibuprofen 200 habe ich geordert. Immerhin: Anlieferung nach vier Tagen am Donnerstag, den 19.9.2001 - in einem Riesenpaket eine kleine Schachtel im Format 12 x 4.5 x 3 cm. Auf dem Paket ein roter Aufkleber: "PERSÖNLICH". German Parcel hat das Paket trotzdem bei meinem Nachbarn abgegeben. Auch er, ganz zweifellos, eine Persönlichkeit. Glücklich konnte ich mein Überraschungspaket am Freitag öffnen. Der Inhalt: Neben viel Luft zur Polsterung ein Päckchen mit "Ibuprofen 200 mg Katwijk", Beipackzettel in Niederländisch. Für mich keine geläufige Fremdsprache. Aber mit meinem bisschen Plattdeutsch, in Kiel gelernt, versteht man das Eine oder Andere so ungefähr. Zusätzlich in Deutsch: eine gefällig aufgemachte Werbebroschüre (12 Seiten), ein "Wichtiger Hinweis", dass die Arzneimittel ausschließlich für die Person bestimmt sind, die auf dem Paket oder auf der Rechnung vermerkt ist. Daneben 1 x DIN A4 Rechnung, 1 x DIN A4 "Willkommen in Ihrer persönlichen Apotheke" und 1 x DIN A4 mit einer deutschsprachigen Information und dem Hinweis: "Achtung: Diese Produktinformationen ersetzen keinen Beipackzettel ...". Richtig, der lag ja in der Packung - in bestem Niederländisch.

Klaus G. Brauer

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