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EU-Parlamentarier will es wissen: Wer kontrolliert DocMorris?

SPD-Politiker Bernd Lange stellt parlamentarische Anfrage an die EU-Kommission

BERLIN (bro/ks) | Der SPD-Europa­parlamentarier Bernd Lange ist überzeugt: Das Geschäftsmodell von DocMorris verzerrt den Wettbewerb. Er hat sich deshalb mit drei Fragen an die EU-Kommission gewandt und möchte erfahren, wie sie die Situation sieht. Die Antworten stehen allerdings noch aus.

Dass insbesondere die deutschen Apotheken das Geschäftsmodell DocMorris kritisch sehen, ist bekannt. Seit der Gründung des EU-Versenders im Jahr 2000 wird vor Gerichten gestritten. Doch es ist nicht immer leicht, sich gegen das Unternehmen in den Niederlanden durchzusetzen. Was die deutschen Apotheker besonders umtreibt, ist die Frage der Kontrolle: Wer prüft, ob alles rechtens läuft jenseits der Grenze? Die Niederländer scheinen sich nicht zuständig zu fühlen – die deutschen Behörden aber auch nicht.

In der EU-Politik hatten die EU-Versender bislang trotzdem mehr Fürsprecher als Gegner: So hat die EU-Kommission bereits 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sie meinte, die Rx-Preisbindung erschwere den Marktzugang für importierte Arzneimittel und entziehe den EU-Versendern damit „ihren größten Wettbewerbsvorteil“. Intensiviert hat sie das Verfahren, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2016 geurteilt hat, dass die Rx-Preisbindung nicht mit dem freien Warenverkehr zu vereinbaren ist.

Foto: EP/Fred MARVAUX

Drei Fragen hat der EU-Parlamentarier und SPD-Politiker Bernd Lange an die EU- Kommission geschickt, u. a. zur behördlichen Überwachung des Versenders DocMorris.

Doch in dieser Legislaturperiode könnten im EU-Parlament kritische Stimmen zusammenkommen. Der EU-Abgeordnete Lange aus Niedersachsen macht jedenfalls einen Anfang. Im Oktober hatte er in Hannover die Apotheke der früheren Kammerpräsidentin Magdalene Linz besucht. Laut einer Pressemitteilung der Landesapothekerkammer machte Lange bei dem Treffen – mit Blick auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung – deutlich, dass er um die bestehende Schieflage weiß und kein Verständnis für eine solche Art der Wettbewerbsverzerrung aufbringen kann.

Kundentäuschung und fehlende Überwachung

Nun hat er eine an die EU-Kommission adressierte parlamentarische Anfrage mit dem Titel „Wettbewerbsverzerrung durch Geschäftsmodell DocMorris“ auf den Weg gebracht. Darin skizziert er zunächst die Situation und bezieht sich dabei auch auf den jüngst wieder aufgelebten Streit um die Aachener Adresse, die DocMorris auf seinen Bestellscheinen und auf Paketen verwendet (siehe hierzu auch AZ Nr. 48, 2019, Seite 1). Wörtlich heißt es in Langes Anfrage:

„Die Versandapotheke DocMorris mit Geschäftssitz in den Niederlanden an der niederländisch-deutschen Grenze beliefert ausschließlich Kunden in Deutschland. Durch den Geschäftssitz in den Niederlanden unterliegt DocMorris nicht den in Deutschland geltenden rechtlichen Anforderungen für Versandapotheken. Außerdem wurden die Kunden durch eine rechtswidrige Nutzung einer deutschen Versand­adresse getäuscht. Da die Versand­apotheke zudem in den Niederlanden nicht als Apotheke gemeldet ist, wird sie meinen Kenntnissen zufolge auch nicht von den niederländischen Behörden überwacht.“

Es folgen die drei Fragen:

1. Wie bewertet die Kommission das Geschäftsmodell vor dem Hintergrund der rechtswidrigen Nutzung einer deutschen Versandadresse und fehlender Überwachung durch eine zuständige Behörde?

2. Wie bewertet die Kommission den daraus entstehenden Wettbewerbsvorteil gegenüber deutschen Apotheken, und welche Schritte könnten unternommen werden, um diese Wettbewerbsverzerrung zu verhindern?

3. Hat die Kommission Kenntnis davon, dass DocMorris von den niederlän­dischen Behörden überwacht wird?

Sonderfall „Grensapotheken“

Was die Überwachung des EU-Ver­senders betrifft, bezieht sich Lange auf Sonderregelungen im niederlän­dischen Recht für sogenannte „Grens­apotheken“.

Die niederländische Arzneimittelaufsicht erklärt auf ihrer Internetseite, dass unter gewissen Bedingungen „Abweichungen von der niederlän­dischen Rechtsnorm bei der Überwachung von Grenzapotheken“ zugelassen werden. Grenzapotheken sind demnach solche Apotheken, die hauptsächlich grenzüberschreitend beliefern. Solche Apotheken könnten die niederländischen Standards nicht erfüllen, da sie nach den Gesetzen und Vorschriften des anderen EU-Staates handeln müssten, heißt es weiter.

Ob und in welcher Frequenz DocMorris letztlich überwacht wird, ist aber völlig unklar – die Angaben der niederländischen Behörde sind allgemein gehalten und beziehen sich nicht ausdrücklich auf DocMorris. Doch auch die deutschen Behörden wollen DocMorris nicht kontrollieren – mehrfach haben die Aufsichtsbehörden auf ­deutscher Seite dies schon bekundet.

Man darf nun auf die Antwort der Kommission gespannt sein. |

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