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Versandhandelsverbot ist "europafest"

STUTTGART (cr). Die mit lauten propagandistischem Trommelfeuer etablierte Internet-Apotheke "0800DocMorris" mit Sitz im niederländischen Kerkrade verstößt in vielfältiger Weise gegen geltendes Recht. Zu dieser Feststellung kommt ein ausführliches Rechtsgutachten des Frankfurter Rechtsprofessors Hilko J. Meyer, angefertigt im Auftrag des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro). Die zusammenfassenden Thesen zum Gutachten haben wir in unserer letzten Montagsausgabe (DAZ-Apotheker Zeitung Nr. 32/33 vom 14. August) veröffentlicht. Unser Interview mit Professor Meyer zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, rechtlich gegen Internetapotheken und deren Hintermänner und Helfershelfer vorzugehen. Intelligente Gegenstrategien sind gefragt.

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Herr Professor Meyer, Anfang Juni dieses Jahres ist im niederländischen Kerkrade die Internetapotheke namens DocMorris ans Netz gegangen. Die Betreiber bieten deutschen Kunden apothekenpflichtige, ja sogar verschreibungspflichtige Arzneimittel via Versand an. Was wissen wir über die Betreiber von DocMorris?

Meyer:

Die Angaben auf der Internetseite von 0800.DocMorris.com sind widersprüchlich. Auf der einen Seite ist die Rede davon, dass es sich um den Internetdienst einer bestehenden niederländischen Apotheke handelt, auf der anderen Seite gibt es Hinweise darauf, dass es sich bei DocMorris um eine eigenständige Aktiengesellschaft handelt. Letzteres stimmt auch mit Pressemeldungen überein, dass deutsche Investoren hinter dem Unternehmen stehen. Fest steht, dass das Arzneimittelangebot von DocMorris im Wesentlichen auf den deutschen Markt ausgerichtet ist.

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Wie können die Arzneimittel von den deutschen Kunden bestellt werden?

Meyer:

Im Grunde wie bei jedem x-beliebigen Internetshop. Es gibt eine Liste mit ca. 350 Medikamenten, darunter zahlreiche verschreibungspflichtige Arzneimittel. Auch typische Lifestyle-Medikamente wie Viagra werden angeboten. Der Internetsurfer wählt dann das gewünschte Arzneimittel und "legt" es in seinen elektronischen Warenkorb. Anschließend muss er Angaben zu seiner Person machen: Name, Alter, Adresse, Zahlungsweise usw. Die Bestellung erfolgt durch einen Mausklick. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten wird die Übersendung eines Originalrezepts verlangt. Optional können vom Nutzer pharmazeutische Informationen zu Wechselwirkungen und zum Arzneimittelgebrauch abgefragt werden. Damit soll offenbar die pharmazeutische Kompetenz der Internetapotheke dokumentiert werden.

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Nach dem Arzneimittelgesetz ist Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland verboten. Verstöße gegen das Verbot sind strafbar. Greifen denn diese arzneimittelrechtlichen Restriktionen auch für so genannte Internetapotheken wie DocMorris, die ihren Sitz im europäischen Ausland haben? Oder gilt das deutsche Arzneimittelgesetz nur für deutsche Apotheken?

Meyer:

Das Versandhandelsverbot in § 43 des Arzneimittelgesetzes (AMG) gilt nicht nur für deutsche Apotheken, sondern für jeden, der in Deutschland apothekenpflichtige Arzneimittel in Verkehr bringt oder damit Handel treibt. Dies hat der deutsche Gesetzgeber 1998 in der Achten Novelle zum Arzneimittelgesetz ausdrücklich klargestellt.

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Entscheidend ist also, wo die angebotenen Arzneimittel in Verkehr gebracht werden. Nun heißt es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von DocMorris, dass die Zustellung und der Versand der Arzneimittel aus Kerkrade "im Auftrag des Bestellers" erfolgen soll. Könnte man daraus - very sophisticated - nicht schließen, dass die Abgabe der Arzneimittel in Holland erfolgt, und die Bestimmungen des deutschen Arzneimittelgesetzes damit ins Leere laufen?

Meyer:

Dies soll durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen offenbar suggeriert werden. Man kann aber nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen den tatsächlichen Ablauf der Dinge ins Gegenteil verkehren. Tatsache ist, dass die niederländische Internetapotheke nicht nur ihr Angebot an den deutschen Verbraucher richtet, sondern Kunden auch in Deutschland beliefert. Damit betätigt sich DocMorris im Geltungsbereich des deutschen Arzneimittelrechts. Die Zustellung der Arzneimittel an den Kunden wird eindeutig durch die niederländische Internetapotheke organisiert. Der deutsche Kunde erhält die tatsächliche Verfügungsgewalt über die von ihm bestellten Arzneimittel erst dann, wenn sie ihm an seiner Haustür ausgehändigt werden. Der Versand durch DocMorris ist integraler Bestandteil des Konzepts der Internetapotheke. Auch rechtlich gesehen ist DocMorris "Herr des Versendungsvorgangs", da es nicht der Kunde ist, der einen Boten losschickt, um in den Niederlanden ein Arzneimittel abzuholen, sondern es ist die Internetapotheke, die den Arzneimittelversand und die Zustellung organisiert. Und schließlich: Durch den Abschluss des Fernabsatzvertrages mit dem deutschen Kunden, der für seine Bestellung ja nicht die niederländische Apotheke aufsuchen muss, sondern zuhause an seinem Rechner sitzt, betreibt DocMorris Handel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln außerhalb der Apotheke. Auch dies ist in Deutschland illegal.

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DocMorris beruft sich auf seinen Internetseiten vornehmlich auf europäisches Recht. Ergibt sich dadurch denn tatsächlich eine vom deutschen Arzneimittelgesetz abweichende Rechtslage?

Meyer:

Ich habe in meinem Rechtsgutachten ausführlich dargelegt, dass das deutsche Versandhandelsverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel "europafest" ist. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist das Versandhandelsverbot als "nicht diskriminierende nationale Regelung der Verkaufsmodalitäten" anzusehen. Es stellt keinen Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit dar. Aber selbst wenn man einen solchen Eingriff bejahen würde, wäre dieser durch zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls, also insbesondere den Schutz der Gesundheit und den Verbraucherschutz, gerechtfertigt. Auch dies hat der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung stets festgestellt. Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die erst 1997 verabschiedete Fernabsatzrichtlinie bestätigt. Diese Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten ausdrücklich, für Arzneimittel ein Versandhandelsverbot zu erlassen. Schließlich ändert auch die kürzlich in Kraft getretene E-Commerce-Richtlinie, auf die sich DocMorris ja beruft, nichts an meiner rechtlichen Einschätzung, da diese Richtlinie nationale Regelungen der stofflichen Auslieferung von Waren, also auch die Abgabevorschriften für Arzneimittel, unberührt lässt. Die E-Commerce-Richtlinie nimmt solche Abgabevorschriften ausdrücklich aus dem so genannten koordinierten Bereich heraus. Außerdem lässt die Richtlinie das gemeinschaftsrechtlich erreichte Schutzniveau im Hinblick auf Gesundheit und Verbraucherschutz unberührt.

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Im Ergebnis heißt das also, dass beim Arzneimittelversand das immer wieder ins Feld geführte Herkunftslandprinzip, wonach die Rechtslage des Versenderstaates gilt, gar nicht zur Anwendung kommt.

Meyer:

Genau. Das Versandhandelsverbot für apothekenpflichtige Arzneimittel ist europarechtlich zulässig. Es gilt auch für den grenzüberschreitenden Arzneimittelhandel von DocMorris. Lassen Sie mich noch einige Ausführungen zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs machen: In der Schumacher-Entscheidung, auf die sich DocMorris ja auch beruft, wurde in der Tat das individuelle Recht des europäischen Bürgers betont, Arzneimittel zum persönlichen Gebrauch aus dem europäischen Ausland zu beziehen - auch dann, wenn diese Mittel im Empfängerland als Arzneimittel nicht zugelassen sind. Die Schumacher-Entscheidung war ein Vorgriff des Gerichts auf den - bis heute nicht bestehenden - europäischen Binnenmarkt für Arzneimittel. Mit dieser Ausnahmeregelung zugunsten des Bürgers hat der Gerichtshof aber nicht ein Recht zugunsten potenzieller Anbieter von Arzneimitteln zur Umgehung bestehender arzneimittelrechtlicher Vorschriften geschaffen, die bis heute in erster Linie national ausgerichtet sind. Der deutsche Gesetzgeber hat, wie bereits erwähnt, in der 8. AMG-Novelle diesen Ausnahmecharakter ausdrücklich klargestellt und u. a. festgeschrieben, dass der zulässige Einzelbezug von Arzneimitteln nicht aufgrund beruflicher oder gewerblicher Vermittlung erfolgen darf. Die gewerbliche Vermittlung, die bei DocMorris offensichtlich ist, würde nämlich aus dieser Ausnahme die Regel machen.

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Mit anderen Worten: Die Rechtsprechung, auf die sich DocMorris beruft, betrifft nicht den Anwendungsbereich des gewerblichen Handeltreibens mit Arzneimitteln, sondern soll lediglich ein eng begrenztes Individualrecht des Bürgers gewährleisten?

Meyer:

Ja. Es entspricht inzwischen der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die private Einzeleinfuhr nicht zur systematischen Umgehung der nationalen Zulassungsvorschriften missbraucht werden darf.

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Herr Professor Meyer, in Ihrem Rechtsgutachten stellen Sie neben diesen arzneimittelgesetzlichen Verstößen auch eklatante Verletzungen des deutschen Heilmittelwerberechts fest.

Meyer:

DocMorris verstößt nicht nur gegen das deutsche, sondern auch gegen das europäische Werberecht für Arzneimittel. Auf den Internetseiten wird für verschreibungspflichtige Arzneimittel Publikumswerbung betrieben. Dies ist auch nach europäischem Recht unzulässig. Da sich die Werbung gezielt an deutsche Verbraucher richtet und diese zum Einzelbezug in Deutschland nicht zugelassener Medikamente im Wege des Versandhandels aufgefordert werden, liegen weitere Verstöße gegen das deutsche Heilmittelwerbegesetz vor.

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Somit bleibt festzuhalten: DocMorris verstößt gegen vielfältige deutsche und europäische Rechtsvorschriften. Der grenzüberschreitende Arzneimittelhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln ist nach wie vor illegal. Dennoch hat man, auch in der Berufsöffentlichkeit, oftmals den Eindruck, dass gegen Internetapotheken a la DocMorris auf Dauer ohnehin kein Kraut gewachsen sei. Teilen Sie diese Einschätzung?

Meyer:

Nein. Ich glaube, dass die Vorstellung vom Internet als einem rechtsfreien Raum längst überholt ist. Es gibt vielfältige Initiativen der Regierungen, das Internet in den Griff zu bekommen, wie z. B. bei der Besteuerung des elektronischen Geschäftsverkehrs. Aber natürlich ist es zum Teil ein mühseliges Geschäft, sich mit den neuen technischen Möglichkeiten, die das Medium bietet, auseinander zu setzen. Auch handelt es sich in der Regel um grenzüberschreitende Sachverhalte, so dass man sich mit anderen Staaten einig werden muss. Der Rechtsstaat wird sich aber schon aufgrund seines Selbstverständnisses auf Dauer dieser wichtigen Aufgabe nicht entziehen können.

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Wenn Internet und E-Commerce sich nicht im rechtsfreien Raum bewegen, muss das aber doch auch heißen, dass Zoll, Staatsanwaltschaften und Aufsichtsbehörden gefordert sind, illegale Zustände zu beseitigen. Herrscht dort schon die erforderliche Sensibilität für Fragen des verbotenen Arzneimittelhandels? Gibt es beispielsweise Ansätze einer internationalen Zusammenarbeit?

Meyer:

Das Problembewusstsein der Behörden lässt sich nur schwer einschätzen. Immerhin bleibt festzuhalten, dass der deutsche Gesetzgeber durch die Verabschiedung der 8. AMG-Novelle gegen den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln eindeutig Position bezogen hat. Auch die zitierte einschränkende Regelung des Anwendungsbereichs der E-Commerce-Richtlinie geht wohl auf deutsche Initiative zurück. Aus den Ministerien auf Bundes- und Landesebene gibt es eindeutige Stellungnahmen gegen den Versandhandel mit Arzneimitteln. Und selbst die abweichenden Äußerungen von Gesundheitsministerin Fischer anlässlich ihres USA-Besuchs sind inzwischen dementiert worden. Dennoch hat man zum Teil in der Tat den Eindruck, dass die Exekutive den illegalen Arzneimittelimport durchaus mit größerem Engagement bekämpfen könnte.

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Wobei ja immer wieder zu betonen ist, dass auch innerhalb der allermeisten anderen europäischen Staaten der Versandhandel mit Arzneimitteln verboten ist. Die Rechtslage in Deutschland stellt die Regel, nicht die Ausnahme dar...

Meyer:

Dieser wichtige Tatbestand ist leider in der europäischen Diskussion bisher immer zu kurz gekommen.

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Wie können sich denn einzelne Apotheken oder Zusammenschlüsse einzelner Apotheken, z. B. in Apothekerverbänden, gegen den Arzneimittelhandel von Internetapotheken a la DocMorris wehren? Ist das Wettbewerbsrecht ein geeignetes Mittel, um gegen die illegalen Praktiken vorzugehen?

Meyer:

Die in meinem Gutachten dargelegten Rechtsverstöße der niederländischen Internetapotheke stellen für jeden einzelnen deutschen Apotheker unlauteren Wettbewerb dar. Jeder Apothekenleiter, unter bestimmten Voraussetzungen auch die Apothekerverbände oder Wettbewerbsvereine, können daher wettbewerbsrechtlich gegen Internetapotheken, die illegalen Versandhandel betreiben, vorgehen. Wie bei jedem zivilrechtlichen Vorgehen ist damit freilich auch ein gewisses Prozessrisiko verbunden.

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Und wie steht es mit der Vollstreckbarkeit solcher Entscheidungen?

Meyer:

Die ist in der Tat nicht ganz einfach herbeizuführen, da der vielbeschworene einheitliche europäische Rechtsraum bis heute in weiten Teilen nur auf dem Papier besteht. Nach dem so genannten Brüsseler Übereinkommen ist es aber durchaus möglich, ein in Deutschland erstrittenes zivilrechtliches Urteil gegen eine natürliche oder juristische Person in einem anderen europäischen Mitgliedstaat, wie z. B. den Niederlanden, für vollstreckbar erklären zu lassen. Voraussetzung ist, dass die Gegenseite im deutschen Verfahren rechtliches Gehör hatte und die Entscheidung dem anderen Staat in einem förmlichen Verfahren übermittelt wird.

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Am illegalen Arzneimittelversand sind ja durchaus unterschiedliche Personen und Unternehmen beteiligt. Besteht eigentlich die Möglichkeit, auch rechtlich an die Hintermänner und Helfershelfer von Internetapotheken heranzukommen? Ich denke an Zustelldienste, Betreiber von Online-Unternehmen oder Großhandlungen, die gegebenenfalls Internetapotheken beliefern...

Meyer:

Grundsätzlich kann als Störer im Sinne des Wettbewerbsrechts jeder in Anspruch genommen werden, der in irgendeiner Weise willentlich und ursächlich an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Als Mitwirkung genügt auch die Unterstützung oder Ausnützung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten. Inwieweit nun bei den von Ihnen genannten Personen und Unternehmen Wettbewerbsverstöße vorliegen, hängt natürlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Zum Beispiel bestehen im Bereich der Online-Dienste für die Haftung der Betreiber zum Teil gesetzliche Einschränkungen. Dennoch kann ein Vorgehen gegen Unternehmer mit Sitz in Deutschland natürlich prozesstaktische Vorteile bieten.

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Es besteht somit an sich kein Anlass, rechtlich die Flinte ins Korn zu werfen. Man muss nur intelligente Gegenstrategien entwickeln - dann ist auch der illegale Arzneimittelversand via Internet in den Griff zu bekommen?

Meyer:

Davon bin ich überzeugt, nach derzeitiger Rechtslage gibt es keinen Grund zur Resignation.

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Sie haben Ihr Rechtsgutachten, Herr Professor Meyer, im Auftrag des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels erstellt. Stimmt die politische Position des PHAGRO mit Ihrer rechtlichen Einschätzung überein oder liebäugeln einige ihrer Mitglieder insgeheim nicht doch mit Internet-Versandapotheken?

Meyer:

Ich hatte für mein Gutachten keinerlei inhaltliche Vorgaben seitens des Auftraggebers und konnte mich daher völlig frei der Frage widmen, wie die Rechtslage im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln zu beurteilen ist. Die Reaktionen auf meine Ausführungen lassen jedoch erkennen, dass die Ergebnisse des Gutachtens nicht nur im Sinne der Apothekerschaft sind, sondern auch vom Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels und seinen Mitgliedsunternehmen einhellig begrüßt werden.

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Ich weiß, Juristen stellen ungern Prognosen. Trotzdem zum Abschluss die Frage: Ist der E-Commerce mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln Ihrer Ansicht nach auf Dauer zu verhindern?

Meyer:

Mein Gutachten bezieht sich ausschließlich auf die gegenwärtige Rechtslage und enthält keine Prognosen für die künftige Gesetzgebung. Mit der gesundheitspolitischen Begründung der Apothekenpflicht und des Versandhandelsverbots setzt es allerdings die Maßstäbe, an denen sich nach meiner Überzeugung auch künftige Modifikationen der Rechtslage ausrichten müssen. Dies gilt insbesondere für Fragen der Arzneimittelabgabe sowie die Information und Beratung des Patienten durch den Apotheker, die nur bei der persönlichen Aushändigung des Arzneimittels in der Apotheke gewährleistet ist. Allerdings macht mein Gutachten auch deutlich, dass sich künftige Regelungen im Apothekenbereich wesentlich stärker als bisher um einen europäischen Konsens bemühen müssen. Wer sich als Apotheker darauf verlässt, dass ihn sein nationales Recht auf Dauer vor grenzüberschreitendem Wettbewerb schützt, könnte sehr schnell durch den eigenen Gesetzgeber enttäuscht werden. Entsprechendes ist den holländischen Apothekern gerade erst passiert. Wer die künftige Rechtsentwicklung mitgestalten will, wird nicht umhin kommen, mit seinen europäischen Partnern eine konsensfähige Position zu erarbeiten. Pharmazeutische Industrie und Großhandel haben vorgemacht, dass dies trotz unterschiedlicher nationaler Ausgangspunkte und Traditionen möglich ist. Ich persönlich meine, dass bisher viel zuwenig darüber nachgedacht wurde, wie der gesundheitspolitisch gebotene Schutz der Patienten durch den persönlichen Service der Apotheke mit den Möglichkeiten der neuen Technik in Einklang zu bringen ist.

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Herr Professor Meyer, vielen Dank für dieses Gespräch!

Die mit lauten propagandistischem Trommelfeuer etablierte Internet-Apotheke "0800DocMorris" mit Sitz im niederländischen Kerkrade verstößt in vielfältiger Weise gegen geltendes Recht. Zu dieser Feststellung kommt ein ausführliches Rechtsgutachten des Frankfurter Rechtsprofessors Hilko J. Meyer, angefertigt im Auftrag des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro). Unser Interview mit Professor Meyer zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, rechtlich gegen Internetapotheken und deren Hintermänner und Helfershelfer vorzugehen. Intelligente Gegenstrategien sind gefragt.

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