Berichte

Studienreise nach Malta

Unter dem Motto "Malteser fliegen nach Malta" starteten am 31. Oktober 1999 Apothekerinnen und Apotheker des Malteser Hilfsdienstes aus ganz Deutschland zu einer pharmazeutischen Fortbildungswoche nach Malta. Verstärkt wurde die kleine Gruppe durch Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen anderen Bereichen unseres Berufsstandes, wie Aufsichtsbehörde, Blutbank, Bundeswehr, Krankenhausapotheke, Öffentliche Apotheke, Organisationen und Versorgungsapotheke.

Umfangreiches Programm

Der Malta-Termin war nicht zufällig gewählt, feierten doch sowohl der (protestantische) Johanniter wie auch der (katholische) Malteserorden – beide aus derselben Wurzel stammend – im Jahre 1999 ihr 900-jähriges Bestehen. Kollege W. Wagner, Düsseldorf, Bundesapotheker im Malteser Hilfsdienst, hatte schon sehr frühzeitig ein umfangreiches pharmazeutisches Besuchs- und Fortbildungsprogramm zusammengestellt.

Aus der von ihm hervorragend organisierten und auch straff geführten Kongress- und Studienreise seien hier einige der wichtigsten Programmthemen aufgeführt: Die karitativen Stätten des Malteser Ritterordens, 900 Jahre Hospitalwesen, Pharmazie und Krankenpflege, Gesundheitswesen der Republik Malta, Katastrophenschutz und Rettungswesen Maltas, Treffen mit Vertretern von Apothekerverband und Apothekerkammer Maltas, Krankenhauspharmazie auf Malta, Besuch eines Krankenhauses und der Klinikapotheke, Botanische Exkursion, Maltese Cross Corps, Emergency Corps of the Order of Malta, Seuchen, Pest, Quarantäne, Universität Malta: Department of Pharmacy.

Wurzeln im Heiligen Land

Der Malteser Ritterorden war ursprünglich ein Hospitalorden. 1099 war er im Heiligen Land durch den Sel. Bruder Gerhard gegründet worden. Die Mitglieder pflegten Kranke und verwundete Pilger in Jerusalem. Krankenpflege und Hospitalwesen sind also die Wurzeln dieser ältesten sozial-karitativen Gemeinschaft in Europa. Zu diesen Aufgaben kam der ritterlich-militärische Auftrag zur Verteidigung des christlichen Glaubens und des Abendlandes hinzu. Der Orden übernahm – schon im Heiligen Land – sehr rasch die arabischen Kenntnisse von Medizin und Pharmazie. Seine großen Krankenhäuser auf Rhodos und später auch auf Malta waren berühmt und Vorbild für das übrige Europa! In ihnen wurde intensiv die Ausbildung von Ärzten, Apothekern und Krankenpflegern betrieben und gefördert. So war es ein konsequenter Schritt, dass schon 1592 auf Malta das Collegium Melitense, eine Art höhere Lehranstalt für diese Zwecke, aber auch für andere Wissensgebiete, entstand. 1769 erfolgte dann die Gründung einer öffentlichen Universität durch den portugiesischen Großmeister des Malteser Ordens Manuel Pinto 1741–1773). Über die heutige Universität und besonders den pharmazeutischen Bereich, der durchaus moderne und zukunftsweisende Ausbildungs- und Studienbedingungen hat, soll hier näher berichtet werden.

Pharmazie an der Universität von Malta

Einer der wissenschaftlichen Höhepunkte dieser Fortbildungsreise war zweifelsohne ein Besuch in der Universität der Inselrepublik Malta. Ursprünglich im Hafengebiet gelegen, befindet sie sich heute auf einer Anhöhe über der Stadt. Auffallend ist die mediterrane, dabei moderne Bauweise, die auch Anklänge an die 6000 Jahre alte Megalithkultur der Hauptinseln Malta und Gozo erkennen lässt. Die Universität – mit Englisch und Malti als Unterrichtssprachen – bietet eine beachtenswerte Alternative für Studenten aus dem ehemaligen Mutterland Großbritannien, aber auch aus den USA, Kanada und dem gesamten Commonwealth. Dies gilt auch für den pharmazeutischen Bereich, da dessen Absolventen hervorragende Chancen in all diesen Ländern haben. Mit einem Pharmazeutischen Institut deutscher Art kann Maltas "Department of Pharmacy" jedoch nicht verglichen werden, da es sehr viel mehr umfasst.

Allerdings bedeutet dies nicht, dass deshalb auch mehr Ausbildungspersonal vorhanden ist, im Gegenteil: Professor Anthony Serracino Inglott, geschäftsführender Direktor des Department of Pharmacy, muss – bis auf wenige Ausnahmen – die gesamte Forschung und Lehre vertreten! Lange Jahre war er in den USA und ist deshalb auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand. Aus den USA hat er übernommen, was ihm sinnvoll erschien, und dies dann in überlegter Weise fort- und weiterentwickelt. Die Leistungen seines Departments, seiner Studenten und Schüler hat Inglott zuletzt in einem 1998 erschienenen Buch unter dem Titel "Pharmacy Symposium – Project Reports 98" vorgestellt. Es enthält auf 370 Seiten standardisierte Kurzberichte aus folgenden Lehr- und Praktikumsinhalten: Pharmacy Practice, Pharmacology, Nutrition, Biotechnology, Epidemiology, Therapeutic Management, Pharmacognosy, Information Technology, Pharmaco-Economics und Pharmaceutics. Sind schon hier erhebliche Abweichungen zu den deutschen pharmazeutischen Schwerpunkten erkennbar, so wird die zukunftsweisende Ausbildung der maltesischen Pharmazeuten daran deutlich, dass sie schon im 1. Jahr Kurse über "Anatomy", "Physiology und Biochemistry" und "Mathematical" belegt müssen! In einem Land mit nur 390000 Einwohnern und knapp 600 Pharmazeuten sind offensichtlich Reformen und sinnvolle Entwicklungen viel schneller umzusetzen.

Dass moderne Strukturen durchaus kein Gegensatz zur Historie sein müssen, wurde bei einem Rundgang durch Praktikumsräume und Labors deutlich: Neben alten Apothekenschränken aus Maltas Apotheken mit ehemals offizinellen Drogen und Untersuchungsgeräten hängen große Poster an den Flurwänden. Hier werden die wichtigsten Institutsarbeiten permanent ausgestellt, nicht nur als Anerkennung für die Mitarbeiter, sondern auch als Ansporn für den Nachwuchs. Diese positive Personalpolitik, die nicht zuletzt auch im Buch "Pharmacy Symposium" dadurch zum Ausdruck kommt, dass alle Berichte unter deutlicher (alleiniger) Namensnennung der Studenten abgefasst sind, sichert Prof. Inglott hohe Anerkennung unter seinen Studenten und Mitarbeitern. Im Jahre 1999 erschien zudem als eigenständige Leistung des Pharmazeutischen Departments das Fachbuch "Validation Instruments for Community Pharmacy – Pharmaceutical Care for the Third Millenium". Beeindruckend war auch, wie eine Tutorin und drei Studenten in unserer Gegenwart ein aktuelles Thema (Therapie- und patientenbezogene Diskussion über eine Migränepatientin) abhandelten. Insgesamt gewannen wir den Eindruck, dass sich die universitäre Ausbildung auf hohem und nachahmenswertem Niveau befindet und – was den Praxisbezug angeht – im übrigen Europa (und wohl auch den USA) sicher keinen Vergleich zu scheuen hat.

Stein gewordene Geschichte

Malta, seine Festungsbauten und Tempel – wer sie nicht gesehen hat, war nicht dort! Da die Malteserritter ihre Krankenhäuser und Pflegesäle – nicht zuletzt der großen Flotte wegen – unmittelbar am Hafen und dort im Festungsbereich untergebracht hatten, war die Beschäftigung mit diesem Teil Geschichte Anschauungsunterricht an Ort und Stelle! Dank Vermittlung unseres maltesischen Betreuers, Herrn Joe Galea, Sekretär des Maltese Cross Corps, sowie der diplomatischen Vertretung des Malteserordens (Sitz: Rom) war es möglich, Örtlichkeiten und Gebäudeeinrichtungen zu besichtigen, zu denen sonst kein Zutritt besteht und die der normale Tourist nie zu Gesicht bekommt. So nahmen wir denn nur ungern Abschied von einem zwar kleinen Land, das aber mehr an Geschichte – auch an Pharmaziehistorie – aufzuweisen hat als viele große Staaten der Erde.

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