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Der Weltkongress der Pharmazie 2000, veranstaltet vom Weltapothekerverband FIP vom 26. bis 31. August in Wien, machte die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten aus aller Welt nicht nur mit Wiener Walzer und Wiener Zithermusik, dem Heurigen, dem Wiener Schnitzel und anderen Schmankerln aus der Donaustadt bekannt. Wie es sich für einen Weltkongress gehört, übte er sich auch im Weitblick und im Blick in die Kristallkugel: Wie geht es weiter mit der Pharmazie im 21. Jahrhundert? Braucht die Gesellschaft auch in Zukunft, im 21. Jahrhundert, den Apotheker? Und wie, mit welchen Leistungen kann sich der Apotheker unverzichtbar machen?

Da der Apotheker nicht auf einer Insel der Glückseligen lebt, sondern eingebunden ist in ein Umfeld, in dem er ständig gefordert ist, sich zu behaupten, muss er berücksichtigen und beobachten, was um ihn herum geschieht - und darauf reagieren. Der Weltkongress versuchte, auf solche Strömungen und Trends aufmerksam zu machen.

Evidence based care ist - in Anlehnung zu evidence based medicine - ein Begriff, der mehr und mehr ins Gespräch kommt. Das, was in der gesamten Betreuung eines Patienten getan wird - und dazu gehört auch die pharmazeutische Betreuung - sollte nicht einfach aufgrund von Überlieferung geschehen oder "weil man es schon immer so machte", sondern sollte untermauert sein mit harten Daten: eine auf Beweisen und Nachweisen basierte Betreuung könnte zum Standard werden. Das bedeutet, dass der Apotheker hier mit Zahlen und Daten aufzeigen muss, was seine Arbeit nützt.

"Der aufgeklärte Verbraucher" könnte ein weiterer Trend sein, der sich verstärkt, und auf den auch der Pharmazeut reagieren muss. Der Verbraucher bzw. der Patient weiß, welche Therapien es heute gibt, er kann sich zu Gesundheitsfragen beispielsweise im Internet oder bei Telefon-Hotlines informieren. Allerdings ist sich der Patient nicht der Bedeutung bewusst, die den verschiedenen Therapien zukommt.

Deshalb könnte es sein, dass der Verbraucher um Rat nachsucht, z. B. in der Apotheke - es ist die Institution im Gesundheitswesen, die einen einfachen Zugang ermöglicht und in großer Zahl verfügbar ist. Denkbar ist, dass sich der Apotheker in Richtung "Anwalt des Patienten" oder "Gesundheitslotse" entwickelt.

Zukünftige Entwicklungen und Veränderungen im Gesundheitswesen werden zweifellos auch technologiegetrieben sein - ein Punkt, der immer wieder auf dem pharmazeutischen Weltkongress in Wien zur Sprache kam. Informations- und Kommunikationstechnologien ziehen Veränderungen mit sich, die heute bei weitem noch nicht vorhersehbar sind. Das Internet ist ein Baustein, der sich bereits mittelbar und unmittelbar auf die Apotheke auswirkt zum Beispiel durch die Möglichkeit zur Informationsbeschaffung, zur Kommunikation und - in seiner negativen Form - zur Bestellung und Belieferung mit Arzneimitteln.

Noch nicht umfassend vorstellbar ist, was mit der neuen Handy-Technologie UMTS machbar sein wird. Theoretisch wird es möglich sein, dass jeder sofort Zugang zu Gesundheitsinfos hat, vergleichbar mit einem mobilen Internetzugang. Apotheken könnten ihren Stammkunden zum Beispiel Gesundheitsinfos aufs Handy schicken oder sie an fällige Vorsorgetermine erinnern und sie zum Gesundheitscheck einladen. Was auch immer kommt, dran bleiben heißt hier die Devise, bevor andere sich einklinken und dem Apotheker den Platz auf dem Gebiet der Gesundheitsinformation streitig machen.

Ein weiterer Trend, der mehrmals auf dem FIP-Kongress angesprochen wurde, ist die stärkere Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen wie Ärzten und Pflegekräften. Auf internationaler Ebene konnte man sich hier bereits verständigen. Die obersten Organisationen der Pharmazeuten, Ärzte und Pflegekräfte haben sich bereits - auf dem Papier - zu einer Allianz zusammengeschlossen, um ihre Kooperation zu verstärken. Bis ein solcher Zusammenschluss Auswirkungen in praxi zeigt, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Noch sind die Berührungsängste zwischen den Berufsgruppen groß.

Zum Thema Zusammenarbeit und Partnerschaften kam der mutige Gedanke auf, den Sachverstand der Apotheker auch bei Kommunen und Gemeinden mit zu berücksichtigen, wenn es beispielsweise darum geht, neue Wohnanlagen zu bauen, und wenn die Frage zu klären ist, wie die Menschen, die dort leben, am besten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen erhalten. Natürlich müsste sich hier ein Pharmazeut Spezialwissen angeeignet haben.

Bei all diesen möglichen Vorhersagen für Trends und Strömungen blieb auf dem Kongress nicht unerwähnt, dass es auch weiterhin einen Platz für die traditionelle Apotheke geben wird. Denn Arzneimittel sind und bleiben eine Ware besonderer Art. Beim Einsatz von Arzneimitteln geht es um die Gesundheit eines Menschen und nicht um ein Wellness-Gefühl. Aufgabe des Apothekers wird es verstärkt sein, dafür zu sorgen, dass der Patient sein Arzneimittel richtig einsetzt.

Also, dran bleiben an den neuen Entwicklungen - wir halten Sie auf dem Laufenden.

Peter Ditzel

Ein Blick in die Kristallkugel

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