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60. Kongress des Weltapothekerverbands: "Pharmazie im 21. Jahrhundert"

WIEN (diz). Der Weltapothekerverband FIP (Federation Internationale Pharmaceutique) veranstaltete seinen 60. internationalen Kongress der Pharmazie in diesem Jahr in Österreichs Hauptstadt Wien. Vom 26. bis 31. August waren 2500 Apothekerinnen und Apotheker aus rund 90 Ländern in der Donaustadt zu Gast zum Gedankenaustausch in Richtung Zukunft der Pharmazie und zur Fortbildung.

Der Weltkongress der Pharmazie stand in diesem Jahr unter dem Motto "Pharmazie im 21. Jahrhundert - der Weg nach vorne". Grundsatzvorträge beschäftigten sich zum Beispiel mit Überlegungen, wo der Pharmazeut im modernen Gesundheitswesen der Zukunft eine unverzichtbare Rolle spielen und wie er sich und seine Fähigkeiten einbringen kann. Dabei nahmen auch Überlegungen einen großen Raum ein, wie in Zukunft Informations- und Kommunikationstechnologien sowie das Internet verstärkt genutzt werden können.

Zusammenarbeit und Partnerschaft

Als Beitrag gegen die steigenden Kosten im Gesundheitswesen setzt der Weltapothekerverband auf Zusammenarbeit und Partnerschaft mit anderen Berufen im Gesundheitswesen, insbesondere mit Ärzten und Pflegekräften. Dies geht aus einem Editorial des FIP-Präsidenten Peter Kielgast, Dänemark, hervor, das er in einer Sonderausgabe der FIP-Zeitschrift zum Weltkongress veröffentlichte. Es gebe bereits in Gemeinden, Pflegeheimen und Krankenhäusern viele gute Beispiele für die "multiprofessionelle Zusammenarbeit" zum Wohl der Patienten.

Allerdings habe man auch Beispiele dafür, dass andere Berufsgruppen solchen neue Initiativen mit Misstrauen oder Ablehnung begegneten. Vor diesem Hintergrund haben sich die internationalen Organisationen der Pharmazeuten, Ärzte und Pfleger zu einer Allianz zusammengeschlossen, um die Notwendigkeit zu zeigen, die Kräfte zu bündeln und die Zusammenarbeit zu stärken. Dabei sei die Allianz gegründet auf dem gegenseitigen Vertrauen und dem Respekt vor der Kompetenz und der Integrität, die jeder dieser Berufe habe.

Die FIP habe bereits in einigen Regionen Foren gebildet, die ihre Arbeit aufnehmen und unter praktischen Bedingungen zeigen wollten, dass sie zu einem besseren Gesundheitssystem beitragen können. Er hoffe, so Kielgast in diesem Editorial, dass diese Allianz auch als Beispiel diene für eine ähnliche Zusammenarbeit der Heilberufsgruppen auf nationaler Ebene.

Stichwort Globalisierung

Mit Gedanken zur Globalisierung setzte sich der FIP-Präsident in seiner Eröffnungsrede zum diesjährigen Weltkongress auseinander. Er ist überzeugt davon, dass man die fortschreitende Globalisierung nicht aufhalten könne, zumal es auch keine wirkliche Alternative dazu gebe. Die Gesundheitsberufe, und damit auch die Pharmazeuten, könnten sich aus diesen Entwicklungen nicht ausklinken. Ähnlich wie die Computertechnologie und der freie Handel müssten auch Gesundheit und Krankheit unter dem Blickwinkel der Globalisierung betrachtet werden. Dies erfordere in Zukunft ein breiteres kulturelles Verständnis als wir es bisher in unserer Ausbildung mitbekommen hätten, und ständige Innovationen, so Kielgast hierzu.

Er geht davon aus, dass die Kosten zur Krankheitsbekämpfung ständig weiter wachsen werden trotz staatlicher Interventionen zur Kostenkontrolle. Zur Zeit sind 16% der Bevölkerung in Westeuropa über 65 Jahre alt; im Jahr 2030 wird dieser Anteil auf 25% und in 2050 auf 30% angestiegen sein, so die Prognosen. Allein vor diesem Hintergrund werde es auch weiterhin mehr, bessere und teurere Arzneimittel geben für eine "älter werdende Welt". Die Apotheker werden von diesem Marktwachstum profitieren, denn der Arzneimittelverbrauch wächst mit dem steigenden biologischen Alter der Bevölkerung.

Herausforderung: Malaria und AIDS

Beim Stichwort Globalisierung muss man sich auch mit zwei in Entwicklungsländern am meisten verbreiteten Krankheiten befassen, mit Malaria und AIDS. Auf das Konto der Malariaerkrankung gehen jedes Jahr 1 Million Todesfälle allein in Afrika. Dabei könnte diese Erkrankung durch entsprechende Aufklärung der Bevölkerung zu einem großen Teil unter Kontrolle gehalten werden. In diesem Zusammenhang könnte auch Pharmazeuten eine entscheidende Rolle zukommen.

Ein ähnliches Szenario zeichnet sich bei AIDS ab. Afrika ist auch von dieser Krankheit stark betroffen: allein 25 Millionen von weltweit 34 Millionen mit dem Virus infizierte Personen leben in Afrika, 19 Millionen sind bereits gestorben. Die Armut in Afrika verhindert, dass hier entsprechende therapeutische Maßnahmen gegen die HIV-Infektion eingesetzt werden können wie in den Industrienationen. Doch bei allen Überlegungen zu den Kosten der Therapie: "Es ist nicht die Armut, sondern ein Virus, das diese Erkrankung hervorruft", gab Kielgast zu bedenken. Und vor diesem Hintergrund sei die effektivste Lösung des Problems auch hier eine stärkere Information.

Vertrauensfrage Gentechnologie

Das neue Millennium begann mit einem Meilenstein der Forschung: der Sequenzierung des menschlichen Genoms. Damit ist die zielorientierte Suche nach Arzneimitteln ohne Nebenwirkungen näher gerückt und eine Diagnostik, aufgrund deren Erkenntnisse man letztendlich mehr Krankheiten behandeln können wird. Doch die Gentechnologie verspricht nicht nur neue medizinische Möglichkeiten, gleichzeitig entstehen Ängste und Unsicherheiten: was ist, wenn Versicherungen oder Arbeitgeber Kenntnis vom Erbgut eines Menschen haben oder wenn Forscher versuchen sollten, "designer babies" am Reißbrett zu entwerfen, fragte Kielgast. Auch hier zeige es sich wieder, dass öffentliches Vertrauen und Information der Schlüssel zu einer erfolgreichen Globalisierung sei.

Für eine global arbeitende Organisation wie die FIP sei es daher wichtig, sich solche drängenden Themen vor Augen zu halten und zu verfolgen, zumal sie auch Auswirkungen auf den Beruf des Pharmazeuten haben. Zu diesen Themen gehört besonders:

  • Vertraulichkeit und Sicherheit im Internet
  • Schutz genetischer Informationen
  • Umsetzen diagnostischer Kenntnisse in Richtung Vorsorge
  • Kosteneffektive Bereitstellung von Medizin
  • Die internationale Allianz der Gesundheitsberufe zu konkreten Aktionen und zur Kooperation auf nationaler Ebene führen.

Der FIP-Präsident wörtlich: "Wir arbeiten auf einem Gebiet, das auch weiterhin im Focus der Politiker und der Medien stehen wird. Unsere Gesellschaft braucht die Kompetenz des Pharmazeuten und der pharmazeutischen Wissenschaften, aber alles, was wir tun, wird auch weiterhin überprüft und hinterfragt werden. Schaffen wir es, damit umzugehen und den Anforderungen gerecht zu werden, dann wird der Apotheker auch weiterhin benötigt."

Die Eröffnungszeremonie

Für die traditionelle Eröffnungszeremonie des FIP-Kongresses ließen sich die Veranstalter Wiener Schmankerl einfallen. Eine Moderatorin, die mehrmals im Lauf des dreistündigen "Infotainment" ihr Dirndl wechselte, gab für die Pharmazeuten aus aller Welt einen kleinen Sprachkurs in "Austrian German", das angeblich auf jeden Fall weicher klingt als das "German German": von Grüß Gott, Küss-die-Hand ("berühre niemals die Hand der Dame mit deinem Mund"!) über Melange mit Kipferl bis hin zum Heurigen, Würschtl und Servus.

Grußansprachen des österreichischen Kammerpräsidenten Herbert Cabana, dem Vorsitzenden des österreichischen Organisationskomitees Max Wellan, des Wiener Hochschullehrers und Pharmakognosten Professor Wolfgang Kubelka, des FIP-Präsidenten Peter Kielgast, und verschiedene Preisverleihungen waren aufgelockert durch mehrere musikalische Einlagen: 16 Mitglieder des Wiener Zithervereins spielten das unvermeidliche Filmmusikthema aus "Der Dritte Mann" und "Edelweiß", das österreichische Posaunen-Oktett blies Modernes, ein Wiener Tanzpärchen tanzte stilvollendet den Wiener Walzer und einen Jive. Ein mit Techno und Walzer angereicherter Videoclip zeigte mit schönen Bildern aus Vorzeigeapotheken mit Vorzeigeapothekern und -apothekerinnen, was Pharmazie in Österreich bedeutet. Und zum Abschluss durfte der Saal den "Radetzkymarsch" mitklatschen - eben FIP-Eröffnung auf Österreichisch.

Die nächsten FIP-Kongresse

FIP (Federation Internationale Pharmaceutique) ist die Dachorganisation für die Pharmazie und die pharmazeutischen Wissenschaften weltweit. Alle angeschlossenen Organisationen repräsentieren etwa 600 000 Pharmazeuten in 87 Mitgliedsorganisationen aus 70 Ländern. Der Verband ist eine nichtstaatliche Organisation, die eng mit der Weltgesundheitsorganisation zusammenarbeitet. Die nächsten Jahreskongresse der FIP finden statt in Singapur 2001, Nizza 2002, Sydney 2003, New Orleans 2004, Ägypten 2005.

Der Weltapothekerverband FIP (Federation Internationale Pharmaceutique) veranstaltete seinen 60. internationalen Kongress der Pharmazie in diesem Jahr in Österreichs Hauptstadt Wien. Vom 26. bis 31. August waren 2500 Apothekerinnen und Apotheker aus rund 90 Ländern in der Donaustadt zu Gast zum Gedankenaustausch in Richtung Zukunft der Pharmazie und zur Fortbildung. 

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