DAZ aktuell

Der Fall Stange: Abrechnung mit der ABDA

BIELEFELD (vs). In einer 90-minütigen Erklärung äußerte sich Stange, der sich derzeit wegen des Vorwurfs des unerlaubten Betreibens von Kettenapotheken verantworten muss, am 13. Verhandlungstag zu der am 8. April geäußerten bisherigen Einschätzung der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld. Erneut wurde deutlich, dass sich Stange weniger als Täter, denn als Opfer politisch motivierter Aktionen seitens der Berufsverbände sieht, die ihn und seine Apotheker aus Standesinteressen zur Zielscheibe erklärt hätten.

Apotheker waren unabhängig

Stange zeigte sich von seiner Unschuld überzeugt. Aufgrund des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme sei er davon ausgegangen, dass das Gericht mangels einer irgendwie gearteten wirtschaftlichen Einflussnahme Stanges bzw. seiner Unternehmen Duomed und Medi-Center das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren nunmehr beenden werde. Er habe weder ein Strohmannverhältnis, noch eine Gesellschafterbeziehung mit den beteiligten Apothekern begründet, "seine" Apotheker seien vielmehr durchweg wirtschaftlich und pharmazeutisch selbstständig gewesen.

So sei insbesondere bislang durch die Zeugenvernehmungen kein "Entnahmeanspruch" der Apotheker als vertraglich vereinbarte Größe nachgewiesen worden. Richtig sei vielmehr, dass jeder Apotheker in seiner Entscheidung grundsätzlich frei gewesen sei, ob und in welcher Höhe er Geld entnehmen wollte.

Auch die Einschätzung des Gerichts, Medi-Center sei die eigentliche Besitzerin der Apothekenräume gewesen, vermochte er nicht zu teilen. Die Apotheker hätten allesamt für die vereinbarte Dauer die Räume uneingeschränkt übernommen, wobei es niemals zu irgendwelchen Beeinträchtigungen gekommen sei. Die Verträge seien ausnahmslos und einschränkungslos erfüllt worden. Es seien vielmehr die beteiligten Apotheker gewesen, die sich später nicht an die vertraglichen Vereinbarungen gehalten hätten.

Ebensowenig richtig sei, dass die Apothekeneinrichtung aufgrund der Vertragsgestaltungen letztlich an Duomed fallen sollte. Jeder Apotheker habe, worauf es allein ankomme, aufgrund des Leasingvertrages bis zu dessen ordnungsgemäßer Beendigung Besitz an den Gegenständen erhalten. Dabei seien niemals unberechtigte Forderungen erhoben worden und es sei auch stets zu angemessenen Angeboten an die Apotheker nach Auslauf der Leasingzeit gekommen, das Mobiliar weiter zu mieten oder zu angemessenen Konditionen zu erwerben.

Wenn das Gericht des weiteren ein Indiz für die Annahme eines partiarischen Verhältnisses darin sehe, dass der Geschäftswert der Apotheke letzten Endes bei Stange verblieben sei, so sei auch dies unzutreffend: Bei Apothekenbetrieben sei der Geschäftswert das Substrat der persönlichen Leistung. Wenn ein Apotheker nach Ablauf der Mietzeit gehe, so nehme er seinen Kundenstamm eben mit. Im übrigen gebe es keinen Anspruch eines Gewerbetreibenden auf Überlassung eines Geschäftswertes.

Stange als Gründungshelfer?

Auch der Umstand, dass Stange das Verlustrisiko für die Apotheken letztlich getragen hätte, könne ihm strafrechtlich nicht angelastet werden. Er habe lediglich das Insolvenzrisiko getragen, was im kaufmännischen Bereich keine Besonderheit sei. Seine Bedingungen seien eben nur freundlicher und kollegialer als sonst üblich gewesen. Es sei geradezu pervers, wenn er wegen seiner besonders apothekerfreundlichen Vorgehensweise nun zum Apothekenbetreiber mutiere.

Stange zog den Vergleich zum Pharmagroßhandel, der sich durch umfangreiche Abtretungen ebenfalls gegenüber den Apothekern wirtschaftlich absichere. Der Grad an wirtschaftlicher Abhängigkeit, der hier erreicht sei, unterscheide sich graduell nicht von den in der Realität anzutreffenden Sachverhalten, so dass auch kein Grund für eine Kriminalisierung seines Verhaltens bestehe. Erneut meldete Stange verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen § 23 Apothekengesetz an, sollte diese Norm auch so auszulegen sein, dass sie den "Fall Stange" erfassen sollte.

Kunath als Anstifter ?

Wegen des Vorwurfs der Anstiftung zur falschen Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wies Stange nachdrücklich darauf hin, dass er seinen damaligen Rechtsanwalt, Herrn Kunath, zu keinem Zeitpunkt damit beauftragt habe, seine Apotheker zu Falschaussagen zu ermutigen. Er habe mit offenen Karten gespielt und hätte der Behörde auf Anfordern sämtliche Informationen zur Verfügung gestellt.

Stange und seine Apotheker als Opfer

Verständnislos zeigte sich Stange zu dem Vorgehen der Standesverbände, insbesondere der ABDA, die in seinen Augen aus berufspolitischen Erwägungen Stimmung gegen Stange gemacht und berufsrechtliche sowie ordnungsrechtliche Verfahren auch gegen die beteiligten Apotheker ohne Not vorangetrieben hätten. Ohne Vorwarnung hätten sie den Kampf gegen ihn aufgenommen, ihr Verhalten gleiche einem "heimtückischen Kopfschuss ohne Vorwarnung und ohne Hände hoch". Er selbst sehe sich in einer Vorreiterrolle. Ohne den Mut einzelner Apotheker, Dinge zu verändern und hierzu notfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, habe sich bisher in der Apothekenlandschaft noch nie etwas geändert. Die ABDA versuche aus berufspolitischen Erwägungen, derlei Veränderungen zu verhindern, so wie dies auch schon im Bereich der Werbung geschehen sei.

Ziel dieser Angriffe seien auch die mit ihm kooperierenden Apotheker gewesen. Deshalb gehe es in diesem Verfahren nicht nur um die Frage, ob sich Stange strafbar gemacht habe, sondern auch darum, die Ehre der betroffenen Apotheker wiederherzustellen.

In einer 90-minütigen Erklärung äußerte sich Stange, der sich derzeit wegen des Vorwurfs des unerlaubten Betreibens von Kettenapotheken verantworten muss, am 13. Verhandlungstag zu der am 8. April geäußerten bisherigen Einschätzung der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld. Erneut wurde deutlich, dass sich Stange weniger als Täter, denn als Opfer politisch motivierter Aktionen seitens der Berufsverbände sieht, die ihn und seine Apotheker aus Standesinteressen zur Zielscheibe erklärt hätten. 

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