DAZ aktuell

Der Fall Stange: Es war eine Apothekenkette

(vs). Wegen vorsätzlichen Betreibens einer Apotheke ohne die erforderliche Erlaubnis in zwölf Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zu einer falschen Versicherung an Eides statt wurde Apotheker Günter Stange am 23. Oktober 2000 vom Landgericht Bielefeld (Az.: 1 KLs St 1/97) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 500,00 DM verurteilt. Die schriftlichen Entscheidungsgründe des Landgerichts Bielefeld liegen mittlerweile vor.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Stange über seine Königstorapotheke hinaus, für die er eine Apothekenbetriebserlaubnis besitzt, mindestens 12 weitere Apotheken betrieben hat, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Nach Auffassung der Strafkammer hat Stange nicht nur ordnungswidrig gehandelt, sondern dadurch gegen § 23 Apothekengesetz verstoßen, dass er sich gegenüber seinen "Kettenapothekern" geschäftsführende Einflussnahmemöglichkeiten am Apothekenbetrieb vorbehalten hat. Die Gesamtschau der wirtschaftlichen Folgen zeige, dass Stange das Ergebnis der einzelnen Apothekenbetriebe letztlich in einem Maße zufließen solle, wie es sonst bei einer Alleinunternehmerschaft üblich sei.

Alles sprach für Unternehmerschaft Stanges

Als entscheidende Kriterien zur Bewertung der Frage, ob Stange oder die beteiligten Kettenapotheker das Ergebnis der wirtschaftlichen Betätigung treffen solle, nannte das Gericht folgende Faktoren: Unternehmerlohn, Besitz der Produktionsmittel, Anspruch auf den Firmenwert und Verlustrisiko. Sämtliche Faktoren sprachen für eine Unternehmerschaft Stanges.

Die mit den Apothekern vereinbarten Entnahmebegrenzungen im Sinne eines Garantieeinkommens auf der Vergleichsbasis des Durchschnittsgehaltes eines umsatzbeteiligten Angestellten hätten gezeigt, dass der "formale" Apothekenleiter an dem wirtschaftlichen Ergebnis der Geschäftstätigkeit nicht mehr und nicht weniger interessiert sei als jeder andere provisionsabhängige Mitarbeiter eines Betriebs. Produktionsmittel hätten den Kettenapothekern nach Beendigung der Vertragsbeziehungen nicht mehr zugestanden. Während sie mit leeren Händen hätten ausscheiden müssen, sei Stange in den Besitz der Betriebsräume und des Inventars gelangt. Auch habe Stange den Geschäftswert der Apotheken nach Ausscheiden einzelner Apotheker vereinnahmt und das Verlustrisiko im Falle der misslungenen Ingangsetzung einer Apotheke getragen.

Bedeutung über den Fall Stange hinaus

Die Entscheidung des Landgerichts Bielefeld hat Bedeutung über den Fall Stange hinaus: Erstmals hatte ein deutsches Gericht darüber zu befinden, unter welchen Voraussetzungen beim sog. bloßen Mitbetrieb einer Apotheke ein unerlaubtes, strafbares Betreiben einer Apotheke im Sinne des § 23 ApoG und nicht lediglich eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 25 ApoG vorliegt. § 25 sanktioniert Verstöße gegen das Verbot umsatz- bzw. gewinnorientierter Vereinbarungen sowie stille Beteiligungen an einer Apotheke als Ordnungswidrigkeit. Nach Auffassung des Landgerichts Bielefeld kann die Frage, ob ein so genannter Kettenapotheker selbst Betreiber oder nur Angestellter, Strohmann oder Mitgesellschafter eines andern ist, und deshalb fremdem "maßgeblichem Einfluss" unterliegt, wesentlich daran gemessen werden, wen in wirtschaftlicher Hinsicht die Wirkungen des Apothekengeschäfts treffen sollen. Entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen insgeheim verabredeten Gesellschaftsverhältnissen und (nur ordnungswidrigen) stillen Beteiligungen ist danach, ob geschäftsführende Einflussnahmemöglichkeiten vereinbart worden sind.

Der Fall Stange ist damit jedoch noch lange nicht beendet. Stange hatte bereits nach der mündlichen Urteilsverkündung geäußert, gegen das Urteil Revision einlegen zu wollen. Gegen einige der am "Stange-Verbund" beteiligten Kettenapotheker sind mittlerweile ebenfalls strafrechtliche Verfahren beim Amtsgericht Minden anhängig.

Wegen vorsätzlichen Betreibens einer Apotheke ohne die erforderliche Erlaubnis in zwölf Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zu einer falschen Versicherung an Eides statt wurde Apotheker Günter Stange am 23. Oktober 2000 vom Landgericht Bielefeld (Az.: 1 KLs St 1/97) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 500,00 DM verurteilt. Die schriftlichen Entscheidungsgründe des Landgerichts Bielefeld liegen mittlerweile vor.

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