Praxis

T. Müller-BohnQualitätsmanagementsystem – Mu

In der vorigen Woche wurde die ABDA-Mustersatzung für die Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen (QMS) durch die Apothekerkammern veröffentlicht. Sie war auf dem Deutschen Apothekertag in Leipzig angekündigt worden und soll einen gemeinsamen Rahmen für die Umsetzung von QMS in den Kammern bieten. Doch was bedeuten die Bestimmungen der Mustersatzung für die Einführung von QMS in der Apotheke? Um die Paragraphen der Satzung mit Leben zu füllen, soll hier versucht werden, Konsequenzen aus den Bestimmungen abzuleiten. Zugleich wird dabei deutlich gemacht, was auf Apotheken und Kammern zukommt, die künftig apothekenspezifische QMS installieren bzw. zertifizieren möchten.

Die Entwicklung der Mustersatzung geht auf Beschlüsse der ABDA zurück, apothekenspezifische QMS in Modellprojekten zu testen. Zu diesem Zweck wurden 1997 in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen Projekte begonnen, von denen nur das Projekt der Apothekerkammer Niedersachsen kontinuierlich weiterentwickelt wurde. An diesem Verfahren sind inzwischen etwa 400 Apotheken beteiligt, etwa 60 wurden bereits zertifiziert. Daher gehen vielfältige Erfahrungen aus dem niedersächsischen Projekt in die ABDA-Mustersatzung ein. In der nachfolgenden Erläuterung der Mustersatzung werden deren Bestimmungen auch mit den erprobten Regelungen aus Niedersachsen verglichen und die Zusammenhänge aufgezeigt.

Ziele des apothekenspezifischen QMS

Das dargestellte QMS bildet eine apothekenspezifische Umsetzung allgemeiner Gedanken der Qualitätswissenschaften. Es trägt damit gleichermaßen den Grundprinzipien des Qualitätsmanagements und den speziellen Erfordernissen der Apotheken Rechnung.

Die "Mustersatzung für das Qualitätsmanagement der deutschen Apotheken" vom 3. Dezember 1999 (siehe Seite ...) nennt in § 1 fünf Zweckbestimmungen für das zertifizierte QMS. Die "Gewährleistung einer hohen Qualität der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln" und die "konsequente Weiterentwicklung einer fachlich hochstehenden Berufsausübung" dürften dabei nicht überraschen. Die "Sicherstellung und Verbesserung der Beratungsqualität über Arzneimittel, insbesondere in der Selbstmedikation" und die "Erhöhung der Arzneimittelsicherheit, auch unter dem Aspekt des Verbraucher- und Patientenschutzes", setzen weitaus klarere inhaltliche Schwerpunkte und spiegeln standespolitische Zielsetzungen wider. Zudem korrespondieren sie mit dem Gedanken der Kundenorientierung, die einen zentralen Aspekt aller modernen QMS bildet.

Dies gilt auch für die "Einführung und Weiterentwicklung der pharmazeutischen Betreuung von Patienten". Diese Zielsetzung dürfte aber nicht als Verpflichtung aller zertifizierten Apotheken zu verstehen sein, schon heute pharmazeutische Betreuung anzubieten. Denn in den Minimalbedingungen in der Anlage zur Mustersatzung wird eine Darstellung der pharmazeutischen Betreuung verlangt, sofern diese stattfindet. Sie ist demnach auch für zertifizierte Apotheken derzeit noch fakultativ. Aus der Zielsetzung könnte jedoch ein besonderer Auftrag an zertifizierte Apotheken abgeleitet werden, die pharmazeutische Betreuung vorrangig anzugehen.

Individuelle Handbücher gefordert

Im Anschluss an die Zweckbestimmung werden vier Punkte aufgeführt, die bei der Erreichung dieses Zwecks zu berücksichtigen seien, d. h. die Mittel zum Zweck. Die "Dokumentation der Qualität des individuellen Apothekenbetriebs einschließlich seiner Dienstleistungen" stellt ein grundlegendes Element jedes QMS dar. Arbeitsabläufe schriftlich in einem Qualitätsmanagementhandbuch zu fixieren, ist unverzichtbar für eine reibungslose interne Kommunikation und für die ständige Weiterentwicklung der Qualität. Das Attribut "individuell" dürfte die Verwendung eines Musterhandbuches ausschließen. Das Handbuch ist für die jeweilige Apotheke zu erstellen.

Organisation des Apothekenbetriebes gehört zum QMS

Das Instrument der "Sicherung und Verbesserung der Qualität der betriebsinternen Abläufe in der Apotheke unter Einbeziehung der Mitarbeiter" erkennt offensichtlich an, welche grundlegende Bedeutung organisatorische und logistische Prozesse für den Apothekenbetrieb haben. Denn Beratungs- und Betreuungaufgaben sind nur auf der Grundlage einer funktionierenden Apothekenorganisation zu erbringen, die ebenfalls zum QMS gehört. Zudem müssen die Mitarbeiter in die Gestaltung des QMS einbezogen werden. Weder der Apothekenleiter noch ein externer Berater kann ohne die Mitarbeiter ein praktisch umsetzbares Handbuch erstellen.

Naheliegend erscheint die "Beachtung der für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung geltenden Gesetze, Verordnungen und Richtlinien" als Instrument für das QMS, da das QMS keinen Widerspruch zur Rechtsordnung provozieren sollte.

Qualitätsstandards geben Inhalte vor

Viel Brisanz steckt dagegen in der "Beachtung geltender Qualitätsstandards insbesondere bei den pharmazeutischen Tätigkeiten". Damit müssen die Apotheken bei der Formulierung ihrer individuellen Prozesse inhaltliche Qualitätsstandards einbeziehen. In einem hochentwickelten QMS sollte dies selbstverständlich sein, da stets der zeitgemäße Stand der Wissenschaften, der "state of the art", berücksichtigt werden muss.

Damit müssen zertifizierte Apotheken stets auf die Veröffentlichung neuer Qualitätsstandards achten und dann ggf. ihre Arbeitsabläufe anpassen. Zertifizierende Kammern müssen demnach nicht selbst inhaltliche Regelungen erarbeiten. Doch bleibt zu fragen, welche Regelungen als "geltende Qualitätsstandards" anzusehen sind. Da solche Standards üblicherweise von Fachgesellschaften oder auch losen Gruppierungen ohne rechtliche Legitimation herausgegeben werden, gibt es keine formale Geltung wie bei einem Gesetz. Demnach benötigen die QMS-Apotheken zumindest eine transparente Übersicht über veröffentlichte Standards, um eine angemessene Auswahl treffen zu können.

Durch die Einbeziehung inhaltlicher Standards hebt sich die apothekenspezifische Zertifizierung deutlich von reinen Systemzertifizierungen wie der Darlegung eines QMS nach DIN EN ISO 9000 ff. ab. Denn solche Standards zielen regelmäßig auf eine verbesserte Ergebnisqualität ab und erschöpfen sich nicht in der Darlegung von Abläufen.

Freiwillige Teilnahme

Der zweite Absatz des § 1 stellt unmissverständlich klar, dass die Teilnahme am Zertifizierungsverfahren für die Apotheken freiwillig ist. Diese Regelung entspricht sämtlichen bisherigen ABDA-Beschlüssen zu dieser Thematik. Sie steht zudem im Einklang mit den Prinzipien von QMS im allgemeinen Wirtschaftsleben im Rahmen des so genannten ungeregelten Bereiches, der das Gesundheitswesen einschließt.

Zertifizierung durch die Kammern

Gemäß der auf dem Deutschen Apothekertag in Leipzig präsentierten Beschlusslage der zuständigen ABDA-Kommission schreibt § 2 den Apothekenkammern die Aufgabe der Zertifizierungsstelle zu. Hierfür richten die Kammern eine Zertifizierungskommission ein, die durch den Vorstand berufen wird. Weitere Regeln zur Zusammensetzung und Geschäftsordnung regeln die Abschnitte 2 bis 4 des § 2. Die Verpflichtung zu gewissenhafter und unparteiischer Tätigkeit sowie zur Geheimhaltung erscheint selbstverständlich und ergibt sich auch aus der DIN EN 45012, die allgemeine Anforderungen für den Ablauf aller Zertifizierungsverfahren definiert.

Wegen der strikten Trennung von Beratung und Zertifizierung darf der Kommission niemand angehören, der an der Gestaltung des QMS in der zu zertifizierenden Apotheke mitgewirkt hat. Erstaunlicherweise darf der Apotheker, der die Apotheke im Rahmen der Zertifizierung besichtigt hat, ebenfalls nicht der Kommission angehören. Doch wird dieser der Kommission über seine Begehung berichten müssen, wenn diese einen Sinn haben soll.

Auditoren

Die Besichtigung der Apotheke erfolgt gemäß § 3 durch Auditoren, die selbst Apotheker sein müssen. Damit setzt sich das apothekenspezifische QMS von branchenübergreifenden Systemen ab, in denen auch fachfremde Personen an der Zertifizierung beteiligt sind. Die Auditoren werden durch den Kammervorstand berufen. Sie müssen Kenntnisse über das Qualitätsmanagement und seine Überprüfung nachweisen, was durch die Teilnahme an einem von der Kammer organisierten Schulungsseminar erfolgen kann. Den Kammern wird damit ein sehr weiter Spielraum für die fachliche Qualifizierung der Auditoren eingeräumt. Die Inhalte für die Ausbildung der Auditoren liegen in der Zuständigkeit der Kammern.

Schulung und Beratung

Welche Bedingungen eine Apotheke für die Zertifizierung erfüllen muss, bestimmt § 4 der Mustersatzung. Demnach muss der Apothekenleiter oder ein approbierter Mitarbeiter an einer Einführungsveranstaltung teilgenommen haben, die von der Kammer oder einer beauftragten Institution abgehalten wird. Es bleibt offen, welchen inhaltlichen Umfang diese Einführung hat und welche weitere Beratung oder Schulung angeboten wird.

Damit umgeht die Mustersatzung einen Konflikt mit den allgemeinen Grundregeln des Qualitätsmanagements und den Bestimmungen der DIN EN 45012, die eine strikte Trennung der individuellen Beratung von der Zertifizierung fordern. Eine Institution, die Beratung anbietet, darf nicht gleichzeitig die Beratungskunden zertifizieren. Eine "Einführungsveranstaltung" bleibt hiervon unberührt, doch wäre zu fragen, wer eine weitergehende Schulung oder Beratung anbieten soll. Somit bleibt es im Ermessen der Kammern, genauere Regelungen über die Anforderungen an qualifizierte Beratungen zu erlassen.

In § 4 (1) wird unter Punkt 2 explizit bestimmt, dass in der Apotheke ein Handbuch zu erarbeiten ist, das individuell Prozesse von Betriebs- und Handlungsanweisungen beschreibt. Dies kann nur als Absage an Musterhandbücher verstanden werden, die über eine Gliederungshilfe oder eine Sammlung inhaltlicher Anregungen hinausgehen.

Inhaltliche Weiterentwicklung

Die Mindestanforderungen an die Handbücher sind in einer Anlage zusammengestellt. Sie soll unter Berücksichtigung der oben erläuterten Ziele fortentwickelt werden. Damit übernimmt die Mustersatzung einen zentralen Gedanken des Qualitätsmanagementprojektes der Apothekerkammer Niedersachsen. Die dortigen Minimalbedingungen für die Zertifizierung wurden von Anfang an nur für eine Gültigkeit von drei Jahren konzipiert. Mit der Rezertifizierung der ersten Offizin-Apotheken werden dort inhaltlich erweiterte Bedingungen gelten.

Somit wachsen die inhaltlichen Anforderungen an das QMS im Laufe der Zeit. Damit wird die laufende Qualitätsverbesserung, ein zentraler Gedanke des Qualitätsmanagements, nicht nur auf die einzelnen Apotheken, sondern auf das ganze apothekenspezifische QMS-Konzept angewandt. Hierin besteht ein fundamentaler Unterschied zu branchenübergreifenden Zertifizierungen, deren Anforderungen allenfalls neuen Entwicklungen angepasst, aber nicht planmäßig inhaltlich verschärft werden.

Da sich die inhaltliche Anpassung der Minimalbedingungen an den formulierten Zielen des QMS orientieren soll, ist der Weg zu mehr Beratungsqualität und zur pharmazeutischen Betreuung vorgezeichnet. Auch dies entspricht den Entwürfen für die künftigen Minimalbedingungen der Apothekerkammer Niedersachsen im Rahmen der Rezertifizierung.

Zertifizierungsverfahren

Als Voraussetzungen für die Zertifizierung muss die Kommission das Handbuch anerkennen und der Auditor in der Apotheke feststellen, dass die Regelungen des eingereichten Handbuches angewendet werden. Beim Antrag auf Zertifizierung ist ausdrücklich eine Person zu benennen, die in der Apotheke jährlich ein internes Audit durchführt. Bei einem solchen Audit wird geprüft, ob die dargelegten Regeln unter den nach einem Jahr möglicherweise veränderten Bedingungen noch immer sinnvoll und miteinander kompatibel sind und das Handbuch weiterhin in der Apotheke angewendet wird. Das bedeutet: Das QMS soll in der Apotheken als ein sich ständig weiterentwickelndes System "leben".

Im Rahmen des Qualitätsmanagementprojektes der Apothekerkammer Niedersachsen wurde dieser Pflichtprozess bisher als "interne Überprüfung" bezeichnet. Er erfährt in der Mustersatzung eine deutliche Aufwertung, die sicher gerechtfertigt ist. Denn der Prozess bildet ein Kernelement in der Denkwelt des Qualitätsmanagements. Es gilt, auch solche Regelungen regelmäßig zu hinterfragen, die nicht durch Störungen auffallen. Denn was heute gut ist, muss nicht in einem Jahr noch immer die optimale Lösung sein.

Für den Prozess spricht zudem ein formales Argument: In den meisten QMS ist sogar eine alljährliche externe Überprüfung vorgeschrieben. In den ohnehin schon vielfach überprüften Apotheken mag dies übertrieben erscheinen. Doch sollte im Interesse der behördlichen Anerkennung der Zertifizierungstätigkeit der Kammern dann ersatzweise die interne Überprüfung streng geregelt sein, was den tieferen Grund für diese Regelung in der Mustersatzung darstellen dürfte.

Bundeseinheitliche Rahmenbedingung

Gemäß § 5 dürfen die zertifizierten Apotheken ein Qualitäts-Zertifikat führen, das sich auf die Maßstäbe der Bundesapothekerkammer im Sinne der Mustersatzung bezieht. Damit wird der Weg für ein bundeseinheitliches Zertifikat geöffnet, das von den verschiedenen Kammern nach eigenen Detailregeln vergeben werden kann. Gegenüber der Öffentlichkeit könnte die Apothekerschaft so mit einem gemeinsamen Qualitäts-Zertifikat in Erscheinung treten, für dessen Aussagekraft gemeinsam und bundesweit zu werben ist.

Doch wird es von der äußeren Gestaltung des Zertifikates und dem Auftritt der Kammern bei der Darstellung des Verfahrens abhängen, ob der Bundes- oder der Landesaspekt betont wird. Gemäß den Darstellungen während des Apothekertages in Leipzig sollte ein wesentlicher Zweck der Mustersatzung in einem bundeseinheitlichen Qualitäts-Zertifikat liegen, da dies eine breitere Akzeptanz verspricht.

Rezertifizierung nach drei Jahren

Die Zertifizierung gilt für drei Jahre. Die anschließende Rezertifizierung läuft nach § 5 ähnlich wie eine Neuzertifizierung ab, wobei dann ggf. neue Minimalbedingungen zu erfüllen sind. Hier wird nochmals ausdrücklich ein jährliches internes Audit gefordert, dessen Durchführung bei der später folgenden Rezertifizierung nachzuweisen ist.

Die weiteren Paragraphen der Satzung beschäftigen sich mit Rücknahme und Widerruf des Zertifikates, möglichen Rechtsmitteln und der Gebührenordnung. Demnach legen die Kammern die Gebühren für die Zertifizierung fest.

Minimalbedingungen für die Zertifizierung

Eine Apotheke, die ein QMS einführen und sich zertifizieren lassen will, muss mindestens die Prozesse gemäß der Anlage 1 zur Mustersatzung in ihrem Handbuch beschreiben. Darüber hinaus können die einzelnen Kammern weitere Minimalbedingungen festlegen. Für die Praxis haben diese Minimalbedingungen sicher weitaus größere Bedeutung als manche Detailregelung der Satzung.

In der Anlage 1 werden mindestens drei Prozesse im Zusammenhang mit dem Leitbild der Apotheke gefordert. Aus der Auflistung dieser Prozesse wird deutlich, dass der Begriff des Leitbildes hier weiter gefasst ist als vielfach im Qualitätsmanagement und beispielsweise auch im Rahmen des Qualitätsmanagementprojektes der Apothekerkammer Niedersachsen üblich. So dürfte die geforderte Angabe einer Qualitätspolitik dem dortigen "Leitbild" entsprechen. Der Begriff des Prozesses scheint an dieser Stelle unglücklich gewählt zu sein, da ein Prozess eine strukturierte und chronologische Handlungsabfolge impliziert. Dies kann eine Qualitätspolitik als generelle Zielsetzung kaum gewährleisten.

Die beiden nachfolgend genannten Pflichtprozesse "Festlegung und Einordnung von Prozessen" und "Weiterentwicklung des QMS" wären vermutlich besser unter der nächsten Überschrift "QMS-Handbuch" aufgehoben, da sie die Installation und Pflege des QMS betreffen. Die "Weiterentwicklung" sollte die ständige Verbesserung als zentralen Gedanken des Qualitätsmanagements ausdrücklich festschreiben. Dies entspricht der bestehenden niedersächsischen Regelung, die einen Prozess über den Regelkreis der ständigen Verbesserung einschließlich der zugehörigen Dokumentation vorschreibt.

Der geforderte Prozess über "Inhalte, Struktur" und "Überarbeitung" des QMS dürfte das o. g. interne Audit beschreiben. Gegenüber den niedersächsischen Regeln kommt somit der Pflichtprozess über die "Festlegung und Einordnung von Prozessen" hinzu, also ein Prozess über die formale Gestaltung von Prozessen. Dies ist eine konsequente und logische Forderung, die jede Apotheke mit einem lebendigen QMS von sich aus erfüllen dürfte.

Pharmazeutische Prozesse

Als weiterer Pflichtprozess wird ein Hygieneplan gefordert, der Anforderungen an Räume und Personal definiert. Die nachfolgenden Bedingungen sind wesentlich allgemeiner gehalten und lassen Spielräume bei der Auswahl konkreter Regelungen innerhalb eines großen Themengebietes. So werden mindestens fünf Prozesse über pharmazeutische Tätigkeiten und mindestens zwei weitere Prozesse über Dienstleistungen gefordert. Aus den aufgeführten Beispielen folgt, dass die Beratung bei der Arzneimittelabgabe und die pharmazeutische Betreuung hier nicht unter Dienstleistungen zählen sollen.

Dienstleistungen sind dagegen die Beratung bei der Abgabe apothekenüblicher Waren, die Ernährungsberatung oder die Durchführung physiologisch-chemischer Untersuchungen. Hier weicht die Systematik etwas von den Minimalbedingungen der Kammer Niedersachsen ab, für die Praxis dürften sich aber kaum Unterschiede ergeben.

Organisatorische Prozesse

Außerdem werden mindestens fünf Prozesse für die Personal- und Betriebsorganisation und mindestens drei Prozesse für die Warenwirtschaft verlangt. Damit erkennt die Anlage zur Mustersatzung die große Bedeutung der Logistik und Organisation als Grundlage für qualitativ hochwertige pharmazeutische Prozesse in der Herstellung und Beratung an.

Etwas eigenartig mutet die Nennung der Stellenbeschreibungen der Mitarbeiter unter den Prozessen an. Sicher gehören Stellenbeschreibungen als zentrales Element in jedes QMS. Sie werden hier allerdings nur als Beispiel angeregt. Doch können Stellenbeschreibungen definitionsgemäß keine Prozesse sein, da sie keine durchgängige Handlung beschreiben, sondern gerade eine Vielzahl von Handlungen zusammenstellen. Der Begriff des Prozesses kann daher an dieser Stelle nicht allzu wörtlich gemeint sein. Die Stellenbeschreibungen wären als eigenständiges Element der Mindestanforderungen angemessener zu behandeln.

Ähnlich wie in Niedersachsen werden einige Prozesse zwingend vorgeschrieben, sofern sie überhaupt in der betreffenden Apotheke vorkommen. Dies betrifft in der Mustersatzung die Zubereitung innovativer Rezepturen, z. B. Zytostatika, die pharmazeutische Betreuung und die kontrollierte Abgabe von Substitutionsmitteln. Vor dem Hintergrund der besonderen Qualitätsanforderungen an diese Tätigkeiten erscheint dies plausibel. Entsprechendes gilt für die Ausbildung und die Weiterbildung, sofern diese die jeweilige Apotheke betreffen. Der in Niedersachsen vorgeschriebene Prozess zur Fortbildung erscheint dagegen in der Mustersatzung nur im Rang eines Beispiels.

Aus der Perspektive der praktischen Umsetzung weichen diese Minimalbedingungen nur geringfügig von den bisherigen niedersächsischen Regelungen ab, die sich inzwischen über etwa zwei Jahre bewährt haben. Daher dürften die Regelungen der Mustersatzung in der Praxis gut umsetzbar sein.

Offene Fragen

Somit stellt sich die Frage, welche Gebiete nicht geregelt werden und den Bestimmungen der einzelnen Länder überlassen bleiben. Hierzu gehören alle Aspekte der Messung der erreichten Ergebnisqualität. Obwohl das QMS erkennbar auf inhaltliche Qualität abzielt, gibt es keine Ansätze zu einer quantitativen Erfassung. Denkbar wären Kundenbefragungen, Fehlerstatistiken oder Ringversuche, doch fehlen noch umfassende Erfahrungen zur Integration dieser Instrumente in apothekenspezifische QMS.

Offen bleibt auch, wie die Beratung und Schulung zur Installation des QMS aussehen soll, zumal keine Aussage zum Umfang der Einführungsveranstaltung gemacht wird. Doch wird eine einfache Informationsveranstaltung über das Verfahren ohne individuelle Rücksprachemöglichkeit nicht ausreichen, um ein funktionstüchtiges QMS zu gestalten. Dritte werden allerdings nur als außenstehende Berater tätig sein können, da das Handbuch individuell in der Apotheke unter Einbeziehung des Teams zu erarbeiten ist.

Bundesweiter Wettbewerb steht offen

Die Norm DIN EN 45012 wird in der Mustersatzung nicht explizit erwähnt, obwohl sie für alle Zertifizierungen gilt, auch wenn diese sich nicht auf ISO-Normen beziehen. Somit dürfte ein Zertifizierungsverfahren breite Akzeptanz nur finden, wenn diese Bestimmungen eingehalten werden. Einige Regelungen dieser Norm werden an verschiedenen Stellen übernommen, während andere zentrale Gedanken unerwähnt bleiben.

So schreibt DIN EN 45012, Abschnitt 4.2 vor, Beratung und Zertifizierung zu trennen. Demnach dürften die Kammern über eine allgemein gehaltene Einführung hinaus keine Beratungsleistungen anbieten. Außerdem enthalten die Abschnitte 4.1.1 und 4.1.2 der Norm ein Diskriminierungsverbot. Demnach muss das Zertifizierungsverfahren allen Antragstellern unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu irgendwelchen Organisationen offen stehen. Kammern, die sich an die DIN EN 45012 halten, müssen daher Apotheken aus allen Bundesländern zertifizieren, wenn sie die Anforderungen erfüllen.

Damit ist der Wettbewerb für die Zertifizierung eröffnet. Zumindest die Kammer Niedersachsen hat ihr Verfahren an der DIN EN 45012 ausgerichtet und bereits einzelne Apotheken aus anderen Bundesländern zertifiziert. Durch die bundesweit gültige Mustersatzung wurde nun eine gemeinsame Grundlage für einen solchen Wettbewerb zwischen den Kammern geschaffen.

Regelungen in Westfalen-Lippe

Daher kann mit Spannung erwartet werden, welche Detailregelungen in den Satzungen der einzelnen Kammern enthalten sein werden. Erstaunlicherweise hat Westfalen-Lippe bereits am 18. November eine Satzung in Kraft gesetzt (siehe Seite ...), obwohl die bundesweite Mustersatzung das Datum vom 3. Dezember trägt. Inhaltlich übernimmt die Satzung der Kammer Westfalen-Lippe die Mustersatzung, geht aber in etlichen Aspekten weiter ins Detail.

So soll der Kammervorstand unter Beachtung der Empfehlungen der Bundesapothekerkammer inhaltliche Qualitätsstandards festlegen, während die Mustersatzung die Frage nach der Herkunft und Anerkennung der Qualitätsstandards offenlässt. Damit wird für Westfalen-Lippe ein möglicherweise entstehender Wettbewerb zwischen verschiedenen Organisationen um angemessene Qualitätsstandards durch die Entscheidung des Kammervorstandes ersetzt.

Die Minimalbedingungen für die zu erarbeitenden Prozesse sind gegenüber der Mustersatzung weiter präzisiert. Während die Mustersatzung in gewissen Grenzen eine freie Auswahl der Inhalte zulässt, werden in Westfalen-Lippe viele Prozesse ausdrücklich vorgeschrieben. Dabei handelt es sich zumeist um pharmazeutische Kernprozesse, die ohnehin sinnvollerweise Gegenstand eines QMS sein müssen, wenn dies relevante Abläufe beschreiben soll. Der ausdrücklich geforderte Prozess "pharmazeutische Betreuung / intensivierte Beratung" greift die Zielsetzung des QMS auf.

Die allgemeine Betriebsorganisation wird gegenüber dem pharmazeutischen Bereich weniger stark differenziert. So sind selbst so häufig ausgeführte Prozesse wie Bestellung und Wareneingang nicht explizit genannt, obwohl ihre praktische Bedeutung für den Apothekenalltag unbestreitbar sein dürfte.

Westfalen-Lippe: ISO 9001 soll abgedeckt werden

In verschiedener Hinsicht bemerkenswert erscheint die Formulierung "Die Prozesse sollen die Qualitätselemente der DIN EN ISO 9001 in der jeweils gültigen Fassung abdecken". Damit findet keine Zertifizierung gemäß der ISO-Norm statt, zumal eine solche Zertifizierung bisher in allen diesbezüglichen ABDA-Beschlüssen abgelehnt wurde. Dennoch sollen die erstellten Prozesse die Norm "abdecken". Da dies aus der Auflistung der Pflichtprozesse allein nicht hervorgeht, ist hieraus eine entsprechende formale Anforderung an die Gestaltung der Prozesse abzuleiten. Zudem sollen die Erfordernisse an künftige Neuformulierungen der ISO-Norm angepasst werden. Da derzeit über die neue ISO 9001: 2000 verhandelt wird, könnten Änderungen möglich werden.

Als weitere Präzisierung gegenüber der Mustersatzung werden in Westfalen-Lippe Anforderungen an die Schulung der Auditoren in einer eigenen Anlage zusammengestellt. Zudem schreibt die Satzung den zertifizierten Apotheken "Personal und Ausstattung" vor, die "den Erfordernissen in der Entwicklung der Pharmazie Rechnung tragen". Weiterhin müssen vom Vorstand anerkannte Fortbildungsveranstaltungen "in angemessenem Umfang" besucht werden. Was angemessen ist und für welchen Personenkreis diese Regelung gilt, geht aus der Satzung nicht hervor.

Forderung für die Zukunft: Transparenz der Verfahren

Andere Kammern dürften weitere Satzungen erlassen. Die bundesweite Mustersatzung bietet hierfür eine gute Orientierung. Die wichtigste Forderung an die jeweiligen kammerspezifischen Regeln dürfte aber die Transparenz sein, damit unter der Vielfalt nicht die Übersichtlichkeit leidet. Nur so kann sich die Apothekerschaft ein Bild über Vor- und Nachteile einzelner Angebote machen. Noch wichtiger ist die Transparenz des Verfahrens gegenüber der Öffentlichkeit, wo sich die apothekenspezifische Zertifizierung als Qualitätsmaßstab bei Patienten und Ärzten durchsetzen soll. Und schließlich ist die Transparenz einer der Grundgedanken des Qualitätsmanagements.

In der vorigen Woche wurde die ABDA-Mustersatzung für die Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen durch die Apothekerkammer veröffentlich. Wir kommentieren die Mustersatzung, die nun von den einzelnen Apothekerkammern durch den Beschluss von eigenen Satzungen umgesetzt werden muss.

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