Was wann wo

3.Jahrestagung der European Drug Utilization Research Group

Am 15. und 16.August fand in Berlin der diesjährige Workshop der EURO-DURG, dem Dachverband Nationaler Gesellschaften zur Erforschung des Arzneimittelgebrauchs, statt. Die Tagung wurde in Kooperation mit der WHO/Regionalbüro Europa (Kopenhagen) durchgeführt. Der Tagungsort wurde gewählt, um einen gemeinsamen Workshop mit der vom 16. bis 19. August tagenden Internationalen Gesellschaft für Pharmakoepidemiologie (ISPE) veranstalten zu können. Im Mittelpunkt des EURO-DURG-Workshops standen das Treffen von vier Arbeitsgruppen und die Mitgliederversammlung mit Neuwahlen. Der Schwerpunkt des Joint-Meetings lag auf der Darstellung des Verbrauchs ausgewählter Arznei- mittelgruppen. Vertreter der EURO-DURG beteiligten sich an dem Einführungsseminar in Pharmakoepidemiologie und bestritten 12 Postersitzungen.


Ein wesentliches Anliegen der EURO-DURG ist es, sich über Forschungsaktivitäten und neue Forschungsansätze zur Verbesserung der Arzneimittelanwendung durch Ärzte, Apotheker und Patienten auszutauschen, die Kommunikation unter den Forschungsgruppen zu verbessern und ländervergleichende Forschungsprojekte zu initiieren. Ganz im Sinne des Workshop-Gedankens trafen sich die Teilnehmer der EURO-DURG am Samstag, um in zwei parallelen Sitzungen an den bisher eingerichteten Arbeitsgruppen weiterzuarbeiten.

Arzneiverbrauch in Europa


"Mapping Europe" - so die Bezeichnung einer Arbeitsgruppe unter der Federführung von Dr. Robert Vander Stichele, Gent - nahm seinen Ausgangspunkt in dem ambitionierten Vorhaben, eine Art Landkarte zum europäischen Arzneimittelgebrauch zu erstellen. Wie aus den für einige Länder vorhandenen Daten zum Arzneiverbrauch hervorgeht, gibt es regionale und nationale Unterschiede im Verbrauchsumfang, die sich nur zum geringsten Teil mit Unterschieden in der Morbidität der Bevölkerung erklären lassen. Erste Versuche, länderübergreifend Daten zu generieren, zeigten sehr bald, daß die methodischen Voraussetzungen in vielen Ländern nicht gegeben sind oder aber die eingesetzte Methodik nicht ohne weiteres kompatibel war. Aus diesem Grund konzentriert sich die Arbeitsgruppe, der ein Mitglied des WHO Collaborating Centers for Drug Statistics Methodology angehört, zunächst auf die methodischen Grundlagen der Arzneiverbrauchsstudien. Hier ist an erster Stelle ein einheitliches Klassifikationssystem nach ATC zu nennen, das den Marktgegebenheiten gerecht wird. Außerdem bedarf es einer Verständigung hinsichtlich der Quantifizierung des Verbrauchs, z. B. durch eine einheitliche Handhabung der sogenannten Defined Daily Dose. Nicht alle Länder arbeiten auf der Basis der von der WHO entwickelten methodischen Verfahren oder aber wandeln sie, wie in Deutschland, für ihre Bedürfnisse ab. Die Arbeitsgruppe legte dem Workshop ein Positionspapier zur Notwendigkeit der "Harmonisierung" der methodischen Instrumente vor sowie einen umfangreichen Fragebogen, um die nationalen Gegebenheiten des Arzneimittelmarktes zu beleuchten. Die lebhaft geführte Diskussion zeigte das Spannungsfeld zwischen den wissenschaftlichen Interessen an einem gemeinsamen Instrumentarium, das valide internationale Verbrauchsstudien ermöglicht, und den liebgewonnenen nationalen Gewohnheiten, die sich auch in der Praxis bewährt haben. Im nächsten Schritt sollen die Realisierungsmöglichkeiten des Projektes in den nationalen Gesellschaften diskutiert werden.

Datenschutz und


Public Health Forschung
Die Nutzung personenbezogener Gesundheitsdaten unterliegt dem Datenschutz. Bevölkerungsbezogene Arzneiverbrauchsforschung, z.B. zur Abschätzung von Nutzen und Risiken einer Therapie unter Alltagsbedingungen, ist auf einen Zugang zu Gesundheitsdaten angewiesen. Da es sich hier um die Nutzung großer Datenbestände über längere Zeiträume handelt, kann nicht, wie in einer klinischen Prüfung, jeder Patient um seine Einwilligung persönlich angefragt werden. In der Bundesrepublik Deutschland wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen gegenüber dem Zugang zu den Gesundheitsdaten für Forschung im Interesse der Allgemeinheit höher eingestuft, d.h. die Gesundheitsdaten stehen für die Gesundheitsforschung und damit als wichti-
ges Managementinstrument für die Gestaltung des Gesundheitswesens und der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht zur Verfügung. Dieses Problem stellt sich auch in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern. Die EURO-DURG hat deshalb schon bei ihrer konstituierenden Sitzung 1996 unter der Federführung von Prof. Christian von Ferber und Dr. Liselotte von Ferber eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um Erfahrungen aus verschiedenen Ländern zusammenzutragen und Lösungsvorschläge in den Fachgremien und im politischen Feld zu diskutieren. Die Arbeitsgruppensitzung in Berlin wurde eingeleitet durch einen Vortrag von Frau Dr. med. Edeltraut Garbe, Potsdam Institut für Pharmakoepidemiologie und Technologieanwendung, die die Situation der Datenschutzgesetzgebung in Deutschland erläuterte und Möglichkeiten für pharmakoepidemiologische Datenbanken beleuchtete. Daß in der Bundesrepublik dringender Handlungsbedarf besteht, um für die Gesundheitsforschung, insbesondere für die Forschung zur Arzneimittelsicherheit, entsprechende pharmakoepidemiologische Datenbanken aufbauen zu können, zeigte Frau Dr. Garbe an Hand von aktuellen Beispielen zu Arzneimittelinteraktionen (Terfenadin, Mibefradil). Zusammenfassend wies Prof. von Ferber auf zwei gegenwärtig mögliche Strategien hin, um den konvergierenden Interessen zwischen Datenschutz und Gesundheitsforschung gerecht zu werden: Ein Weg bestünde in einer gesetzlichen Bestimmung, die festlegt, für welche Forschungszwecke im Bereich Public Health ein Zugang zu personenbezogenen Daten unter Wahrung der Sicherheitsbestimmungen möglich ist (dies ist gegenwärtig in Schweden und Kanada der Fall); eine anderer Weg, der gegenwärtig in einigen Ländern beschritten wird, besteht in Genehmigungsverfahren, z.B. durch die Einwilligung der Versicherten oder Zustimmung durch bestimmte Gremien. Die Arbeitsgruppe wird ihre Vorstellungen in die entsprechenden Fachgremien tragen.

Arzneimittelgebrauch aus Patientensicht


Eine weitere in der EURO-DURG fest etablierte Arbeitsgruppe befaßt sich mit dem Arzneimittelverbrauch aus der Perspektive der Arzneimittelanwender (User perspective Project). Das Projekt wird von Prof. Ebba Holme Hansen, Danish School of Pharmacy, koordiniert und von der WHO - Regionalbüro Europa/Abteilung Arzneimittel unterstützt. Die Projektgruppe plant eine vergleichende Studie zur Anwendung von Antidepressiva und Tranquillanzien, an der mehrere europäischen Länder nach demselben Forschungsdesign arbeiten werden. Hierbei stehen qualitative Forschungsmethoden im Vordergrund.

Rationale Arzneimitteltherapie


Großen Interesse fand auch diesmal der Workshop "Maßnahmen zur Qualitätssicherung des Verordnungsverhaltens", der von Dr. Ingrid Schubert, Universität Köln, moderiert wurde. Ziel war es einerseits, Kollegen, die in diesem Feld arbeiten oder zu arbeiten beginnen, miteinander in Kontakt zu bringen, sowie andererseits Perspektiven für die weitere Forschung und Implementation von evaluierten Programmen zu diskutieren. In Kurzreferaten wurden Arbeitsmethoden, Probleme der Evaluation und Erfahrungen der Implementation angesprochen. Kees de Joncheere, WHO-Europa, stellte die Herausforderung rationaler Arzneimitteltherapie in den Kontext gesundheits- und berufspolitischer Strategien.
Zwei Kurzreferate beleuchteten edukative Ansätze. Dr. Yurnus Kocabasoglu (WHO Collaborating Centre Groningen) stellte die in der Ausbildung und Weiterbildung von Ärzten eingesetzte Schulung zur Erstellung einer persönlichen Arzneimittelliste mit Arzneimitteln der ersten Wahl für gängige Erkrankungen (P-Drug Concept) vor. Die Medizinstudenten werden in Groningen im Verlauf von sechs Jahren immer wieder nach diesem Modell geschult; sie zeigen sich in der Arzneimittelauswahl sicherer als Studenten, die nicht nach diesem Modell arbeiten. Für praktizierende Ärzte gibt es zweitägige Schulungen, die jedoch bisher hauptsächlich in außereuropäischen Ländern durchgeführt werden. Dr. Kocabasoglu plädierte dafür, schon in der Ausbildung dieses Modell einzusetzen, da sich später eingefahrene Verhaltensweisen bekanntlich nur schwer ändern lassen. Doch auch ausgebildete Mediziner profitieren von diesem Modell, denn es hat sich gezeigt, daß zwar mit den Berufsjahren die medizinische Erfahrung wächst, aber nicht im gleichen Maße die Qualität und Rationalität des Verordnens.
In Qualitätszirkeln zur Pharmakotherapie werden Analysen der verordneten Arzneimittel als Feedback über das Verordnungsverhalten eingesetzt. Dr. Rolf Wahlström, niedergelassener Arzt und Gesundheitsforscher, berichtete von einer Fünf-Länder-Studie, bei der Ärzte ein Feedback darüber erhielten, welche Kriterien ihre Therapieentscheidung beeinflußt haben. Diese Kriterien wurden durch die gezielte Variation von Fallbeispielen erhoben. Für einen breiteren Einsatz in der Routine von Qualitätszirkeln ist das Verfahren des Projektes noch zu komplex.
Bevor ein Verfahren in einem größeren Umfang eingesetzt wird, gilt es den (möglichst auch längerfristigen) Effekt der Maßnahme nachzuweisen und diesen mit dem zeitlichen und finanziellen Aufwand in Beziehung zu setzen. Wie schwierig es ist, eine externe Evaluation mit Kontrollgruppen für die Qualitätszirkelarbeit, die auf freiwilliger Teilnahme beruht, durchzuführen, stellte PD Dr. med. Liselotte von Ferber, Universität Köln, anschaulich dar. Sie plädierte deshalb dafür, zunächst eine interne Evaluation als einen klassischen Pre-Post-Vergleich in bezug auf die angestrebten Veränderungen (Vergleich der Meßgrößen vor und nach der Intervention) durchzuführen und hierbei Referenzgruppen für das Verordnungsverhalten, z. B. die ausgebildeten Moderatoren, heranzuziehen. Frau von Ferber wies darauf hin, daß bei der internen Evaluation das Problem der "Regression zur Mitte" zu beachten ist, d.h., es besteht eine größere Chance einer Veränderung bei denjenigen Teilnehmern, die vom Durchschnitt der Gruppe erheblich abweichen. Diese Ausgangssituation beeinflußt damit das Ergebnis. Bei dieser internen Evaluation können die externen Einflußfaktoren nicht kontrolliert, die säkulare Entwicklung kann nicht abgebildet werden. Letztere läßt sich jedoch beispielsweise an Globaldaten zur Entwicklung der Arzneikosten aufzeigen, die - auch für größere Zeiträume - mit der Kostenentwicklung des Zirkels verglichen werden können. Diese Daten können für eine externe Evaluation herangezogen werden. Für 8 Pharmakotherapiezirkel in Hessen zeigt die Evaluation einen längerfristigen Effekt in bezug auf die angestrebten Ziele.
Finden in der Bundesrepublik die Pharmakotherapiezirkel bisher nur in einigen KV-Bezirken statt, sind sie im Nachbarland Holland flächendeckend etabliert. Geert Kocken, seit sechs Jahren Mitarbeiter im Dutch Institut for Effective Use of Medicine, Utrecht, unterrichtete die Teilnehmer des Workshops in Form von zehn Lektionen, die bei der Implementation eines Programmes - hier der Arzt-Apotheker-Pharmakotherapiegruppen - zu bedenken sind. Die Lektionen berührten die heterogene Interessenslage der Beteiligten ebenso wie die Notwendigkeit, die Gruppensitzungen zu strukturieren, die Qualität der eingesetzten Materialien und Datenanalysen sicherzustellen und im laufenden Prozeß Unterstützung von außen, auch neue Impulse, zu geben.
Die politischen Dimensionen sowie zukünftigen Perspektiven der Thematik "Verbesserung der Arzneimittelanwendung" zeigte abschließend Kees de Joncheere, zuständig bei der WHO - Regionalbüro Europa für den Arzneimittelbereich, auf. Er nannte auf der einen Seite Einflußfaktoren, die dazu führen, daß Arzneimittel nicht rational angewandt werden, und stellte diesen die gegenwärtig vorhandenen Ansätze zur Verbesserung der Situation gegenüber. Zu nennen sind hier Ausbildung und Information sowie ordnungspolitische und finanzielle Steuerungsmaßnahmen. Er beleuchtete die Seite der Gesundheitsplaner und Politiker, die den Zugang zur notwendigen Versorgung sicherstellen müssen, sich jedoch auch vielfältigen Anforderungen - Kostendruck, Erwartungshaltung der Patienten, Einflußnahme durch Industrie und Berufsgruppen - ausgesetzt sehen. Bisher führte dies üblicherweise zu kurzfristigen Lösungen wie Ausgrenzung von Leistungen, erhöhte Selbstbeteiligung der Patienten u.ä. Hinsichtlich neuer Politikansätze unterschied er zentral zu übernehmende Verantwortungsbereiche wie die Sicherstellung der Versorgung, die Festlegung von Standards, die Finanzierung und Bereitstellung von Monitoringinstrumenten von lokalen Verantwortungsbereiche, wie die Einhaltung der Standards und die Durchführung des Monitorings. Unterstützend für die Durchführung von Pharmakotherapiezirkeln mit Ärzten und Apothekern sind s. E. Arzneimittellisten (national formularies) sowie nationale Einrichtungen, die die Gruppen technisch und inhaltlich begleiten. Die Bildung solcher lokalen Gruppen wird erleichtert, wenn der Arzt im Gesundheitswesen die "Gatekeeper"-Rolle übernimmt und die Apotheker Arzneimitteldaten zur Verfügung haben. Im Gegensatz zu den bisherigen politischen Lösungen sieht de Joncheere diesen Weg für mühsamer an, die positiven Effekte seien jedoch stabiler.
Die Teilnehmer des Workshops äußerten zum Abschluß der Diskussion das Interesse, sich in nächster Zeit in Untergruppen mit den Themen Informationstausch und Netzwerkbildung (z.B. über Internet, Webseite), Implementation von Qualitätszirkeln sowie mit spezifischen Forschungsfragen zu Qualitätsindikatoren und Evaluationsverfahren zu befassen.

Postersession EURO-DURG - International Conference


on Pharmacoepidemiology
Zum Themenfeld Arzneimittelepidemiologie und Arzneimittelverbrauchsforschung gab es 105 Poster, die unter der Organisation und Leitung von PD Dr. med. Liselotte von Ferber in jeweils sechs parallelen Sitzungen in Kleingruppen diskutiert wurden. In jeder der 12 Postergruppen wurde ein Poster prämiert. Die Empfänger der Posterpreise erhalten für die nächste EURO-DURG Tagung in Israel die Tagungsgebühr erlassen. Die Themen der Postergruppen und der prämierten Poster zeigen das breite Forschungsspektrum.
1.Pharmakoökonomie
a)Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung: Posterpreis: Peter Davey, Scotland; The influence of case mix bias on cost of hospitalization for lower respiratory tract infection.
b)krankheitsspezifisch: Jaime Caro, USA: Estimating the survival impact of preventing cardiovascular disease.
2.Qualitätssicherung der Verordnungsweise
a)Methoden: Corinne de Vries, Niederlande: Effects of audit meetings on prescribing.
b)krankheitsspezifisch: J. Soon, Kanada: Screening for depression among residents of nursing homes increases the frequency of intervention by primary care physicians.
3.Klinische Pharmakologie
a)Methoden: Jean-Pierre Grégoire, Kanada: Perceived side effects and discontinuation of new courses of anithypertensive medication.
b)krankheitsspezifisch: A. Egberts, Niederlande: Patterns of switching and stopping initial, highly active antiretroviral therapy (HAART) in a cohort study of Dutch HIV-seropositive patients.
4.Arzneimittelverbrauchsforschung
a)Methoden: Bernard Bégaud, Frankreich: Methodology of an observational study concerning the prescription of an antidepressant.
b)globale Verbrauchsdaten: Jiri Vcek, Tschechien: The antibiotic resistance survey. Preliminary report of drug utilization evaluation study in teaching hospital.
c)geschlechtsspezifische Untersuchungen: Charlotte Olesen, Dänemark: Trends in use of hormon replacement therapy among Danish women: a 5-year population based survey.
d)Arzneimittelverbrauch nach Altersgruppen: Jacques Lelorier, Kanada: Age related differences in the use of thrombolytic therapy in patients treated with nebulized Ipratropium solution.
e)arzneimittelspezifische Verbrauchsdaten: Ilse Truter, Südafrika: An investigation into the prescribed daily doses (PDD) of hypolipidemic agents in South-Africa.

Joint-Meeting zwischen EURO-DURG und International Conference on Pharmacoepidemiology


Die 14. Internationale Konferenz zur Pharmakoepidemiologie wurde nach einer Grußadresse des Staatssekretärs Dieter Ernst, Berlin, durch zwei miteinander korrespondierende Ansprachen eröffnet: Professor Dr. Alfred Hildebrandt, Direktor des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, formulierte aus der Sicht der Arzneimittelbehörde Erwartungen an die Pharmakoepidemiologie hinsichtlich ihres Beitrages zur Einschätzung der Wirksamkeit und Sicherheit eines Arzneimittels im alltäglichen Gebrauch. Professor Jerry Avon, Präsident der ISPE, stellte seinerseits dar, was sich die Arzneimittelepidemiologie an Unterstützung und Anerkennung von den Arzneimittelbehörden erwartet. Da Arzneimittelsicherheit und -wirksamkeit erst in der breiten Anwendung zum Tragen kommen und keine dem Schmelz- oder Siedepunkt einer Substanz vergleichbaren Charakteristika der Arzneimittel sind, bedarf es valider Studien. Unterstützung bedarf die Forschung hinsichtlich der Finanzierung von Studien und durch klare Kriterien, die den Zugang zu den entsprechenden Daten gewährleisten.
Die anschließenden Vorträge der gemeinsamen Sitzung von ISPE und EURO-DURG gaben einen Ausschnitt aus pharmakoepidemiologischer Forschung. Ihnen gemeinsam war die - nicht explizit formulierte - Frage, wann von einem angemessenen Arzneimittelverbrauch, wann von einer angemessenen Verordnungsweise gesprochen werden kann. Die Themen reichten von der Antibiotikaverordnung für Vorschulkinder (Thomas Einarson, Kanada), über die Arzneimittelauswahl von Antiepileptika in Altersheimen (Judith Garrad, USA) bis zur Frage nach dem Ausmaß der Multimedikation und den Einflußfaktoren wie Praxisgröße, Arbeitsbelastung und Breite des eingesetzten Arzneimittelspektrums (Lars Bjerrum, Dänemark). Zwei länderübergreifende Projekte wurden vorgestellt: Ulf Bergman (Schweden) verglich und bewertete die Auswahl nichtsteroidaler Antirheumatika in vier europäischen Ländern. Petra Denig (Niederlande) stellte das Drug Education Projekt vor, eine Fünf-Länder-Studie, in die auch Deutschland einbezogen war. Die teilnehmenden Ärzte erhielten in einer Gruppensitzung Feedback über ihr Verordnungsverhalten und über Kriterien, die für ihre Entscheidung von Bedeutung waren. Die Ergebnisse wurden vor dem Hintergrund der bestehenden Leitlinien für Asthma als eine chronische Erkrankung und für Harnwegsinfekte als akute Erkrankung diskutiert. Entsprechend den Erwartungen der Forschergruppe wurden die Empfehlungen zur Behandlung des Harnwegsinfektes häufiger umgesetzt als bestehende Asthmatherapien verändert. Zwischen den Ländern bestanden deutliche Unterschiede in der Akzeptanz und Umsetzung der Leitlinien, was nicht zuletzt auch abhängig ist von der Ausgangssituation, z.B. inwieweit Leitlinien generell akzeptiert werden oder ob die hier speziell herangezogenen Leitlinien bereits bekannt waren und schon umgesetzt werden. Auch die Arbeitsweise einer peer review group war nicht in allen Ländern gleichermaßen bekannt und eingeführt. In Deutschland nahmen nur wenige Ärzte an dem Projekt teil, so daß kaum Veränderungen zu beobachten waren.
Am Sonntag fand die Mitgliederversammlung der EURO-DURG mit Neuwahlen statt. Die Vorsitzende der EURO-DURG, Flora-Haijer Ruskamp, dankte zwei ausscheidenden Mitgliedern, Ebba Home Hansen, Dänemark, und Liselotte von Ferber, Deutschland, für ihrer geleisteten Aktivitäten. Deutschland ist im neuen Vorstand der EURO-DURG durch den Vorsitzenden der Gesellschaft für Arzneimittelepidemiologie und Arzneimittelanwendungsforschung (GAA), Herrn Prof. Dr. med. Joerg Hasford, München, vertreten. Auf der Mitgliederversammlung berichteten fünf neugegründete nationale Gesellschaften von ihren Aktivitäten (Griechenland, Norwegen, Dänemark, Ungarn, Israel).
Die nächste EURO-DURG-Tagung wird 1999 in Jerusalem vom 2. bis 3.Oktober stattfinden. Es wird wieder eine gemeinsame Sitzung mit der vom 3. bis 8.Oktober tagenden EACPT durchgeführt werden. Für das Jahr 2000 wurde Florenz als Tagungsort (wieder zusammen mit der ISPE) ausgewählt. Auf der Mitgliederversammlung gab es ein starkes Votum, Konferenzen in den osteuropäischen Ländern durchzuführen, um den Aufbau der Gesellschaften dort zu stärken und eine bessere Beteiligung der Vertreter und Interessierten aus osteuropäischen Ländern zu ermöglichen.
Informationen über die EURO-DURG sind unter www.eurodurg.org zu finden.
Dr. Ingrid Schubert, Wuppertal

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.