Arzneimittel und Therapie

Campylobacter jejuni: Erreger bakterieller Lebensmittelinfektionen

In der Öffentlichkeit sind Bakterien der Gattung Campylobacter bislang kaum bekannt. Dabei sind sie in der Bundesrepublik Deutschland nach den Salmonellen die bedeutendsten Erreger bakteriell bedingter und durch Lebensmittel ausgelöster Durchfallerkrankungen.

Das geht aus einer Auswertung der epidemiologischen Daten aus den fünf neuen Bundesländern sowie Berlin und dem Saarland hervor, die Lebensmittelinfektionen erregerspezifisch erfassen. 1996 wurden allein in diesen Bundesländern rund 10000 Campylobacteriosen gemeldet, zumeist verursacht durch die Spezies C. jejuni. Die Zahl der Salmonellosen lag, zum Vergleich, knapp über 32000. Die Einschätzung wird durch die Ergebnisse einer vergleichenden epidemiologischen Studie bestätigt, die im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, BgVV, Bereich Wernigerode, für Niedersachsen durchgeführt wurde. Während andere europäische und außereuropäische Länder, wie Frankreich oder Lateinamerika, eine vergleichbare Situtation aufweisen, rangieren die lebensmittelbedingten Campylobacterinfektionen unter anderem in Großbritannien, den Niederlanden und Kanada zahlenmäßig sogar vor den Salmonellosen.

Akuter Durchfall und Fieber Das klinische Bild der Campylobacteriose entspricht mit akutem Durchfall, oft auch Fieber, im wesentlichen dem der Salmonellose. Komplikationen und Folgekrankheiten können den Verlauf jedoch im Einzelfall erschweren. Als Keimreservoir gelten verschiedene Nutztiere, vor allem Geflügel, Rind und Schwein, aber auch Haustiere wie Hund und Katze sowie wildlebende Vögel, die häufig, ohne selbst zu erkranken, von Campylobacterkeimen besiedelt werden. Die Erreger werden nach heutigem Kenntnisstand überwiegend über kontaminierte Lebensmittel übertragen. Hier sind in erster Linie Geflügelfleisch und -innereien, aber auch Rohmilch oder kontaminiertes Oberflächenwasser zu nennen. Zum Auslösen einer Lebensmittelinfektion durch Campylobacterbakterien kann schon eine vergleichsweise geringe Zahl von rund 500 Keimen ausreichen. Im Gegensatz zu Salmonellen und den meisten anderen Bakterien vermehren sich die wärmeliebenden Campylobacterspezies in der Regel zwar nicht im Lebensmittel, durch die unvollständige Erhitzung kontaminierter Produkte oder durch sogenannte Kreuzkontaminationen bei der küchentechnischen Zubereitung wird die erforderliche Infektionsdosis dennoch häufig erreicht.

Anstieg auf fast das Doppelte Der Trend der letzten drei Jahre zeigt einen deutlichen Anstieg der Campylobacteriosen in der Bundesrepublik auf fast das Doppelte. Dieser Anstieg ist allerdings teilweise auf eine intensivere Erfassung und verbesserte Diagnostik zurückzuführen. Die Tatsache, daß die gesundheitliche Bedeutung von Campylobacter als Erreger von Lebensmittelinfektionen heute vielfach unterbewertet wird, dürfte unter anderem auf den vergleichsweise schwierigen Erregernachweis in Lebensmitteln zurückzuführen sein.

Epidemiologie wird untersucht Zur Epidemiologie der Campylobacterinfektionen beim Menschen, insbesondere den Übertragungsmechanismen, Übertragungswegen und Einflußfaktoren, aber auch zur Ausbreitung in den Tierbeständen, sind noch zahlreiche Fragen offen, die einer Klärung durch angewandte infektionsepidemiologische Forschung bedürfen. Gegenwärtig laufende Arbeiten im BgVV sollen eine aktuelle Einschätzung der potentiellen Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers und die Erarbeitung sinnvoller Bekämpfungsstrategien in Tierbeständen während der Schlachtung und Behandlung von Lebensmitteln tierischer Herkunft ermöglichen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, daß offensichtlich auch in Deutschland kontaminiertes Geflügelfleisch vor allem bei sporadisch auftretenden Einzel- und Familienerkrankungen die Hauptinfektionsquelle des Menschen ist. Anders stellt sich die Situation bei Campylobacterausbrüchen dar, die nach der Verpflegung in Großküchen auftraten. Infektionsepidemiologische Untersuchungen des BgVV in Wernigerode zeigen, daß in diesen Fällen häufig rohe oder unzureichend erhitzte Milch die Infektionsquelle war. Diese Ergebnisse und die Tatsache, daß auf diesem Weg auch die Übertragung enterohämorrhagischer Escherichia coli, sogenannter EHEC-Keime, erfolgen kann, mündeten 1997 in eine Änderung der Milchverordnung. Danach ist die Abgabe roher Milch, einschließlich Vorzugsmilch, in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung nicht mehr zugelassen.

Quelle Presseinformation des bgvv, Berlin bgvv

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