Bottroper-Zyto-Skandal

Peter S. scheitert mit Verfassungsbeschwerde

Berlin - 23.08.2023, 12:15 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde von Peter S. gegen seine Verurteilung zu Haft und Berufsverbot nicht zur Entscheidung angenommen. (Foto: IMAGO / Political-Moments)

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde von Peter S. gegen seine Verurteilung zu Haft und Berufsverbot nicht zur Entscheidung angenommen. (Foto: IMAGO / Political-Moments)


Der „Bottroper Zyto-Apotheker“ Peter S. hat mittlerweile sechseinhalb Jahre seiner Haftstrafe verbüßt – doch mit einem erneuten Aufrollen seines Falles ist nicht zu rechnen: Seine vor rund drei Jahren erhobene Verfassungsbeschwerde gegen seine  Verurteilung zu zwölf Jahren Haft und lebenslangem Berufsverbot ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Peter S. wurde 2018 vom Landgericht Essen wegen Betrugs und Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Zudem ordnete es ein lebenslanges Berufsverbot und die Einziehung von Taterträgen in Höhe von 17 Millionen Euro an. Das Gericht hatte festgestellt, dass er zwischen Januar 2012 und November 2016 in 14.564 Fällen unterdosierte Arzneimittelzubereitungen für die Krebstherapie hergestellt, ausgeliefert und unter Vorgabe einer ordnungsgemäßen Dosierung bei den Kassen abgerechnet hatte. Meist ging er dabei eigenhändig vor. In Einzelfällen wurden die unterdosierten Arzneimittel aber auch durch ausgewählte Mitarbeiter „auf Veranlassung oder Anweisung und mit zumindest generellem Wissen und Billigung“ von Peter S. hergestellt. Durch dieses verordnungswidrige und heimliche Einsparen von Wirkstoffen wollte er den Gewinn der Apotheke steigern, um seinen privaten Finanzbedarf zu decken.

Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil später. Hiergegen legte Peter S. im Jahr 2020 Verfassungsbeschwerde ein. Er rügte insbesondere eine Verletzung des Schuldgrundsatzes, auf dem unser Strafrecht beruht und dem Verfassungsrang zukommt. Im Prozess müssen dem Täter sowohl die Tat als auch seine Schuld nachgewiesen werden. Peter S. meint jedoch, dass aus den Entscheidungsgründen zu seiner Verurteilung nicht hervorgehe, in welchen konkreten Fällen er unterdosierte Zubereitungen hergestellt habe und für welche Patient:innen diese bestimmt gewesen seien. Zudem habe das Landgericht ihn allein aufgrund einer unspezifischen Veranlassung, Kenntnis und Billigung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter als Täter verurteilt.

Die Bundesverfassungsrichter:innen kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass Peter S. eine Verletzung des Schuldgrundsatzes nicht aufzeigen konnte. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass und wie das Landgericht die sogenannte gleichartige Wahlfeststellung vorgenommen habe. Bei einer solchen steht mit Gewissheit fest, dass der Täter eine Strafnorm verwirklicht hat; es ist aber unklar, welche von mehreren möglichen Handlungen konkret den Straftatbestand erfüllt hat.

Auch ohne konkrete Zuordnung ist Peter S. schuldig 

Auch die Strafkammer am Landgericht konnte letztlich nicht sicher feststellen, bei welchen 14.498 der insgesamt 28.285 hergestellten Arzneimittelzubereitungen eine Unterdosierung erfolgt war. Es stehe nur fest, dass und wie viele Unterdosierungen es bei den Zubereitungen mit dem jeweiligen Wirkstoff mindestens gegeben hatte, so das Bundesverfassungsgericht. Zu den 28.285 Arzneimittelzubereitungen habe das Landgericht hinreichende Feststellungen getroffen, um die abgeurteilten Fälle ohne Schwierigkeiten von anderen Lebenssachverhalten abzugrenzen, sodass die Gefahr einer Mehrfachverfolgung ausgeschlossen sei.

Auch bei der Verurteilung von Peter S. als Täter in Fällen, in denen Mitarbeiter:innen die Zyto-Zubereitungen nach seinen Vorgaben hergestellt hatten, gebe es keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Landgericht habe ausreichende Feststellungen zur organisatorischen Hoheit und dem Motiv von Peter S., der als mittelbarer Täter verurteilt wurde, betroffen. „Beides lässt in hinreichendem Maße auf eine vom Täterwillen getragene Tatherrschaft schließen.“

Peter S., der bereits seit November 2016 inhaftiert ist, hat damit noch einige Jahre seiner Haftstrafe zu verbüßen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 09. August 2023, Az.: 2 BvR 1373/20


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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