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GABAA-Rezeptormodulator
Zuranolon – orale Therapieoption bei postpartalen Depressionen erhält US-Zulassung
Mit Zuranolon ist nun ein zweites Arzneimittel zur Behandlung von postpartalen Depressionen in den USA zugelassen. Ebenso wie das 2019 zugelassene Brexanolon wirkt Zuranolon als Modulator am GABAA-Rezeptor. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber Brexanolon ist jedoch, dass Zuranolon nicht intravenös infundiert werden muss, sondern oral applizierbar ist.
Das Baby ist da! Während manche Eltern in der ersten Zeit nach der Geburt vor Glück nur so überschäumen, wollen sich bei anderen keine Glücksgefühle einstellen. Jede zweite bis vierte Frau macht Bekanntschaft mit dem postpartalem Blues (Baby-Blues), der von Traurigkeit und Reizbarkeit gekennzeichnet ist – und glücklicherweise innerhalb einiger Tage vorübergeht.
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Anders bei der postpartalen Depression (Wochenbettdepression), die etwa 10 bis 15% der Mütter erleiden. Die hier auftretenden, schwereren Symptome entsprechen denen einer Depression und sind von längerer Dauer. Eintreten kann eine postpartale Depression bereits im letzten Schwangerschaftsabschnitt oder aber in den ersten Lebenswochen des Kindes. Auf eine spontane Remission wie beim Blues sollte hier nicht gesetzt werden: Die postpartale Depression ist eine Indikation für eine Behandlung [1, 2].
Spezifische Therapieoptionen in den USA
In den USA haben mittlerweile zwei Arzneimittel eine Zulassung spezifisch in der Indikation „postpartale Depressionen bei Erwachsenen“. Eines davon, Zuranolon (Handelsname ZurzuvaeTM), wurde erst vergangene Woche zugelassen. Wie auch das 2019 zugelassene Brexanolon (Handelsname ZulressoTM) soll das Derivat des Neurosteroides Allopregnanolon, Zuranolon, über seine Funktion als positiver, allosterischer Modulator am GABAA-Rezeptor wirken. Solche Modulatoren erleichtern die Bindung des natürlichen Liganden GABA und somit die Rezeptoraktivierung. Vollständig geklärt ist der Wirkmechanismus laut US-amerikanischer Fachinformation unterdes noch nicht [3, 4].
Die Wirksamkeit von Zuranolon wurde in zwei Phase-3-Studien untersucht, in denen Betroffene über 14 Tage entweder mit Zuranolon oder mit Placebo behandelt wurden. In den beiden zulassungsrelevanten Phase-3-Studien hatten sich die depressiven Symptome an Tag 15 unter Verum stärker reduziert als unter Placebo (Differenz von 4 Punkten auf einer Skala von 0 bis 52). Eine erste Verbesserung war bereits an Tag 3 messbar. Der Effekt wurde über den Nachbeobachtungszeitraum von 42 Tagen beibehalten [5, 6].
Vorteile und unerwünschte Wirkungen
Das 2019 zugelassene Brexanolon wird über einen Zeitraum von 2,5 Tagen infundiert. Da es in dieser Zeit zu den schweren Nebenwirkungen der übermäßigen Sedierung und dem plötzlichen Bewusstseinsverlust kommen kann, darf die Behandlung nur in zertifizierten Einrichtungen durchgeführt werden. Demgegenüber gestaltet sich die Anwendung des neuen Wirkstoffes Zuranolon deutlich unkomplizierter: Dieser wird in einer Standarddosierung von 50 mg über einen Zeitraum von 14 Tagen einmal täglich mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen [4, 7].
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Die häufigsten in den Zulassungsstudien beobachteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind Schläfrigkeit und Schwindel. Aus diesem Grund sollten Anwenderinnen innerhalb von zwölf Stunden nach der Einnahme kein Auto steuern oder schwere Maschinen bedienen. Eine abendliche Einnahme bietet sich an. Die Kombination mit Alkohol, Benzodiazepinen, Opioiden und Trizyklischen Antidepressiva ist zu vermeiden [4-6].
Anwendbarkeit in Stillzeit und Schwangerschaft
Von besonderem Interesse ist für die Zielgruppe weiterhin die Frage nach der Anwendbarkeit in Schwangerschaft und Stillzeit. Hierzu finden sich in der US-amerikanischen Fachinformation nur begrenzte Informationen. Da im Tierversuch an schwangeren Ratten jedoch Schäden, wie etwa die Zunahme von Fehlbildungen beobachtet wurden, sollten Frauen unter der Therapie und für eine weitere Woche danach sicher verhüten. Hinsichtlich der Stillzeit ist lediglich bekannt, dass Zuranolon in geringen Konzentrationen in der Milch nachweisbar ist. Inwieweit sich diese auf den Säugling auswirken, ist derzeit nicht bekannt. Die US-amerikanische Fachinformation empfiehlt an dieser Stelle ein sorgfältiges Abwägen von Bedürfnissen und Risiken für Mutter und Kind [4].
Behandlung in Deutschland
In Deutschland sind weder Brexanolon noch Zuranolon zugelassen. Welche Therapieoptionen stehen hierzulande zur Verfügung? Der Abschnitt „postpartale Depression“ der S3-Leitlinie Unipolare Depressionen ist derzeit in Überarbeitung. In der abgelaufenen Version von 2015 ist zu lesen [8]:
„Wegen potenziell negativer Folgen pharmakologischer Behandlung in der Peripartalzeit und dem damit höheren Schwellenwert für pharmakologische Behandlung wie auch der überwiegenden Bevorzugung psychotherapeutischer und psychosozialer Interventionen durch betroffene Frauen kommt diesen Interventionen in der Peripartalzeit eine besondere Bedeutung zu.“
Ist eine medikamentöse Behandlung erforderlich, so empfehlen sich laut embryotox.de Monotherapien mit Wirkstoffen, die nur in geringem Maße über die Muttermilch an das Kind weitergegeben werden. Dazu gehören etwa Sertralin, (Es-)Citalopram, Amitriptylin und Mirtazapin [9].
Literatur
[1] Sonnenmoser M. Postpartale Depression: Vom Tief nach der Geburt. Dtsch Arztebl PP. 2007;6:82
[2] Daubitz T. Mehr als nur ein Blues. DAZ. 2021;14:30
[3] FDA Approves First Oral Treatment for Postpartum Depression. Pressemitteilung der FDA. 04. August 2023. www.fda.gov/news-events/press-announcements/fda-approves-first-oral-treatment-postpartum-depression
[4] ZurzuvaeTM (zuranolone) capsules, for oral use. US-amerikanische Fachinformation. Stand August 2023. www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2023/217369s000lbl.pdf
[5] A Study to Evaluate the Efficacy and Safety of SAGE-217 in Participants With Severe Postpartum Depression (PPD). Klinische Studie von Sage Therapeutics. Studienregisternummer NCT04442503. Stand Juni 2023. clinicaltrials.gov/study/NCT04442503
[6] Deligiannidis KM et al. Effect of Zuranolone vs Placebo in Postpartum Depression. A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry. 2021;78(9):951-959. doi:10.1001/jamapsychiatry.2021.1559
[7] Moll D. FDA lässt erstes Antidepressivum für das Wochenbett zu. DAZ.online. 28.03.2019. www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/03/28/fda-laesst-erstes-antidepressivum-fuer-das-wochenbett-zu
[8] S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie. Unipolare Depression. Langfassung. 2. Auflage, Version 4. 2015. AWMF-Register-Nr.: nvl -005
[9] Depressive Krankheitsbilder. Informationen von embryotox.de. Abgerufen am 08.08.2023. www.embryotox.de/erkrankungen/details/ansicht/erkrankung/depressive-krankheitsbilder/
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