Was versteht man unter einer Narbe?

Narben richtig behandeln

Leipzig - 07.04.2022, 17:50 Uhr

Behandlung einer postoperativen Narbe mit einer luftdichten Abdeckung aus Silikongel. (x / Foto: BarTa / AdobeStock)

Behandlung einer postoperativen Narbe mit einer luftdichten Abdeckung aus Silikongel. (x / Foto: BarTa / AdobeStock)


Sie sind schneller da als wir denken: Narben. Sie entstehen nach Verletzungen der Haut oder operativen Eingriffen und bedürfen einer intensiven Pflege, damit der Heilungsprozess optimal abläuft. Die Narbenbehandlung und -pflege nimmt deshalb einen großen Stellenwert in der Offizin ein. Je nach Beschaffenheit und Wundheilungsphase können verschiedene Empfehlungen ausgesprochen werden. 

Eine Narbe entsteht an Hautstellen, die eine Verletzung der tieferen Hautschichten, insbesondere der Lederhaut, erfahren haben. Beginnend an den Wundrändern wird der zu heilende Bereich langsam mit Gewebe aufgefüllt und danach mit Kollagen verfestigt. Im Vergleich zu oberflächlichen Verletzungen wie einer Schürfwunde oder einem kleinen Schnitt kommt es hier zu einer massiveren Zerstörung von Gewebe. Die neugebildete Haut ist weniger elastisch als zuvor, da die Vernetzung der Strukturen nicht mehr optimal funktioniert. Eine Narbe entsteht.

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Je nach Wundheilungsstufe und Aussehen werden Narben in verschiedene Kategorien eingeteilt. Zu Beginn ist die frische Narbe meist rötlich gefärbt. Ältere, gesunde Narben sind heller, ähneln dem eigenen Hautfarbton und sind sehr flach. In diesem Fall ist die Hautstelle langfristig gut verheilt und nicht weiter behandlungsbedürftig. Zeigt sich die Narbe erhaben und deutlich verdickt, spricht man von einer hypertrophen Narbe (das bedeutet „vergrößert“ oder „vermehrt entwickelt“). Sie entsteht, wenn der Körper zu viel neues Gewebe bildet. Dieses sitzt begrenzt auf der Verletzung, kann auch langfristig gerötet sein und mit Juckreiz einhergehen. Bildet sich auch um die eigentliche Verletzung herum Narbengewebe, spricht man von Keloiden. Die Wucherung ist deutlich erhaben, häufig gerötet und in der Erscheinung glatt bis gummiartig.

Die richtige Behandlung zur richtigen Zeit

Kurz nach der Verletzung oder Operation sollte der Wundheilungsprozess des Körpers nicht gestört werden. Diese Phase dauert etwa sieben bis zehn Tage. Häufig werden erst danach Fäden gezogen, wenn es sich um eine operierte Wunde handelt. Der natürliche Reinigungsprozess sollte durch äußere Einwirkungen nicht gestört werden. Ist die Wunde einmal verschlossen, sollte mit einer geeigneten Pflege begonnen werden. In den ersten Tagen ist eine sanfte Pflege ohne zu starken Druck auf die Hautstelle vorzusehen. Danach können die Produkte gut einmassiert werden, um das Narbengewebe geschmeidig zu halten. Die richtige Narbenpflege braucht Durchhaltevermögen, denn das regelmäßige Pflegen, bestenfalls ein- bis zweimal täglich über mindestens sechs Monate, stellt die beste Therapie für die Entstehung einer gesunden Narbe dar.

Geeignete Produkte für die Narbenpflege

Nach abgeschlossener Wundheilung kann mit der Pflege begonnen werden. Die Eigenschaften der Produkte sind antiproliferativ, antientzündlich und glättend. Ziel ist es, die Gewebevermehrung in Zaum zu halten, damit eine möglichst glatte Hautstruktur entsteht. Das Produkt sollte gut einmassiert werden, um den bestmöglichen Effekt zu erzielen. Zusätzlich kommen Gele zum Einsatz, die das Bindegewebe mit Feuchtigkeit versorgen, die Narbe luftdicht abschließen und so die Neubildung von gesundem Gewebe fördern. In der Apotheke findet man Einzelpräparate oder Kombinationen mit den genannten Eigenschaften.

Präparate-Übersicht zur Narben-Therapie

PräparatInhaltsstoffeWirkung
Contractubex GelHeparin, AllantoinHydratisierung, Glättung, antiproliferativ
Kelofibrase CremeHeparin, HarnstoffHydratisierung, antiphlogistisch, Gewebelockerung
Bepanthen Narben-GelSilikongel, DexpanthenolHydratisierung, luftdichte Abdeckung, Wundheilungsförderung
Avène Cicalfate+ Narbenpflege GelDimethicon, HyaluronsäureLuftdichte Abdeckung, Hydratisierung
Dermasence BarrioPro Wund- und NarbenpflegeemulsionPolidocanol, HyaluronsäureHydratisierung, Juckreizlinderung
Kelo-Cote SilikongelSchnell trocknendes SilikongelLuftdichte Abdeckung, Hydratisierung

Ergänzend gibt es Präparate alternativer Medizinbereiche wie das Narbengel von Wala oder Öle aus dem Bereich der Aromatherapie, die beispielsweise Rosenöl enthalten.

Was tun bei hypertrophen Narben und Keloiden?

Trotz aller Pflege kann hin und wieder eine pathologische Narbe entstehen. Die Beschwerden reichen von Juckreiz, Rötung, erhöhter Zugspannung bis hin zu ästhetisch inakzeptablen Erscheinungen. Operative Eingriffe sind hier keine Seltenheit. Dabei wird Narbengewebe herausgeschnitten, Keloide komplett entfernt (Kryochirurgie) oder mittels Lasertherapie die Überpigmentierung verringert. In der neuen S2k-Leitlinie zur Behandlung pathologischer Narben wird auch die Injektionstherapie mit Triamcinolonacetonid beschrieben, welche signifikant und langanhaltend hypertrophe Narben sowie Keloide verbessern kann.

Zusatzempfehlungen zur Narbentherapie

Um die Pflegetherapie mit Silikongelen und Narbenkosmetika zu unterstützen, können auch im Alltag einige Maßnahmen ergriffen werden:

  • Zugspannung verringern: durch Dehnungen oder ruckartige Bewegungen kann frisches Narbengewebe in der Heilung gestört werden, die Gefahr der Entstehung einer hypertrophen Narbe ist erhöht.
  • Entspannt sitzende Kleidung tragen, die nicht irritierend oder reibend wirkt. So kann Juckreiz vorgebeugt werden.
  • Bei Juckreiz: nicht kratzen, sondern die Pflegeprodukte umstellen. Beispielsweise auf Inhaltsstoffe wie Dexpanthenol oder Polidocanol achten.
  • UV-Schutz verwenden: Narbengewebe hat keinen besonders hohen Eigenschutz. Um die frische Haut zu schützen, unbedingt einen nicht reizenden hohen Sonnenschutz auftragen. Geeignet ist ein LSF 30 oder 50.
  • Geduld haben: Die Bildung von Narbengewebe kann einige Monate dauern. Die regelmäßige Pflege mit geeigneten Produkten ist das A und O. Die Präparate am besten auf dem Nachttisch oder neben der Zahnbürste aufbewahren, so wird die Therapie nicht vergessen.


Carolin Kühnast, Apothekerin
redaktion@daz.online


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