EMA empfiehlt neuartiges Schlafmittel Quviviq

Endlich einschlafen mit Daridorexant?

Stuttgart - 01.03.2022, 09:15 Uhr

Daridorexant in Quviviq soll Ein- und Durchschlafen erleichtern. In Kürze dürfte es in der EU verfügbar sein. (Foto: Anton / AdobeStock)

Daridorexant in Quviviq soll Ein- und Durchschlafen erleichtern. In Kürze dürfte es in der EU verfügbar sein. (Foto: Anton / AdobeStock)


Daridorexant beschleunigt Einschlafen und verkürzt das Wachliegen

Die FDA (die EMA hat bislang keine Informationen zu ihrer Zulassungsempfehlung veröffentlicht) stützt ihre Zulassung von Quviviq auf über 160 klinische Studien, an denen insgesamt 1.845 Erwachsene mit Schlafstörungen teilgenommen hatten. Zulassungsrelevant waren zwei Phase-3-Studien, in denen Idorsia über drei Monate die einmal tägliche Einnahme von Daridorexant doppelblind gegen Placebo untersuchte. Veröffentlicht wurden die Daten im Fachjournal „The Lancet Neurology“ („Safety and efficacy of daridorexant in patients with insomnia disorder: results from two multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trials“). In der ersten Studie erhielten 930 Patienten mit Schlaflosigkeit entweder Daridorexant mit 50 mg (310 Teilnehmer) oder 25 mg (310 Teilnehmer) oder Placebo (310 Teilnehmer), in der zweiten Studie erhielten 924 Patienten entweder 25 mg Daridorexant (309 Teilnehmer), eine reduzierte Dosis von 10 mg (307 Teilnehmer) oder ebenfalls Placebo (308 Teilnehmer).

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Ziel der Studie war herauszufinden, wie stark Daridorexant verglichen mit Placebo die Einschlafzeit verkürzt und das Durchschlafen verbessert (gemessen an der Wachzeit nach der ersten Schlafphase), wobei die Werte zu Beginn der Studie, einen Monat nach und drei Monate nach Therapiestart im Schlaflabor erhoben wurden. Dabei konnte Daridorexant sowohl in Dosierungen mit 25 mg wie auch mit 50 mg überzeugen: Verglichen mit Placebo verbesserte der Orexin-Rezeptorblocker signifikant die Einschlafdauer, die Durchschlafzeit bis zum Aufwachen und auch die von den Studienteilnehmern selbstberichtete Gesamtschlafdauer. In Zahlen bedeutet das (Studie 1): Die Wachzeit nach dem ersten Schlafstadium (WASO, Wake after Sleep Onset) verringerte sich mit 50 mg Daridorexant um 22,8 Minuten, die Zeit bis zum Einschlafen (LPS, Latency to persistent Sleep) um 11,7 Minuten (einen Monat nach Therapiebeginn) – jeweils verglichen mit Placebo. Drei Monate nach Therapiebeginn lagen die Patienten nach der ersten Schlafphase 18,3 Minuten weniger wach, und sie schliefen 11,7 Minuten schneller ein. Wie sieht es mit der 25 mg-Dosierung aus? Einen Monat nach Therapiebeginn klappte mit der geringeren Dosierung das Einschlafen 8,3 Minuten schneller, das Wachligen nach dem ersten Schlafstadium reduzierte sich um 12,2 Minuten (jeweils verglichen mit Placebo). Im Monat drei war die Einschlafzeit um 7,6 Minuten verkürzt, die Wachphase um 11,9 Minuten.

Bessere Gesamtschlafdauer

Daneben hatten auch die Patienten das Gefühl eines besseren und längeren Schlafes: Ihre Gesamtschlafdauer verbesserte sich eigenen Angaben zufolge um 22,1 Minuten und 19,8 Minuten (Monat eins und Monat drei) unter 50 mg Daridorexant. Nahmen die Patienten 25 mg Daridorexant ein, gaben sie an, 12,6 Minuten und 9,9 Minuten (Monat eins und Monat drei) mehr zu schlafen. Studie zwei untersuchte auch die 10 mg-Dosierung von Daridorexant – allerdings genügte diese Dosis nicht, um die Wachzeit oder die Einschlafzeit signifikant zu verbessern. Aus diesem Grund ist Daridorexant mit 10 mg in den USA nicht zugelassen und in der EU nicht zur Zulassung empfohlen.

Nasopharyngitis und Kopfschmerzen als Nebenwirkungen

Zu den häufigsten berichteten Nebenwirkungen in den Studien zählten Nasopharyngitis, Kopfschmerzen (50 mg: 7 Prozent; 25 mg: 6 Prozent; Placebo: 5 Prozent) und Müdigkeit (50 mg: 5 Prozent; 25 mg: 6 Prozent; Placebo: 4 Prozent) – in allen Behandlungsgruppen. Auch war den Studienautoren zufolge die Gesamthäufigkeit der unerwünschten Ereignisse zwischen den Studienarmen vergleichbar: Je 38 Prozent der Probanden mit Daridorexant 50 mg und 25 mg berichteten über unerwünschte Arzneimittelwirkungen während der Behandlung, in der Placebogruppe waren es mit 34 Prozent fast gleich viele (Studie 1). Ähnliche Werte zu Nebenwirkungsmeldungen förderte Studie 2 zutage (25 mg: 39 Prozent; 10 mg: 38 Prozent; Placebo: 33 Prozent). Zudem kam es zu einem Todesfall aufgrund eines Herzstillstands in Studie 1 unter 25 mg Daridorexant, allerdings wurde kein kausaler Zusammenhang zur Behandlung gesehen.

Verstärkt Daridorexant Selbstmordgedanken und Tagesschläfrigkeit?

Beim ersten zugelassenen und bereits seit Jahren in den USA eingesetzten Orexin-Rezeptorantagonisten Suvorexant gibt es mittlerweile Hinweise, dass er zu erhöhter Tagesmüdigkeit und Suizidgedanken führen könnte. Inwieweit dies ein Klasseneffekt ist und auch beim neuen Wirkstoff Daridorexant auftreten könnte, wird sich zeigen. Idorsia informiert aber bereits, dass es möglicherweise zu einer Verschlimmerung von Depressionen und Selbstmordgedanken unter Daridorexant kommen könne.

Abhängigkeitspotenzial von Daridorexant

Eine berechtigte Frage bei Schlafmitteln lautet stets: Wie hoch ist das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial? Von Benzodiazepinen sowie von Z-Substanzen sind gewisse Gewöhnungseffekte bekannt. Idorsia ließ dies sodann in präklinischen Modellen auch für Daridorexant untersuchen, und zwar bei Personen mit Schlaflosigkeit und Menschen, die Beruhigungsmittel nicht therapeutisch, sondern zum Freizeitgebrauch anwenden. Verglichen mit 30 mg Zolpidem und 150 mg Suvorexant zeigte Daridorexant in einer Stärke von 50 mg signifikant weniger „Drug liking“-Bewertungen bei 63 Freizeitkonsumenten. Erhöhte man Daridorexant auf 100 mg und 150 mg (doppelte und dreifache Menge der empfohlenen Dosis), bewerteten die Freizeitkonsumenten das „Drug-liking“ ähnlich wie bei Zolpidem und Suvorexant.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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