Bei spinaler Muskelatrophie nicht besser als Spinraza

G-BA lehnt Zusatznutzen für Zolgensma ab

Stuttgart - 11.11.2021, 07:00 Uhr

Der G-BA erkennt in der Behandlung mit Zolgensma keinen Zusatznutzen verglichen mit einer Therapie mit Spinraza bei Kindern mit spinaler Muskelatrophie. (s / Foto: Artem Varnitsin / AdobeStock)

Der G-BA erkennt in der Behandlung mit Zolgensma keinen Zusatznutzen verglichen mit einer Therapie mit Spinraza bei Kindern mit spinaler Muskelatrophie. (s / Foto: Artem Varnitsin / AdobeStock)


Mit Überschreitung der 50 Millionen Euro Umsatzschwelle hat Novartis bei Zolgensma das Orphan-Privileg der vereinfachten Nutzenbewertung verspielt. Die Gentherapie bei spinaler Muskelatrophie musste sich deswegen gegen eine etablierte Vergleichstherapie – Nusinersen in Spinraza – beweisen. Der G-BA versagt Onasemnogen Abeparvovec einen Zusatznutzen. Wie wirkt sich das auf die Versorgung mit Zolgensma bei Kindern mit spinaler Muskelatrophie aus?

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat über den Zusatznutzen zweier Gentherapien bei zwei seltenen Erkrankungen entschieden: Es geht um Zolgensma® (Onasemnogen Abeparvovec) bei spinaler Muskelatrophie und Libmeldy® (Atidarsagen Autotemcel) bei metachromatischer Leukodystrophie (MLD). Nur für Libmeldy sieht der G-BA jedoch einen erheblichen Zusatznutzen, bei Zolgensma hingegen nicht.

Libmeldy durchlief aufgrund des Orphan-Drug-Status eine vereinfachte Nutzenbewertung, Zolgensma genoss zwar zum Zeitpunkt der Zulassung den Orphan-Drug-Status noch. Allerdings hat Novartis, Hersteller von Zolgensma, bereits im Jahr 2020 die kritische Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro mit dem Gentherapeutikum erreicht. Daraufhin setzte der G-BA das ursprünglich vereinfachte Nutzenbewertungsverfahren aus, das Orphan-Privileg entfiel und Zolgensma musste sich sodann direkt gegen bereits etablierte Vergleichstherapien (Nusinersen in Spinraza®) beweisen: „Anhand der verfügbaren Daten hat der G-BA für keine Patientengruppe einen Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie festgestellt“, erklärt das Gremium.

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Der Beschluss ist „mit großer Wahrscheinlichkeit nur vorläufig“. Laut G-BA-Chef Professor Josef Hecken will das Gremium spätestens im Sommer 2027 erneut über Zolgensma beraten, wenn „hoffentlich Informationen aus dem Behandlungsalltag“ – aus der anwendungsbegleitenden Datenerhebung – vorlägen. Der G-BA hatte am 4. Februar 2021 Novartis verpflichtet, „Daten zu seinem Arzneimittel in der klinischen Routine zu erheben und für eine Zusatznutzenbewertung auszuwerten“.

Anwendungsbezogene Datenerhebung

Nicht immer ermöglichen die bei Zulassung eines Arzneimittels vorliegenden Daten dem G-BA, über den Zusatznutzen des Arzneimittels zu entscheiden. Vor allem bei Arzneimitteln mit bedingter Zulassung, mit Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen oder für Orphan Drugs gibt es zum Zeitpunkt der Zulassung häufig Wissenslücken bei klinischen Daten. Dieses Problem hat der Gesetzgeber bereits vor Jahren erkannt und deswegen 2019 im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) verankert, dass der G-BA vom pharmazeutischen Unternehmer einfordern kann, dass dieser anwendungsbegleitend Daten erhebt und auswertet. Das schafft früh eine bessere klinische Datenbasis für die Bewertung des Zusatznutzens, ohne die Versorgung der Patienten einzuschränken, da die Patienten in der Gesetzlichen Krankenversicherung die betreffenden Arzneimittel bereits erhalten können. Details zum Verfahren der anwendungsbezogenen Datenerhebung legte der G-BA sodann 2020 fest. Zolgensma war das erste Arzneimittel, für den der G-BA eine anwendungsbegleitend Datenerhebung einforderte.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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