Bei spinaler Muskelatrophie nicht besser als Spinraza

G-BA lehnt Zusatznutzen für Zolgensma ab

Stuttgart - 11.11.2021, 07:00 Uhr

Der G-BA erkennt in der Behandlung mit Zolgensma keinen Zusatznutzen verglichen mit einer Therapie mit Spinraza bei Kindern mit spinaler Muskelatrophie. (s / Foto: Artem Varnitsin / AdobeStock)

Der G-BA erkennt in der Behandlung mit Zolgensma keinen Zusatznutzen verglichen mit einer Therapie mit Spinraza bei Kindern mit spinaler Muskelatrophie. (s / Foto: Artem Varnitsin / AdobeStock)


Keine Auswirkung auf die Anwendung

Der G-BA betont, dass mit dem Beschluss zu Zolgensma „ausdrücklich keine Einschränkung der Versorgung verbunden“ ist. Das Arzneimittel könne im Rahmen seiner Zulassung und unter Einhaltung der qualitätssichernden Standards weiterhin verordnet und eingesetzt werden. In Deutschland erkranken etwa 80 bis 120 Kinder pro Jahr, die Therapiekosten für Zolgensma liegen für die einmalige Anwendung bei 2,3 Millionen Euro. Daneben gibt es mit Nusinersen in Spinraza (intrathekale Anwendung) und Risdiplam in Evrysdi® (orale Gabe) weitere Behandlungsmöglichkeiten von SMA – weder Zolgensma noch Spinraza oder Evrysdi können SMA jedoch heilen.

Was ist spinale Muskelatrophie?

Der spinalen Muskelatrophie (SMA) liegt ein Gendefekt, ein Fehler in der Erbinformation, zugrunde. Patienten, die an spinaler Muskelatrophie leiden, produzieren zu wenig eines körpereigenen Proteins: Survival Motoneuron (SMN). Wie der Name sagt (survival = Überleben), ist dieses Survival Motoneuron für das Überleben von Motoneuronen erforderlich. Motoneurone sitzen im Rückenmark und übertragen die „Idee“ einer Bewegung auf die Muskulatur, sodass der Wille zur wirklichen Tat wird und sich die Muskulatur in Gang setzt. Gehen diese hierfür zuständigen Motoneurone jedoch zugrunde – weil, wie bei spinaler Muskelatrophie, das Survival Motoneuron fehlt oder schlicht zu wenig vorhanden ist –, kann diese Übertragung nicht mehr stattfinden. Die Folge: Der Stimulus für die Muskulatur fehlt und diese verkümmert (atrophiert) nach und nach.

Es gibt unterschiedliche Ausprägungen der SMA: Typ I, II, III, IV. Bei der schwersten Form, der akut infantilen SMA, beginnt die klinische Symptomatik bereits im Mutterleib oder wird innerhalb der ersten drei Lebensmonate des Kindes diagnostiziert. Die Kinder lernen nie, eigenständig zu sitzen und sterben sehr früh an Ateminsuffizienz oder an sekundären Atemwegsinfektionen, meist während ihrer ersten zwei Lebensjahre.

Typ-II-SMA diagnostizieren Ärzte überwiegend vor Erreichen des zweiten Lebensjahres. Die Kinder können selbstständig sitzen, haben größtenteils jedoch Schwierigkeiten, die Sitzposition einzunehmen. Stehen ist teilweise mit Unterstützung von Orthesen möglich. Häufig atmen die Kinder flach, hauptsächlich mit dem Zwerchfell, da die Zwischenrippenmuskulatur schwach ausgeprägt ist. Das kann Schwierigkeiten beim Abhusten oder mit der nächtlichen Sauerstoffversorgung mit sich bringen.

Die juvenile Form der SMA oder TYP-III-SMA variiert im Beginn. Der Diagnosezeitraum liegt im Kindes- oder Jugendalter der Patienten. Selten haben die Kinder mit juveniler SMA Schwierigkeiten beim Essen oder Schlucken, Laufen ist möglich. Allerdings kann mit Fortschreiten der Erkrankung diese Fähigkeit eingeschränkt werden. Nicht immer klappt Rennen.

Bei der Erwachsenenform der SMA (Typ IV) zeigen sich Symptome nach dem 35. Lebensjahr. Diese Form hat die günstigste Prognose, ist jedoch am wenigsten verbreitet. Der Verlauf ist sehr langsam, Einschränkungen beim Atmen oder Schlucken haben diese Patienten in aller Regel nicht.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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