Diabetes-Risiko nicht gesenkt

PPI verringern Blutzucker-Werte

Stuttgart - 03.08.2021, 09:15 Uhr

Bei einem bestehenden Diabetes mellitus sollte die Einnahme eines Protonenpumpeninhibitors im Rahmen der Einstellung der Blutzuckerwerte berück­sichtigt werden. (c / Foto: Sherry Young / AdobeStock)

Bei einem bestehenden Diabetes mellitus sollte die Einnahme eines Protonenpumpeninhibitors im Rahmen der Einstellung der Blutzuckerwerte berück­sichtigt werden. (c / Foto: Sherry Young / AdobeStock)


Neben blutzuckersenkenden Arzneimitteln steht häufig auch ein Protonenpumpeninhibitor auf dem Medikamentenplan von Diabetikern. Inwiefern die Einnahme dieser Säureblocker die glykämische Kontrolle bei Diabetikern verbessern oder sogar bei noch nicht Erkrankten das Diabetes-Risiko senken kann, haben Forscher um Peng et al. in einem systematischen Review und einer Metaanalyse untersucht.

Die Wissenschaftler:innen durchsuchten unter anderem die Datenbanken Pubmed, Embase und Clinical­Trials.gov nach Studien, in denen der HbA1c-Wert oder Nüchternblutzuckerwert von Diabetikern, die neben ihrer Standardmedikation (k)einen Protonenpumpeninhibitor einnahmen, untersucht worden waren. Daneben suchten sie auch nach Studien, die das Risiko, einen Diabetes unter PPI-Einnahme zu entwickeln, erforscht hatten. Und sie wurden fündig: Insgesamt sieben Publikationen hatten den Effekt einer PPI-Einnahme bei 342 Typ-2-Diabetikern über durchschnittlich zwölf Wochen untersucht. Das Risiko, einen Diabetes unter dem Säureblocker zu entwickeln, war in fünf Studien mit 244.439 Probanden untersucht worden.

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PPI – wie war das noch?

Es zeigte sich, dass die Einnahme eines Protonenpumpenhemmers bei den Diabetikern zu einer signifikanten Senkung des HbA1c-Wertes führte. So wiesen Patient:innen, die Omeprazol und Co. eingenommen hatten, einen durchschnittlich um 0,36 Prozent (95%-Konfidenzintervall [KI]: -0,68 bis -0,05; p = 0,025) geringeren HbA1c-Wert auf als die Patienten, die diesen nicht eingenommen hatten. Und auch im Nüchternblutzuckerwert spiegelte sich die Einnahme des Säureblockers positiv wider: So fiel dieser im Schnitt signifikant 10 mg/dl (95%-KI: -19,4 bis -0,6; p = 0,037) geringer aus als in der Vergleichsgruppe. Dieser Effekt zeigte sich unter anderem dann, wenn der Protonenpumpeninhibitor in höherer Dosis, über längere Zeit oder von Personen unter 60 Jahren eingenommen worden war. 

Gastrin-Freisetzung erhöht, Insulin-Produktion stimuliert

Die Forscher:innen erklären sich den Effekt dadurch, dass zum einen die Magenentleerung durch den PPI verzögert wird. Zum anderen wird durch die Einnahme des Protonenpumpenhemmers über eine negative Rückkopplung die Gastrin-Freisetzung erhöht. 

Dieser Artikel erschien in der DAZ
Ausgabe 30 / 2021, Seite 19

Gastrin wiederum wirkt Inkretin-artig auf die Betazellen, indem es dort die Insulin-Produktion stimuliert. Keinen positiven Effekt konnte man hingegen auf das Risiko, einen Diabetes zu entwickeln, unter der PPI-Einnahme sehen: Das relative Risiko betrug hier 1,10 (95%-KI: 0,8 bis 1,34; p = 0,385).

Empfohlen wird, bei einem bestehenden Diabetes mellitus die Einnahme eines Protonenpumpeninhibitors im Rahmen der Einstellung der Blutzuckerwerte zu berück­sichtigen. 

 

Literatur

Peng C CH et al. Effects of Proton Pump Inhibitors on Glycemic Control and Incident Diabetes: A Systematic Review and Meta-Analysis. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism 2021, doi: 10.1210/clinem/dgab353


Marina Buchheit-Gusmão, Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

klinische Relevanz

von c.lutsch am 03.08.2021 um 10:12 Uhr

"die Omeprazol und Co. eingenommen hatten, einen durchschnittlich um 0,36 Prozent [...] geringeren HbA1c-Wert auf als die Patienten, die diesen nicht eingenommen hatten"

Sage und schreibe signifikante 0,36% Reduktion.

Ich bezweifle den Benefit für unsere Kunden in Anbetracht der PPI-Übermedikation und damit einhergehenden Langzeitfolgen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: klinische Relevanz

von Schramm, Gerrit am 04.08.2021 um 9:26 Uhr

Bin absolut Ihrer Meinung.
Dass man zu dieser Fragestellung überhaupt Studien sichtet wundert mich.
Sind uns doch die Nebenwirkungen der PPIs bei Langzeiteinnahme bekannt.

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