Rezeptur

Wie werden Paracetamol-Codein-Zäpfchen hergestellt?

Stuttgart - 15.02.2021, 09:15 Uhr

Bei der Herstellung von Zäpfchen im Rahmen der Rezeptur gibt es einiges zu beachten. (Foto: Guntar Feldmann / stock.adobe.com) 

Bei der Herstellung von Zäpfchen im Rahmen der Rezeptur gibt es einiges zu beachten. (Foto: Guntar Feldmann / stock.adobe.com) 


Die Herstellung von Suppositorien gehört sicherlich nicht in jeder Apotheke zum Rezepturalltag. Dennoch wird diese Darreichungsform nach wie vor von Ärzten verordnet. Unsere Rezepturexpertin Dr. Annina Bergner erklärt, worauf es bei der Herstellung ankommt.

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Frage aus der Rezeptur

Wir sollen in der Apotheke insgesamt 20 Zäpfchen mit folgender Zusammensetzung für ein Kind herstellen:

Paracetamol

0,5 g

Codeinphosphat-Hemihydrat

0,02 g

Hochdisperses Siliciumdioxid

0,0025 g

Hartfett

q.s. 

Können Sie uns dabei helfen, die benötigte Menge an Hartfett zu berechnen und haben Sie Tipps zur Herstellung für uns?

Kombination aus Paracetamol und Codein erst ab 12 Jahren 

Bis zum Jahr 2014 gab es im NRF eine standardisierte Rezepturvorschrift für Zäpfchen mit 500 mg Paracetamol und 20 mg Codeinphosphat-Hemihydrat. Diese wurde jedoch wegen einer negativen Nutzen-Risiko-Beurteilung für die Kombination beider Wirkstoffe bei Kindern unter 12 Jahren gestrichen. Neuere Erkenntnisse haben nämlich gezeigt, dass die Anwendung von Codein bei Kindern dieser Altersgruppe zu lebensgefährlichen Atemdepressionen führen kann, daher besteht seitdem eine Kontraindikation für diesen Wirkstoff. Codein darf nur noch bei Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren zum Einsatz kommen. Diese Altersbeschränkung müssen Sie daher zunächst anhand der vorliegenden ärztlichen Verordnung überprüfen. Sollte das Kind jünger als 12 Jahre sein, müssen Sie Rücksprache mit dem Arzt halten und das entsprechende Arzneimittel darf nicht hergestellt werden.

Zäpfchen in der Rezeptur 

Wie auch bei der hier angefragten Zubereitung werden Suppositorien im Rezepturbetrieb überwiegend aus Hartfett hergestellt. Die allermeisten Wirkstoffe und so auch Paracetamol und Codeinphosphat-Hemihydrat liegen in dieser Grundmasse suspendiert vor. Meistens kommt bei der Herstellung das sogenannte Cremeschmelzverfahren zum Einsatz. Dabei wird zunächst die benötigte Menge an Hartfett in einer Gießschale aus Metall auf dem Wasserbad erwärmt und anschließend die einzelnen Wirkstoffe mit einem Teil der geschmolzenen Grundlage angerieben. 

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Da die Teilchengröße der Feststoffe Einfluss auf die Bioverfügbarkeit hat, sollten beide Arzneistoffe in möglichst kleiner Korngröße verarbeitet werden und vor dem Anreiben mit Hartfett fein gepulvert vorliegen. Nach Zugabe der restlichen Menge an Hartfett werden alle Bestandteile vorsichtig vermischt und die Masse im cremigen Zustand in die Gießform ausgegossen. Hochdisperses Siliciumdioxid dient als Hilfsstoff dazu, die Viskosität der geschmolzenen Grundlage zu erhöhen und so das Ausgießen zu vereinfachen.

Unterschiedliche Gießformen 

Zur Herstellung der Zäpfchen können unterschiedliche Gießformen verwendet werden. Üblicherweise kommen klassische Gießformen aus Metall zum Einsatz. Sie können die Zäpfchen aber auch in standardisierte Einmalgießformen aus Kunststoff füllen. Letztere bieten den Vorteil einer vereinfachten Verpackung, allerdings können die fertigen Zäpfchen nach dem Gießen nicht mehr visuell kontrolliert werden. Bei Verwendung einer Metall-Gießform muss der Kalibrierwert oder Eichwert der Form bekannt sein beziehungsweise vor der eigentlichen Zäpfchenherstellung ermittelt werden.

Arbeiten mit Überschuss

Beim Ausgießen der wirkstoffhaltigen Grundlage treten durch Rückstände in der Gießform oder am Pistill grundsätzlich relativ hohe Verluste auf. Aus diesem Grund muss daher bei allen Zäpfchen-Rezepturen mit einem Verlustzuschlag gearbeitet werden. Das NRF empfiehlt bei einer Abgabe von 20 Suppositorien an den Patienten einen Überschuss von 6 Zäpfchen zu berücksichtigen. Dieser Mehransatz gilt selbstverständlich für alle Substanzen in der Rezeptur.

Benötigte Menge an Hartfett

Weiterhin müssen zur Berechnung der Einwaage an Hartfett noch die Verdrängungsfaktoren der einzelnen Wirkstoffe berücksichtigt werden, diese sind unter anderem im DAC in der Anlage F zu finden. Der Verdrängungsfaktor eines Feststoffs gibt dabei an, wie viel Gramm reiner Grundlage von einem Gramm Wirkstoff verdrängt wird.

Formel zur Berechnung der Hartfettmenge

MN = N × (Ē – f × A)

MN: erforderliche Einwaage an Hartfett für 26 Zäpfchen (g)

N: Anzahl der herzustellenden Zäpfchen (inklusive Überschuss)

Ē: durchschnittliche Masse eines Zäpfchens aus reinem Hartfett (hier 2,1 g)

f: Verdrängungsfaktor

A: Arzneistoffmasse pro Zäpfchen (g)

Beispielrechnung

Laut Tabelle betragen die Verdrängungsfaktoren für die beiden Wirkstoffe 0,72 für Paracetamol und 0,69 für Codeinphosphat-Hemihydrat.

MN = 26 × (2,1 g – 0,72 × 0,5 g – 0,69 × 0,02 g) = 44,88 g

Zum Ausgießen von 20 Zäpfchen mit jeweils 0,5 g Paracetamol und 0,02 g Codeinphosphat-Hemihydrat werden also 44,88 g Hartfett benötigt.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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