Rückruf ausgeweitet

Mikrobielle Kontamination bei Palexia

Stuttgart - 10.02.2021, 15:15 Uhr

Aufgrund eines Rückrufs einiger Chargen von Palexia 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen werden Apotheken gebeten ihre Bestände zu überprüfen und Patient:innen zu informieren. (Foto: vegefox.com / stock.adobe.com)

Aufgrund eines Rückrufs einiger Chargen von Palexia 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen werden Apotheken gebeten ihre Bestände zu überprüfen und Patient:innen zu informieren. (Foto: vegefox.com / stock.adobe.com)


Bereits vergangene Woche rief Grünenthal zwei Chargen seines Schmerzmedikaments Palexia® 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen zurück. Grund dafür war eine mögliche bakterielle Verunreinigung. Nun folgt ein erneuter Rückruf: Auch Palexia® 4 mg/ml sowie weitere Chargen könnten von der Verunreinigung betroffen sein. Wie kann auf ein anderes Opioid umgestellt werden?

In Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln informiert die Firma Grünenthal GmbH erneut über eine mögliche mikrobielle Verunreinigung von Palexia®. Bereits vergangene Woche rief Grünenthal aus diesem Grund zwei Chargen von Palexia® 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen zurück. Da die Ursache der Verunreinigung nach wie vor nicht abschließend geklärt werden konnte, sollen nun vorsorglich alle im Markt befindlichen Chargen von Palexia® 4 und 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen zurück. Die entsprechenden Arzneimittel sollen von Patient:innen nicht weiter eingenommen und von Apotheken nicht weiter abgegeben werden. 

Im Rahmen von routinemäßigen Stabilitätsuntersuchungen stellte das pharmazeutische Unternehmen eine mögliche mikrobielle Verunreinigung mit dem gram-negativen Bakterium Burkholderia contaminans fest. Da das Bakterium zur Resistenzentwicklung neigt und insbesondere bei immungeschwächten Patienten zu schweren Infektionen bis hin zur Sepsis (umgangssprachlich Blutvergiftung) führen kann, ist besondere Vorsicht geboten.

Grund des Rückrufs keine Seltenheit

Bakterien der Spezies Burkholderia führen immer wieder zu Rückrufen, da sie im Zusammenhang mit kontaminierten Medikamenten mit schwerwiegenden Infektionen in Verbindung gebracht wurden.

Vom erweiterten Rückruf in Deutschland sind nun betroffen:

Palexia® 4 mg/ml
100 ml Lösung zum Einnehmen
PZN 15434589
Ch.-B: 0938P
Verfalldatum: April 2024
(Nur im Krankenhaus verfügbar)

Palexia® 20 mg/ml
100 ml Lösung zum Einnehmen
PZN 10032969
Alle Chargen
ausgeliefert ab 04.01.2018
Verfalldatum ab Februar 2022

Palexia® 20 mg/ml
200 ml Lösung zum Einnehmen
PZN 10032975
Alle Chargen
ausgeliefert ab 08.02.2018
Verfalldatum ab Februar 2022

Weiterbehandlung mit alternativen Therapieoptionen sicherstellen

Aufgrund der möglichen Verunreinigung sollen Patient:innen Palexia® 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen sowie die genannte Charge Palexia® 4 mg/ml Lösung zum Einnehmen nicht weiter anwenden. Da momentan alle Chargen vom Rückruf betroffen sind, sollen Patient:innen unverzüglich Kontakt mit ihrem verordnenden Arzt aufnehmen, um eine Weiterbehandlung mit alternativen Therapieoptionen sicherzustellen. Dabei ist auch zu beachten, dass beim abrupten Absetzen von Tapentadol Entzugssymptome auftreten können.

Palexia®

enthält den Wirkstoff Tapentadol, ein WHO-Stufe-3-Analgetikum aus der Gruppe der Opioidrezeptor-Agonisten. Gleichzeitig hemmt es – ähnlich Tramadol (z. B. Tramal ®) – die Wiederaufnahme von Noradrenalin. 

Das auf diesem Wege dual wirkende Schmerzmittel ist zugelassen für die Behandlung mäßig starker bis starker, akuter Schmerzen bei Kindern ab 2 Jahren mit einem Körpergewicht über 16 kg und bei Erwachsenen, die nur mit Opioidanalgetika angemessen behandelt werden können. 

Palexia® 4 mg/ml ist nur zur stationären Therapie von Kindern ab 2 Jahren zugelassen.

Noch vor einer Woche verwies Grünenthal im Informationsschreiben auf zwei Chargen Palexia® 20 mg/ml, die nicht von der Kontamination betroffen sein sollten. Auch diese Chargen sind nun, laut AMK, nicht mehr zu verwenden. Für die Umstellung auf ein anderes Opioid verweist die AMK auf folgende Quelle: Schnabel A und Rittner H.L.; Opioidrotation in der Praxis – was, warum und wie? Arzneiverordnung in der Praxis 2018 (45) 1: 33 - 37

Betroffene Packungen vernichten

Apotheken werden gebeten die Bestände zu prüfen und die Abgabe der genannten Arzneimittel umgehend einzustellen. Die betroffenen Packungen sollen unter Quarantäne gestellt bzw. gemäß § 16 BTMG in der Apotheke vernichtet werden. Die Abwicklung erfolgt für öffentliche Apotheken (ohne Krankenhausversorgung) nach Angaben des Herstellers mittels APG-BTM-Formular über den pharmazeutischen Großhandel. Die Vernichtungserklärung ist in Kopie beizufügen.

Patienten identifizieren und kontaktieren

Ferner sollen mittels BtM-Dokumentation alle Patient:innenen identifiziert werden, die ab dem 04.01.2018 (100 ml) bzw. ab dem 08.02.2018 (200 ml) Palexia® 20 mg/ml Lösung zum Einnehmen erhielten. Sie sollen über den Rückruf informiert und es soll entsprechend sichergestellt werden, dass die Einnahme nicht fortgesetzt wird.

Sollten Arzneimittelrisiken im Zusammenhang mit der Anwendung von Tapentadol-haltigen Arzneimitteln auftreten, sind diese unter www.arzneimittelkommission.de zu melden. Dies gilt auch für Arzneimittel-assoziierte Infektionen und Infektionsausbrüche.

Bei Rückfragen können Apotheken sich an folgende Telefonnummer wenden: 0241 569-1111



Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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