Coronaimpfung

Kann man die zweite Dosis verschieben?

Stuttgart - 06.01.2021, 15:15 Uhr

Für den vollen Impfschutz müssen zwei Dosen des Impfstoffs „Comirnaty“ von Biontech und Pfizer  im Abstand von etwa drei Wochen verabreicht werden. (Foto: imago images / Hans Lucas)

Für den vollen Impfschutz müssen zwei Dosen des Impfstoffs „Comirnaty“ von Biontech und Pfizer  im Abstand von etwa drei Wochen verabreicht werden. (Foto: imago images / Hans Lucas)


Schützt eine Dosis oder drohen Resistenzen?

Gezielt wurde das bislang nicht untersucht. „Die Studie war nicht darauf ausgerichtet, die Wirksamkeit des Impfstoffs bei nur einer Dosis zu untersuchen“, heißt es in der Publikation zur Phase-III-Studie. Die Autoren schreiben aber auch: „Nichtsdestotrotz lag die beobachtete Wirksamkeit in der Zeitspanne zwischen der ersten und der zweiten Dosis bei 52 Prozent.“

Warum gibt es Bedenken, zunächst vielen Menschen eine Dosis zu geben?

Weil die Datenlage einigen Experten zufolge für eine solche Entscheidung recht schwach ist. „Ich glaube, dass Menschen nach der ersten Spritze nicht gut geschützt sind“, sagt Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI). Publizierte Daten zur Immunantwort von Probanden würden zeigen, dass der Körper nach der ersten Dosis kaum schützende Antikörper bildet. Es fehle eine Studie mit Zehntausenden Probanden, um die Dauer und Stärke der Schutzwirkung nach nur einer Dosis korrekt beurteilen zu können. Die Angaben zu einer Wirksamkeit von 52 Prozent nach nur einer Spritze bezeichnet er aufgrund der geringen Anzahl der aufgetretenen COVID-19-Erkrankungen in der Studie als „nicht sehr zuverlässig“. Zudem sei unklar, wie lange man die zweite Dosis aufschieben könne, um damit noch einen Boost-Effekt zu erreichen, der für die volle Wirkung notwendig ist.

Kann es bei einer unzureichenden Impfung sein, dass das Coronavirus resistent gegen den Impfstoff wird?

Das hält Experte Ulbert für „extrem unwahrscheinlich“. Befürchtungen in diese Richtung beruhen seiner Einschätzung nach auf Erfahrungen bei Antibiotika. Gegen diese Stoffe können Bakterien vergleichsweise einfach Resistenzen bilden, indem sie genau die Stelle eines Proteins verändern, an der das Medikament angreift. Bei den Corona-Impfstoffen sei die Lage aber eine andere. Die vom Körper gebildeten Corona-Antikörper seien sehr vielfältig und bänden das Virus an vielen unterschiedlichen Stellen. Um den Impfstoff unwirksam zu machen, müsste das Virus sich an allen diesen Stellen wandeln.

Was sagt der Hersteller?

Biontech weist in einer Stellungnahme darauf hin, dass in der Phase-III-Studie Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs nur für den Fall untersucht wurden, dass die zweite Dosis 21 Tage nach der ersten erfolgt. „Auch wenn Daten aus der Studie gezeigt haben, dass ein gewisser Schutz auch schon zwölf Tage nach der ersten Impfung besteht, gibt es bisher keine Daten, dass ein Schutz nach der ersten Dosis auch über 21 Tage hinaus erhalten bleibt.“

Und die Zulassungsbehörde?

Die EMA weist in einer Mail darauf hin, dass die Empfehlungen zum Ablauf der Impfung auf Daten der Phase-III-Studie beruhen. In dieser Studie habe der Abstand zwischen den beiden Dosen maximal 42 Tage betragen. Würde der Abstand etwa auf sechs Monate vergrößert werden, „würde das eine Änderung der Bedingten Marktzulassung sowie mehr klinische Daten“ notwendig machen. Bislang gebe es keine Daten, die zeigen, dass es einen Schutz nach der ersten Dosis gibt, der über zwei bis drei Wochen hinausgeht.

Mehr zum Thema

Verschärfte Maßnahmen in der Corona-Pandemie

Regierung will für schnellere Impfstoff-Produktion sorgen

Die FDA, warnt davor, von der vorgeschriebenen Verabreichung der zwei Dosen abzuweichen. Mögliche Veränderungen in diesem Vorgehen wie die Reduzierung der Dosen oder die Verlängerung der Intervalle könnten eine Gefahr für das öffentliche Gesundheitswesen darstellen. Änderungen könnten erst erwogen werden, wenn es dazu wissenschaftlich fundierte Daten gebe.

Spahn: An die Zulassung halten 

Auch wenn die Prüfung bei der STIKO noch läuft: Erste Rückmeldungen gibt es offenbar schon. So stellte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am heutigen Mittwoch in einer Pressekonferenz klar, dass die zweite Dosis jedenfalls nicht von einem anderen Hersteller kommen sollte als die erste. Davon rate die STIKO klar ab. Auch was ein Hinauszögern der Frist zwischen den beiden Impfungen betrifft, sieht es so aus, dass am Ende die Zulassung gilt. Und demnach sollten bei einer Impfung mit der Biontech-Vakzine 21 bis maximal 42 Tage zwischen den beiden Impfungen liegen. Gerade bei so sensiblen Fragen, wo es um Vertrauen gehe, sei es sinnvoll sich an die Zulassung zu halten, sagte Spahn.  



Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Biontech und Pfizer präsentieren Daten im New England Journal of Medicine

Ergebnisse zu BNT162b2 veröffentlicht

STIKO ändert ihre Empfehlungen für Zweitimpfungen

mRNA-Impfstoff nach Vaxzevria

EMA und EU-Kommission geben grünes Licht für Vakzine von AstraZeneca

Dritter COVID-19-Impfstoff zugelassen

Zweiter Corona-Impfstoff für die USA

FDA entscheidet über Zulassung von mRNA-1273 von Moderna

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.