Offizielle Zulassung nach Notfallgenehmigung

FDA lässt Remdesivir zu

Stuttgart - 23.10.2020, 16:00 Uhr

Die FDA hat Remdesivir, dem ersten COVID-19-Arzneimittel die offizielle Zulassung erteilt. Bislang war der Einsatz nur im Rahmen einer Notfallgenehmigung erlaubt. (Foto: picture alliance/dpa/CTK | Ondrej Deml)

Die FDA hat Remdesivir, dem ersten COVID-19-Arzneimittel die offizielle Zulassung erteilt. Bislang war der Einsatz nur im Rahmen einer Notfallgenehmigung erlaubt. (Foto: picture alliance/dpa/CTK | Ondrej Deml)


Am 1. Mai 2020 erteilte die FDA Remdesivir eine Notfallgenehmigung, nun hat die US-Behörde Veklury® zugelassen. Eingesetzt werden darf das erste COVID-19-Arzneimittel bei Patienten ab zwölf Jahren, die hospitalisiert sind. Die Notfallgenehmigung umfasste hingegen auch Kinder.

Die Vereinigten Staaten waren Anfang Mai das erste Land, das ein Arzneimittel gegen COVID-19 verfügbar machte. Allerdings wurde Remdesivir (Veklury®) von Gilead ausschließlich im Rahmen einer Notfallgenehmigung (Emergency Use Authorization, EUA) verfügbar gemacht, was keiner vollumfänglichen Zulassung entspricht. Bereits am 28. August hatte die FDA die EUA erweitert, sodass fortan nicht nur schwer an COVID-19-Erkrankte damit behandelt werden durften. Nun sind weitere Daten vorhanden: Am 22. Oktober hat die FDA (Food and Drug Administration) nun Remdesivir die Zulassung erteilt. Noch immer ist Remdesivir das einzige zugelassene Corona-Arzneimittel in den USA. Eingesetzt werden darf der RNA-Polymerase-Inhibitor bei Patienten ab zwölf Jahren und einem Körpergewicht von mindestens 40 Kilogramm.

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Entgegen der Notfallgenehmigung vom 1. Mai umfasst die Zulassung nicht die gesamte Bevölkerung („adults and children“). Um auch pädiatrischen Patienten weiterhin den Zugang zu Remdesivir zu ermöglichen, hat die FDA die EUA überarbeitet, sodass hospitalisierte Kinder unter zwölf Jahren mit vermutetem oder im Labor bestätigtem COVID-19 und einem Gewicht zwischen 3,5 Kilogramm und weniger als 40 Kilogramm Körpergewicht das Arzneimittel erhalten können. Klinische Studien zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit von Veklury® bei pädiatrischen Patienten sind der FDA zufolge im Gange.

Auch in der EU ist Remdesivir im Rahmen einer Notfallgenehmigung seit 3. Juli 2020 verfügbar, diese schränkt jedoch die Anwendung ein: Veklury® darf nur bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren zum Einsatz kommen, wenn diese an einer SARS-CoV-2-bedingten Lungenentzündung mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf leiden. Erst am 2. Oktober 2020 hat der PRAC ein Sicherheits-Review zu Remdesivir eingeleitet. Dem Pharmakovigilanzausschuss zufolge gibt es Berichte zu Patienten, bei denen unter Remdesivir akute Nierenschäden auftraten. Doch betont der PRAC: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht geklärt, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen Veklury® und den Berichten über akute Nierenschädigungen besteht.“

FDA: Meilenstein in der Pandemie

Die FDA begründet ihre Entscheidung für die Zulassung von Remdesivir mit Daten aus drei randomisierten klinischen Studien an Patienten mit milder bis schwere COVID-19-Erkrankung. FDA-Chef Dr. Stephen M. Hahn erklärte: „Die heutige Zulassung wird durch Daten aus mehreren klinischen Studien gestützt, die die Behörde streng geprüft hat. Sie stellt einen wichtigen wissenschaftlichen Meilenstein in der COVID-19-Pandemie dar.“

Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie (ACTT-1, Adaptive COVID-19 Treatment Trial) wurde vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases durchgeführt und untersuchte 1.062 stationäre Patienten mit leichtem, mittelschwerem und schwerem COVID-19: 541 Patienten erhielten die Veklury®, 521 Patienten Placebo jeweils zusätzlich zur Standardbehandlung.

Primärer Endpunkt der „Adaptive COVID-19 Treatment Trial“ (ACTT)

Laut Clinical Trial umfasst der primäre Endpunkt „Zeit bis zur Genesung“ einen Zeitrahmen von Tag 1 bis Tag 29: „Der Tag der Genesung ist der erste Tag, an dem der Patient eine der folgenden drei Kategorien erfüllt:
1) Hospitalisiert: benötigt keinen zusätzlichen Sauerstoff, benötigt keine laufende medizinische Versorgung mehr; 
2) Nicht hospitalisiert, Einschränkung der Aktivitäten und/oder benötigt Sauerstoff zu Hause; 
3) Nicht hospitalisiert, keine Einschränkung der Aktivitäten.

Die mediane Zeit bis zur Genesung von COVID-19 unterschied sich statistisch signifikant: Sie betrug zehn Tage in der Veklury®-Gruppe im Vergleich zu 15 Tagen für die Placebo-Gruppe. Insgesamt waren die Chancen auf eine klinische Verbesserung an Tag 15 in der Veklury®-Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe ebenfalls statistisch signifikant höher.

In einer zweiten randomisierten, offenen Multicenterstudie mit hospitalisierten erwachsenen Probanden und moderater COVID-19-Erkrankung wurde die Behandlung mit Veklury® über fünf Tage (n=191) und die Behandlung mit Veklury® über zehn Tage (n=193) mit der Standardbehandlung (n=200) verglichen. Bewertet wurde der klinische Zustand der Patienten an Tag elf: Die Verbesserung der COVID-19-Symptome in der fünftägigen Veklury®-Gruppe war statistisch signifikant höher als bei Patienten unter Placebo. Die Verbesserung der Symptome in der zehntägigen Behandlungsgruppe im Vergleich zu Placebo war zwar numerisch günstig, doch statistisch nicht signifikant unterschiedlich.

In einer dritten randomisierten, offenen Multicenterstudie mit hospitalisierten erwachsenen Probanden und schwerer COVID-19-Erkrankung wurde die Behandlung mit Veklury® über fünf Tage (n= 200) und die Behandlung mit Veklury® über 10 Tage (n= 197) verglichen. Nach 14 Tagen wurde der klinische Zustand der Patienten erfasst: Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied bei Genesungs- und Mortalitätsraten in beiden Gruppen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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