Misoprostol in Cytotec – Teil 2

Geburtseinleitung nach Leitlinie – nicht möglich?

Stuttgart - 18.02.2020, 11:30 Uhr

Die Geburt kann für viele Frauen zur Grenzerfahrung werden. Diskussionen in diesem Themenfeld werden häufig auch emotional geführt. ( r / Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)

Die Geburt kann für viele Frauen zur Grenzerfahrung werden. Diskussionen in diesem Themenfeld werden häufig auch emotional geführt. ( r / Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)


Misoprostol zur Geburtseinleitung soll in der neuen Leitlinie empfohlen werden

Ebenfalls von 2010 und seit 2013 in der Überarbeitung befindet sich die Leitlinie „Schwangerenbetreuung und Geburtseinleitung bei Zustand nach Kaiserschnitt“. Dort wird das Uterusrupturrisiko bei Geburtseinleitung mit Wehenmitteln so eingeteilt: Oxytocin < Prostaglandine < Prostaglandin-Insert < Misoprostol. Jedoch sei auch unter Oxytcoin das Rupturrisiko erhöht.

Am längsten gültig – bis Februar 2019 – war noch die Leitlinie „Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung“. Die Autoren dieser Leitlinie empfehlen ab 41+0 SSW eine Geburtseinleitung anzubieten, spätestens ab 41+3 SSW zu empfehlen. Auf die Art der Geburtseinleitung selbst wird dort aber nicht eingegangen.

„Sehr heterogenes Vorgehen in Deutschland“

So richtig schlau schien man aus diesen drei Leitlinien also nicht zu werden. Das hat offenbar auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) erkannt und am 31. März 2018 ein Leitlinienvorhaben mit dem Titel „Geburtseinleitung“ angemeldet – geplante Fertigstellung: 31. März 2020. Die Begründung dafür lautet: „Eine der häufigsten Maßnahmen im geburtshilflichen Alltag. Ausreichend vorliegende Evidenz, jedoch sehr heterogenes Vorgehen in Deutschland.“ Die neue Leitlinie soll in Zukunft alle drei vorhergenannten ersetzen.

Ist die aktuelle Problematik also bald gelöst – und ein neues zugelassenes Präparat kommt auf den Markt, das dann auch in den neuen Leitlinien empfohlen wird?

„Die Evidenz ist unstrittig“

Auf die kommende Leitlinie zur Geburtseinleitung der DGGG, der SGGG (Schweizer Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe) und der OEGGG (Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe) bezieht sich auch die Stellungnahme der DGGG zur Berichterstattung über „Cytotec zur Geburtseinleitung“ vom 13. Februar: 

Nach Sichtung der Literatur werde die Verwendung von Misoprostol zur Geburtseinleitung in der DACH-Region im Einklang mit den anderen internationalen Leitlinien (z. B. USA, Kanada, Großbritannien und Frankreich sowie der FIGO (International Federation of Gynaecology and Obstetrics) und der Weltgesundheitsorganisation) in der Leitlinie empfohlen werden, heißt es. Insgesamt zeigt man sich angesichts der Datenlage „irritiert“ über die aktuelle einseitige Berichterstattung. Sie werde zu einer unnötigen und gefährlichen Verunsicherung der Schwangeren und Fachkräfte führen. Ganz deutlich heißt es in der Stellungnahme zudem:


Die Evidenz ist unstrittig: Der Wirkstoff Misoprostol ist das effektivste Medikament zur Geburtseinleitung und führt vor allem bei der oralen Anwendung zu weniger Kaiserschnitten als mit anderen Medikamenten (Dinoproston, Oxytocin).“

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) 


Die Behauptung, dass sich die Ärzte hierbei lediglich auf „Erfahrungswerte und Anwendungsbeobachtungen stützen“, sei falsch. Es gebe keinen Wirkstoff zur Geburtseinleitung, der ähnlich gut in Studien untersucht wurde. Fast alle Perinatalzentren höchster Ordnung sollen den Wirkstoff verwenden – allerdings in einem Präparat geringerer Dosierung als „Cytotec 200“.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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