Ergänzende Verträge

Preisanker bei Importen: Bei manchen Kassen doch noch Rücksprache

Stuttgart - 19.11.2019, 09:00 Uhr

Bei den Ersatzkassen ist beim Überschreiten des Preisankers im Bereich Original/Import im Falle von Nichtlieferfähigkeit weiterhin Arztrücksprache zu halten. (m / Foto: LEDOMSTOCK / stock.adobe.com)

Bei den Ersatzkassen ist beim Überschreiten des Preisankers im Bereich Original/Import im Falle von Nichtlieferfähigkeit weiterhin Arztrücksprache zu halten. (m / Foto: LEDOMSTOCK / stock.adobe.com)


Keine Rücksprache mehr bei Überschreitung des Preisankers bei Nichtverfügbarkeit und Akutversorgung – diese gute Nachricht erreichte die Apotheken Ende Oktober. Allerdings gibt es Ausnahmen, über die der Landesapothekerverband Niedersachsen seine Mitglieder vergangene Woche informiert hat. Sie betreffen die Abgabe eines höherpreisigen Arzneimittels als das vom Arzt verordnete im importrelevanten Markt – denn dort sind beispielsweise bei Ersatzkassen ergänzende Verträge zu beachten.

Muss man bei Überschreitung des Preisankers Rücksprache mit dem Arzt halten oder nicht? Die Antwort auf diese Frage lautet wie so oft: „Es kommt darauf an“. So wird bei der Anwendung von pharmazeutischen Bedenken weiterhin empfohlen, sich beim Arzt rückzuversichern. Hier konnte nämlich keine Einigung zwischen Apothekern und dem GKV-Spitzenverband erzielt werden, deswegen rät beispielsweise der Apothekerverband Schleswig-Holstein Apothekern „mit besonderem Augenmaß“ vorzugehen. 

Auf eine weitere Ausnahme hat nun der Landesapothekerverband Niedersachsen seine Mitglieder in einem Rundschreiben hingewiesen. Hintergrund sind ergänzende Arzneiversorgungsverträge (AVV), die von den jüngst erzielten Einigungen anscheinend unberührt bleiben. Unter anderem geht es um den Vertrag der Ersatzkassen und die darin enthaltenen Regelungen zur Abgabe eines höherpreisigen Imports als des verordneten beziehungsweise die Abgabe des Originals bei einer Importverordnung. Sie sehen nämlich vor, dass vor der Abgabe eines höherpreisigen Importarzneimittels/Originalarzneimittels als vom Arzt verordnet aufgrund von Nichtlieferbarkeit vor der Abgabe Rücksprache mit dem verordnenden Arzt zu halten ist. Und das gilt laut LAV Niedersachsen vorerst weiter.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) befinde sich in Gesprächen mit dem Verband der Ersatzkassen (vdek), um eine Anpassung der genannten Regelung zu erreichen, heißt es. Bis dahin sei bei den Ersatzkassen beim Überschreiten des Preisankers im Bereich Original/Import im Falle von Nichtlieferfähigkeit weiterhin Arztrücksprache zu halten, heißt es weiter.

Achtung regionale Verträge!

Auch bei Regionalkassen gibt es analoge Regelungen in ergänzenden Arzneiversorgungsverträgen, so zum Beispiel bei der AOK Niedersachsen. Die hat dem LAV dort aber bestätigt, die Rücksprachepflicht bei Überschreitung des Preisankers im Falle von Nichtlieferfähigkeiten im importrelevanten Markt vorerst auszusetzen. Somit sollte jede Apotheke prüfen, ob in den jeweils geltenden regionalen Arzneiversorgungsverträgen entsprechende Regelungen für den Importmarkt enthalten sind und wie die Kassen damit im Einzelfall umgehen.

Definitiv unterbleiben kann die Rücksprache im Generikamarkt, wenn bei Nichtverfügbarkeit (§ 14 Absatz 1 Rahmenvertrag) und Akutversorgung (§ 14 Absatz 2 Rahmenvertrag) der Preisanker überschritten wird. Darauf konnten sich DAV und GKV-Spitzenverband Ende Oktober einigen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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5 Kommentare

Wer ist so naiv

von ratatosk am 20.11.2019 um 8:44 Uhr

Immer Anfrage in Praxis, wer wäre so naiv, vorsichtig formuliert, daß er den Kassen trauen würde ? Irgendeinen Zusatzparagraphen kann man sonst immer übersehen. Nur Druck durch die Ärzte kann diesen Schwachsinn revidieren , wir sind zu doof dafür.
Gut ist es auch bei der Kasse anzurufen, wenn man mal Zeit hat, denn wenn die mal arbeiten müssen für solchen Unsinn sind die richtig genervt. Ebenso bei Retax, jede einzeln mit Handschrift angreifen, keine mündlichen Antworten akzeptieren !

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Krankenkassen und Verträge

von gerd reitler am 19.11.2019 um 20:23 Uhr

ich sag ja immer: wir sind nicht mehr Apotheker sondern KRANKENKASSENHAMPELMANNAPOTHEKER

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Preisanker allgemein

von Conny am 19.11.2019 um 10:18 Uhr

Danke an die Deppen die diesen Vertrag unterschrieben haben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Preisanker allgemein

von gerd reitler am 19.11.2019 um 20:27 Uhr

eine Bitte:
nicht alles Schreiben, was man denkt.....
Fällt mir auch manchmal schwer. :-)
Ich muss dann auch schon einmal eine Faust in der Tasche machen - gelingt mir nicht immer.......

Ich stimme aber zu, dass manche Entscheidungen schwer verständlich und wenig praxistauglich sind und manche Entscheider/Unterzeichner fehl am Platze sind.

AW: Preisanker allgemein

von Conny am 19.11.2019 um 22:15 Uhr

@Herrn Reitler: ich denke eigentlich noch viel schlimmer, hatte die Hoffnung das Deppen durchgeht.Ist ja auch so. Man kann nicht immer die Wahrheit zensieren.


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