Gesundheitspolitik

Umstrittene Preisanker-Regelung vereinfacht

GKV-Spitzenverband stellt klar: Keine Arztrücksprache mehr erforderlich

bro/eda/tmb | Im vergangenen Juli ist der neue Rahmenvertrag über die ­Arzneimittelversorgung in Kraft getreten. Mit ihm kam auch eine ganze Menge Ärger auf.

Vor allem der sogenannte Preis­anker sorgte in den Apotheken für Unverständnis und Verzweiflung: Bei Überschreitung dieses Preisankers hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) seinen Mitgliedern empfohlen, vor der Änderung des Rezeptes Rücksprache mit dem verordnenden Arzt zu halten. Doch der schönen Theorie folgte prompt die bittere Praxis: Das ärztlich verordnete Arzneimittel, also der Preisanker, befindet sich meistens schon im sehr günstigen Generikabereich – was die Auswahl in der Apotheke deutlich einschränkt. Hinzu kommt, dass der deutsche Arzneimittelmarkt von weitreichenden Lieferengpässen geprägt ist. Die Folge: Alles, was teurer ist als der Preisanker – auch, wenn es meistens nur um ein paar Cent geht – musste mit der Arztpraxis abgeklärt und dokumentiert werden. Das wurde nun – zum Teil – vereinfacht.

Beim Austausch von nicht lieferbaren Arzneimitteln müssen die Apotheken zahlreiche Regeln beachten, die zuletzt durch den neuen Rahmenvertrag zwischen dem DAV und dem GKV-Spitzenverband erneuert wurden. Neu bei diesen Austauschregeln ist seit Juli dieses Jahres unter anderem der Auswahlbereich.

So kamen früher die drei preisgünstigsten Mittel infrage sowie das namentlich Verordnete. Seit Juli sind es die vier preisgünstigsten. Das namentlich verordnete Arzneimittel ist nur noch dabei, wenn es unter diese vier fällt. Nicht neu ist hingegen, dass der Preisanker, also die ärztlich gesetzte Preisobergrenze, nicht ohne Weiteres überschritten werden darf. Die Frage war also: Was müssen die Apotheker tun, wenn ihnen zum Austausch nur ein Arzneimittel zur Verfügung steht, das oberhalb dieser Preisgrenze liegt? Sollen Sie den Arzt vorher anrufen oder den Austausch vornehmen?

Der DAV hatte dazu eine klare Meinung und empfahl den Apothekern im Kommentar zum neuen Rahmenvertrag, den Arzt anzurufen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sah hingegen keine Notwendigkeit für die vielen Anrufe aus der Apotheke.

Ihren Mitgliedern, also den Kassenärzt­lichen Vereinigungen (KVen), teilte sie zuletzt mit, dass es reiche, wenn der Apotheker das Rezept mit einem Sonderkennzeichen markiere. Die KBV verwies auf den GKV-Spitzen­verband, der die Sache bald klarstellen werde.

Diese Klarstellung liegt nun vor, auf die auch der DAV schon seit Langem hofft. Gegenüber dem DAV und der KBV erklärt der Kassenverband, dass eine Rücksprache mit dem Arzt nicht notwendig sei, weil der Rahmenvertrag dies bereits so vorsehe. Die Apotheke müsse die Nicht-Verfügbarkeit allerdings weiterhin mit Defekt­belegen dokumentieren und das vereinbarte Sonderkennzeichen auftragen. Im Falle der Akut­versorgung und des Notdienstes müssen zusätzliche Informationen auf dem Arzneiverordnungsblatt handschriftlich vermerkt, mit Datum versehen und separat abgezeichnet werden.

Dies dürfte die von den Apothekern lang erwartete Klärung sein. Eine Stellungnahme des DAV dazu steht noch aus.

Ausnahme: pharmazeutische Bedenken

In einem Rundschreiben berichtet auch der Apothekerverband Schleswig-Holstein über die Einigung zum Umgang mit notwendigen Überschreitungen des Preisankers. Doch zusätzlich liefert der Verband eine bemerkenswerte Einschränkung: „Für sonstige/pharmazeutische Bedenken (§ 14 Abs. 3 Rahmenvertrag) konnte keine Einigung erzielt werden“, heißt es im Rundschreiben. Hier sollte „mit besonderem Augenmaß“ vorgegangen werden. Wenn der Preisanker überschritten werden müsse, empfehle der Apothekerverband Schleswig-Holstein hier auch zukünftig, eine Arztrücksprache zu halten und zu dokumentieren.

Idee: pauschale Rücksprachen

Dazu erscheint ein allgemeiner Hinweis zu Rücksprachen beim Arzt interessant, den Carsten Pelzer, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, beim Wirtschafts­seminar dieses Verbandes am Mittwoch gegeben hatte. Er wies darauf hin, dass Rücksprachen aufgrund des Rahmenvertrages nicht unbedingt in jedem Einzelfall erfolgen müssten. Wenn ein Arzt dazu bereit sei, könnten auch vorab bestimmte Fallkonstellationen allgemein geklärt werden. Allerdings müsse dies auf jedem betroffenen Rezept einzeln dokumentiert werden. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.