Rheinland-Pfalz

Ärzte und Apotheker: „Knebel-Rabattverträge“ beenden!

Berlin - 25.10.2019, 13:45 Uhr

Probleme bei der Auswahl: In Rheinland-Pfalz haben sich nun Ärzte und Apotheker zusammengetan, um gemeinsam gegen Arzneimittel-Lieferengpässe vorzugehen. (m / Foto: imago images / Jochen Tack)

Probleme bei der Auswahl: In Rheinland-Pfalz haben sich nun Ärzte und Apotheker zusammengetan, um gemeinsam gegen Arzneimittel-Lieferengpässe vorzugehen. (m / Foto: imago images / Jochen Tack)


Apotheker und Ärzte in Rheinland-Pfalz appellieren gemeinsam an die Bundesregierung, gegen Arzneimittel-Lieferengpässe aktiv zu werden. Die Präsidenten beider Berufskammern, Dr. Andreas Kiefer und Dr. Günther Matheis, fordern unter anderem, dass die Produktion von versorgungsrelevanten Medikamenten wieder nach Europa zurückverlegt wird.

Mögen Ärzte und Apotheker derzeit ihre Querelen haben, wenn es um Impfungen in der Apotheke oder E-Rezeptprojekte ausländischer Versender geht – beim Thema Lieferengpässe bei Arzneimitteln präsentieren sie sich im Schulterschluss, zumindest in Rheinland-Pfalz. Die Landesärztekammer und die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz haben nun in einer gemeinsamen Pressemitteilung ihre Sorge um dieses nach wie vor hochaktuelle Problem ausgedrückt.

Sie verweisen darauf, dass die Industrie die Wirkstoffproduktion aus Kostengründen ins Ausland, meist in Drittstaaten, verlegt habe. Zudem sei die Zahl der Wirkstoffhersteller weltweit deutlich gesunken. Viele Wirkstoffe würden mittlerweile in Indien und China produziert. „Das kann auch Qualitätsprobleme schaffen, weil in Schwellenländern außerhalb von Europa unter anderen Rahmenbedingungen als bei uns hergestellt wird“, meint Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz.

Kiefer: Apotheker und ihre Mitarbeiter benötigen dafür 10 Prozent ihrer Arbeitszeit

Sein Kollege von der Landesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, betont, dass Apothekenmitarbeiter inzwischen rund 10 Prozent ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden müssten, Lieferengpässe zu bekämpfen. Er kritisiert die knappe Lagerhaltung der Industrie. Mitunter würden Präparate erst auf Bestellung hergestellt. Kiefer: „Eine Produktion ‚just-in-time‘ spart den Herstellern Kosten, macht es aber für Apotheker immer schwieriger, Ersatzmedikamente für Patienten zu finden.“

Dass wichtige Arzneimittel oft nicht verfügbar sind, ist für Matheis und Kiefer „unhaltbar und ein großes Ärgernis“. Sie fordern daher mehr Transparenz der Hersteller, indem sie verpflichtet werden, vorhersehbare Versorgungsengpässe rechtzeitig zu melden. Zudem „keine Knebel-Rabattverträge der Krankenkassen“ und Anreize für die Produktion wichtiger Wirkstoffe in Europa.

Bundesregierung soll Sicherstellungsauftrag vergeben

Die Rückverlagerung der Arzneimittelproduktion in die EU hat ihrer Ansicht nach klare Vorteile: höhere Produktionsstandards, bessere Produktionskontrollen, kürzere Lieferwege und schnellere Rückkopplungen mit den Apotheken vor Ort. Höhere Lagerkapazitäten für versorgungsrelevante Arzneimittel könnten zudem kurzfristige Lieferengpässe auffangen. Die Bundesregierung fordern die beiden Präsidenten auf, „die ausreichende Arzneimittelversorgung sicherzustellen oder einen Sicherstellungsauftrag zu vergeben“. Welche konkreten Früchte ihr Appell trägt, muss sich zeigen. 

Die CDU hatte kürzlich ein erstes Arbeitspapier mit möglichen Maßnahmen gegen Engpässe vorgelegt. Darin sind mehrere Maßnahmen, die an verschiedenen Stellen in der Lieferkette ansetzen. Unter anderem schlagen CDU/CSU eine nationale Arzneimittelreserve vor. Hinzu kommen soll eine Meldepflicht für Hersteller im Falle eines Lieferengpasses. 

Auch Export-Verbote, wie derzeit in Österreich geplant, soll es unter gewissen Umständen geben können. Für die Apotheker interessant: CDU/CSU wollen exklusive Rabattvertragsausschreibungen streichen und die Verträge nur noch auf regionaler Ebene zwischen den Kassenverbänden, also kassenübergreifend, und Herstellern aushandeln lassen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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